Eine Woche nur noch Pulver

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Bereits im Studium verwenden immer mehr Menschen immer weniger Zeit auf das Essen. Ein Burger geht immer – und zum Einkaufen haben wir so viel Lust wie auf den Pflichtbesuch bei Oma. Mittlerweile hat sich die Lebensmittelindustrie weiterentwickelt: Sogenannte Nahrungsersatzprodukte sind entstanden. Doch was wollen die Entwickler damit wirklich erreichen? Sind diese Mittel so ungefährlich wie beschrieben? Und machen sie wirklich satt? Unser Reporter Kai Steinecke hat das (fast) eine Woche lang getestet. Unten geht es weiter zu den Tagen zwei bis fünf.

2012 ging der Softwareentwickler Robert Rhinehart aus den USA einen Schritt in Richtung Zukunftsernährung. Er kreierte ein Pulver, das alle Nahrungsbestandteile abdecken und nur noch mit Wasser angerührt werden sollte – Soylent war geboren. 2014 folgte dann das europäische Nachahmerprodukt: Joylent. Ins Leben gerufen von dem Niederländer Joey van KoningsbruggenDer ehemalige Drogendealer setzte ein ähnliches Konzept um und ist derzeit einer der wenigen, die ein solches Produkt in ganz Europa vertreiben.

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Schon am ersten Tag: Skepsis. Foto: Kai Steinecke.

Vielerorts wird heute mit Pulvernahrung geworben. Man kann sie an nahezu jeder Ecke kaufen – sei es als Zusatzmittelchen, das die „Muskeln explodieren“ lässt. Oder es wird dazu benutzt, „schnell und Gesund abzunehmen“. Doch ein Produkt, das jegliche feste Nahrung ersetzt, ist etwas anderes. Letztendlich treibt mich wohl die reine Neugierde in diesen Selbstversuch. Ist es tatsächlich so einfach möglich? Ich glaube nicht wirklich daran..

Denn im Großen und Ganzen bin ich kein – Achtung: schlechtes Wortspiel – Erbsenzähler, wenn es um Essen beziehungsweise Kalorien geht. Ich versuche, nicht zu viel Fast-Food zu essen, wobei es da meistens bei den Vorsätzen bleibt, die dann mit einem Döner meine Kehle hinunterwandern. Mit Grünzeug kann ich nicht besonders viel anfangen. Ich brauche Fleisch, damit ich konzentriert arbeiten kann. Hungrig bringe ich nichts zustande – und schon deshalb bin ich enorm gespannt darauf, wie mein Wohlbefinden nach fünf Tagen Joylent sein wird.

So funktioniert Joylent

In den nächsten Tagen werde ich ausschließlich ein Pulvergemisch aus den Niederlanden zu mir nehmen und ganz normales Wasser trinken. Das Pulver soll den Tagesbedarf eines erwachsenen Menschen abdecken und arbeitet mit genormten Werten.

Das steckt in einer Packung Pulver (753 Gramm)

Kilokalorien: 2119

Kohlenhydrate: 267 Gramm

davon Zucker: 30 Gramm

Proteine: 134 Gramm

Fett: 53 Gamm

      gesättigt: 8.15 Gramm

      einfach ungesättigt: 15 Gramm

      vielfach ungesättigt: 26.6 Gramm

Omega 3: 5.4 Gramm

Omega 6: 20.5 Gramm

Ballaststoffe: 32.5 Gramm

Das Pulver mixe ich dann einfach immer mit Wasser. Es gibt verschiedene Sorten: Vanille, Schokolade, Banane, Erdbeere und – ganz abgefahren – Mango. Ich entscheide mich für Schokolade, weil es damit meistens die wenigsten geschmacklichen Probleme gibt und es nicht auf eine geschmackliche Grenzerfahrung hinausläuft, die einer Plastikerdbeere ähnelt. 

Die Gefahr

Derzeit wiege ich 74 Kilo bei 1,80 Meter Körpergröße und weiß nicht wirklich, was auf mich zukommt. Theoretisch kann mir alles und auch nichts passieren. Ich glaube, dass krasseste wäre eine Unverträglichkeit. Dann müsste ich das Experiment abbrechen. Um mir einen Überblick zu verschaffen, spreche ich an Tag zwei des Experiments mit dem Ernährungsexperten Dr. Jörn Heinze. Er betreut schon jahrelang Spitzensportler bei ihrer Ernährung. Zusammen mit seinem Kollegen, dem ehemaligen deutschen Nationalschwimmer, Mark Warnecke entwickelt er Produkte zur individuellen Nahrungsergänzung. Natürlich werde ich mich auch alle zwei Tagen wiegen und schauen, ob sich der erste Ansatz meiner Wohlstandsplautze verkleinert oder vergrößert.

Die Kosten

Es ist echt günstig. Pro Mahlzeit zahle ich – je nachdem, wie viel ich auf einen Rutsch bestelle, derzeit nur zwei Euro pro Mahlzeit. Im Vergleich mit anderen Nahrungsmitteln ist es kaum möglich, so günstig zu kochen. Das passt zu den großen Plänen, die der Hersteller hat: Demnach sollen ich und andere in Zukunft kaum mehr kochen müssen. Außerdem soll mit Hilfe solcher Produkte dem Welthunger und der Wegwerfgesellschaft entgegengewirkt werden. Die Produkte sind über einen langen Zeitraum haltbar und denkbar einfach zuzubereiten. Ziemlich große Ambitionen für so einen kleinen Beutel. Ich bin mir nicht sicher, ob das alles wirklich so eintreffen kann.

 

Hier geht es weiter

Tag 1: Eine Woche nur noch Pulver

Tag 2: Die ersten Zweifel

Tag 3: Der Magen rebelliert

Tag 4: Der Geschmack wird nicht besser

Tag 5: Der Schlussstrich

Beitragsbild und Video: Kai Steinecke

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