Das Auslandssemester – ein Karrierek(n)ick?

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Ein Semester lang am anderen Ende der Welt studieren – das klingt für viele Studierende verlockend. Doch ein Auslandssemester kostet nicht nur viel Geld, es rückt auch den Abschluss weiter nach hinten. Deshalb die Frage: Lohnt sich ein Auslandssemester überhaupt? Legen Unternehmen Wert darauf?

Einfach mal über den eigenen Tellerrand schauen – das kann man mit einem Studium im Ausland. Über 150.000 deutsche Studenten entscheiden sich jährlich laut einer aktuellen Studie des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD)  für ein Auslandssemester. An der TU Dortmund gingen im letzten Wintersemester knapp 300 Studenten ins Ausland – davon der Großteil in die USA, gefolgt von der Türkei und Spanien. Hierfür bietet die TU Kooperationen mit Hochschulen in über vierzig Ländern auf der ganzen Welt an und vermittelt neben mehreren Austauschprogrammen auch Stipendien an die Studierenden.

Die Meinungen der Studierenden auf dem Campus sind dennoch ambivalent, besonders wenn um die Frage geht, ob ein Auslandssemester für ihren jeweiligen Fachbereich überhaupt sinnvoll ist.

Jan, 23 Jahre, Sport und Physik:

„Ich denke, dass ein Auslandssemester Sinn machen kann, wenn es denn auch für den jeweiligen Studiengang vorgesehen ist, da man so seine fachlichen Kenntnisse verbessern kann. Für meine Studienrichtung ist aber kein Semester im Ausland vorgesehen – weshalb ich auch keins machen werde. Die Studienverlaufspläne sind ja schon mit Bedacht erstellt worden und wenn das Auslandssemester keine Pflicht ist, bringt es wahrscheinlich auch nichts.“

Nele, 24 Jahre, Kulturwissenschaften:

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Erasmus = Party?                           Foto: flickr.com/Taller Digital

„Ich habe zwei Auslandssemester gemacht, einmal in Nordengland und einmal in Maastricht. In Maastricht war alles einfach nur schlecht organisiert und ich hatte viel Stress: Ich musste in einem halben Jahr über sechs Hausarbeiten und Essays schreiben. Das Semester war leider nicht besonders zielführend, da in dem Programm nicht das unterrichtet wurde, was ursprünglich vereinbart war.“

Annika, 21 Jahre, Lehramt:

„Ich habe schon eine Ausbildung hinter mir und möchte schnell mit meinem Studium fertig werden. Davon abgesehen denke ich, dass mir das für meine spätere Laufbahn nichts bringt. Die Unternehmen wissen doch, dass ein Auslandssemester ein Urlaubssemester ist. Und das bedeutet: Party machen, saufen und faulenzen.“

Sein fachliches Repertoire erweitern

Wer an der TU ins Ausland gehen möchte, wählt häufig das ERASMUS-Programm, da dieses das größte Mobilitätsprogramm an der Universität ist. Es ermöglicht nicht nur einen Auslandsaufenthalt in 28 EU-Ländern, sondern wird auch von der Europäischen Union bezuschusst. Je nach Zielland kann man einen monatlichen Zuschuss von bis zu 250 Euro erhalten.

„Party machen, saufen und faulenzen“ will Erasmus verhindern, indem die Studierenden nachweisen, was sie im Ausland geleistet haben. „Vorab wird in einem sogenannten „Learning Agreement“ festgelegt, welche Kurse man absolvieren wird.  Und dann muss man hinterher auch nachweisen, dass man dort studiert hat, sonst muss man sein Geld wieder zurückzahlen.“, sagt die Erasmus-Beauftragte der TU Dortmund Silke Viol. „Bei Erasmus ist der Vorteil, dass die EU-Kommission relativ großen Wert auf die Anerkennung von Studienleistungen legt. Bei anderen Austauschprogrammen wird vorausgesetzt, dass die Studierenden von sich aus gewissenhaft studieren.“

Unbenannt

In diesen Ländern können Studierende der TU Dortmund ein Auslandssemester verbringen.

Silke Viol ist sich sicher, dass ein Auslandssemester im Lebenslauf bei den Unternehmen von Vorteil ist – und das in allen Fachbereichen. „Denn ein Auslandssemester zeigt, dass man flexibel ist, sich auf neue Situationen einstellen kann und dass man auch in der Lage ist auf Unvorhersehbares reagieren zu können – und man erweitert zusätzlich sein fachliches Repertoire. Genau das hat der Arbeitsmarkt erkannt.“

Eine Unternehmensbefragung im Auftrag der DAAD kam zu dem Ergebnis, dass die jetzige internationale Ausrichtung der Ausbildung in Deutschland „noch nicht den Vorstellungen der Unternehmen“ entspreche. Eigenschaften, wie „Mobilität, Anpassungsbereitschaft und globales Denken“ seien den Unternehmen bei der Einstellung von Bewerbern mit Hochschulabschluss wichtiger als Fachkenntnisse.

Eine ähnliche Meinung vertritt auch Kai Bormann, Dozent für Human Resources Management an der TU Dortmund. In seiner Vorlesung spezialisiert er sich unter anderem auf das Thema Personalauswahl und weiß deshalb, worauf Unternehmen bei der Auswahl von Bewerbern achten. „Ich glaube, dass Unternehmen schon sehr darauf achten, ob ein Studierender ein Auslandssemester gemacht hat. Es zeigt, dass der Studierende in der Lage ist, über den Tellerrand zu schauen.“, sagt Kai Bormann. „Diese interkulturelle Kompetenz, die der Studierende dort erwirbt, ist ein positiver Nebeneffekt.“

Wer das Auslandssemester also nicht nur zu einem Urlaubssemester werden lässt, den kann es persönlich und beruflich weiterbringen. 

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