Stefan Aust begeistert Studenten in Duisburg

„Es ist die dramatischste Periode, die man miterleben konnte, wenn man heute so alt ist wie ich.“ Mit diesen klaren Worten begann der bekannte Journalist Stefan Aust seinen Vortrag zur Wiedervereinigung Deutschlands an der Universität Duisburg-Essen. Zu der öffentlichen Vorlesung des einstigen Spiegel-Chefredakteurs und Gründers von Spiegel TV kamen an diesem Mittwoch viele junge Studenten, aber auch einige ältere Semester, die die Wende noch bewusst miterlebt haben.

Stefan Aust

Mit eindringlichen Worten schilderte Stefan Aust, wie er den Mauerfall erlebt hat. Foto: Alexandra Umbach

Der Hörsaal LB 104 auf dem Duisburger Campus ist prall gefüllt.  Mit bewegenden Worten schildert Aust, der zurzeit Gastprofessor an der NRW School of Gouverance der Uni Duisburg-Essen ist, wie er die Wende als Journalist erlebt hat. Er war damals Chefredakteur von Spiegel TV und berichtete mit einem jungen Team von Fernsehjournalisten über die spannenden politischen Ereignisse. Noch heute stellt sich Aust die Frage, was ohne den Mauerfall wäre, und ob es den Mauerfall ohne grenzüberschreitende Medien überhaupt gegeben hätte.

Diese Fragen können wohl nie beantwortet werden. Aust ist sich aber sicher, dass die Bilder, die von Journalisten geliefert wurden, maßgeblich zum Prozess des Mauerfalls beigetragen haben. „Es war das Fernsehen das die Geschichte beschleunigte“, sagt Aust. Schreibende Journalisten hingegen hätten nicht die gleiche Wirkung auf die Bürger der ehemaligen DDR gehabt. Trotzdem sei es  für den Mauerfall wichtig gewesen, dass so viele Journalisten wie möglich über die DDR berichteten. „Je mehr West-Journalisten in die DDR kamen, desto mutiger wurden die Systemkritiker“, erklärt Aust.

Gespannt verfolgten die anwesenden Studenten den Vortrag von Stefan Aust.

Gespannt verfolgten die anwesenden Studenten den Vortrag von Stefan Aust. Foto: Alexandra Umbach

Der Autor betont, dass sein eigener Blick nie durch Ideologie verstellt gewesen sei. Das sei die Voraussetzung dafür gewesen, dass er mit seinem jungen Spiegel-TV-Team professionelle Berichterstattung leisten konnte. So schickte Aust am Tag des Mauerfalls einen Kameramann direkt an die Mauer, wo sich mehrere Tausend Menschen versammelten. Die Wachpersonen, auch Grenzer genannt, hätten sich damals zurückgehalten, da sie im West-Fernsehen keine schlechten Bilder von sich und der DDR sehen wollten, berichtete Aust: „Es waren paradiesische Zeiten für junge Fernsehjournalisten.“ Denn nicht jeder Journalist habe im Laufe seiner Karriere die Chance, über ein  geschichtlich bedeutsames Ereignis wie den Mauerfall zu berichten.

Stefan Aust

Stefan Aust appellierte an junge Journalisten, unabhängig zu bleiben. Foto: Alexandra Umbach

Kurz vor der Wiedervereinigung wurde die Sendung Spiegel TV auch im Ost-Fernsehen übertragen. Die DDR-Bürger seien begeistert gewesen, erklärte Aust. Welchen Stellenwert das kritische Nachrichtenmagazin in ganz Deutschland hatte, zeige ein Foto, das Aust damals von einem Zuschauer bekam. Darauf ist eine Pension an der Ostsee zu sehen, die mit einem Schild mit folgender Aufschrift um Gäste warb: “ Zimmer mit Meerblick, Frühstück und Spiegel TV.“

Zum Abschluss des Vortrages appelliert Aust noch an Journalisten, und alle die es werden wollen. „Ein guter Journalist sollte mit seiner Berichterstattung nie ein politisches Ziel verfolgen“, sagt der einstige Spiegel-Chefredakteur. Man sollte immer versuchen, das Thema selbst im Auge zu behalten und nicht dem Mainstream zu folgen. „Ich glaube an nichts“, sind die Schlussworte von Stefan Aust.

Politikmanagement-Studentin Judith war von Stefan Aust begeistert. Foto: Ann-Kathrin Gumpert

"Sehr echt, sehr unverfälscht": Politikmanagement-Studentin Judith war von Stefan Aust begeistert. Foto: Ann-Kathrin Gumpert

Nach dem Vortrag war die Begeisterung für Aust unter den Studenten groß. „Stefan Aust ist ein Mann aus der Praxis. Sehr echt, sehr unverfälscht. Wir lernen hier ja immer nur die Theorie, da ist es schön jemanden zu erleben, der uns auch aus der Praxis berichten kann“, sagt Judith, die Politikmanagement studiert. Ihre Kommilitonin Katharina erklärt: „Aust bringt immer neue schockierende Wahrheiten ans Licht, von denen der Verbraucher gar nichts weiß. Davon hat er wahrscheinlich viele im Kopf, die er aber nicht alle zu Lebzeiten ausplaudern wird. Vielleicht schreibt er ja ein Tagebuch, das nach seinem Tod veröffentlich wird und wir erfahren noch viel mehr Wahrheiten.“

Politikmanagement-Studentin Katharina

"Aust bringt immer mehr schockierende Wahrheiten ans Licht", sagt Politikmanagement-Studentin Katharina. Foto: Ann-Kathrin Gumpert

Stefan Aust erhält von der Stiftung Mercator und der NRW School of Governance bis 2011 eine Gastprofessur für Politikmanagement an der Uni Duisburg-Essen. Themeninhalte in diesem Semester sind unter Anderem Massenmedien und die Praxis der Politikvermittlung. Die Vorlesungen von Stefan Aust sind für alle Politikmanagement M.A. Studierenden offen.

Die Gastprofessur wird bereits zum vierten Mal verliehen. Weitere bekannte Gastprofessoren an der UDE waren die ehemalige Fraktionsvorsitzende der Grünen, Antje Vollmer und der ehemalige NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement.


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