Strafgebühr im Restaurant:
Wer nicht aufisst, muss zahlen

Von allem ein bisschen - das denken sich die meisten am All-you-can-eat-Büffet und lassen doch die Hälfte liegen. Damit soll jetzt Schluss sein.

Von allem ein bisschen – das denken sich die meisten am All-you-can-eat-Büffet und lassen doch die Hälfte liegen. Damit soll jetzt Schluss sein.

Das „All you can eat“-Büffet beim Asiaten ist ein Paradies: So viel essen wie und vor allem, was man will. Man hat ja schließlich dafür bezahlt. Schnell landet dann mehr auf dem Teller, als der Bauch verkraften kann. Doch für die unüberlegte Gier am Büffet gibt es ab jetzt eine „Strafgebühr“. Die erheben manche Restaurants neuerdings, um weniger Abfall und mehr Nachhaltigkeit zu schaffen.

Lebensmittelverschwendung ist gerade in der Gastronomie ein Problem. Während man sich Zuhause seine Portion selbst anrichtet, übernimmt diese Aufgabe im Lokal der Koch. Dann landet im schlimmsten Fall zu viel auf dem Teller und er wird regelrecht zur „Schlachtplatte“. Gerade All-you-can-eat-Büffets haben besonders hohe Abfallquoten: Gäste schaufeln sich die Teller regelrecht voll und wollen am liebsten alles probieren. Die Folge ist klar: Die Hälfte vom Teller bleibt liegen und landet im Müll.

Um das zu vermeiden, setzen einige Restaurants jetzt auf die „Strafgebühr“. Also eine bestimme Geldsumme, die der Gast für sein liegengelassenes Essen zahlen muss. Rund ein bis zwei Euro pro 100 Gramm berechnen die Gastronomen. Das soll für weniger Verschwendung von noch genießbaren Lebensmitteln sorgen.

Lebensmittelverschwendung in Deutschland
Rund 20 Millionen Tonnen noch genießbare Lebensmittel landen jedes Jahr auf der Müllkippe. (Bild: pixelio.com)

Rund 20 Millionen Tonnen noch genießbare Lebensmittel landen jedes Jahr auf der Müllkippe. (Bild: pixabay.com)

Gäbe es einen Mülleimer für die Lebensmittelindustrie – er müsste ein Volumen von rund 20 Millionen Tonnen verkraften. So groß ist die jährliche Lebensmittelverschwendung in Deutschland, teilt der Bundesverband Deutsche Tafel mit. Die Gründe für den Weg in den Mülleimer, scheinen schnell gefunden zu sein: Die Birne ist matschig, die Gurke zu krumm, das Mindesthaltbarkeitsdatum vom Joghurt abgelaufen. Alles Sachen, die noch essbar gewesen wären. „Experten sprechen allein in Deutschland von 500.000 LKW-Ladungen, die jährlich vernichtet werden“, schreibt die Tafel. Dabei handle es sich um einen Gegenwert von über 20 Milliarden Euro. Doch nicht nur die Haushalte entsorgen Lebensmittel, die eigentlich noch genießbar wären: Fast die Hälfte der Abfälle von Restaurants und Kantinen sind vermeidbar. Vor allem unangerührte Nachspeisen und halb aufgegessene Portionen landen dort im Container. 

Einige Restaurants wenden dieses Konzept bereits seit Längerem an. Unter anderem das Restaurant Himalaya in Menden und die Sushi-Restaurantkette Okinii aus Düsseldorf. Wer hier nicht aufisst, muss zahlen. „Verschwendung wird nicht geschätzt – bestellen Sie bitte nur so viel, wie sie verzehren können“, heißt es auf der Webseite von Okinii. Und die Maßnahme zeigt Wirkung: Die Okinii-Kette verzeichnet seit der Einführung deutlich weniger Überbestellungen der Kunden. Das Unternehmen gibt an, die Restegebühr habe somit ihren Sinn und Zweck erfüllt. 

Für die Reste von Überbestellungen berechnet das Restaurant – abhängig vom Gericht – eine Gebühr von ein bis zwei Euro. Pro Stück Sushi, verlangt Okinii zum Beispiel einen Euro. Noch härter greift ein nigerianisches Restaurant in London durch: Hier kostet es umgerechnet sogar fünf Euro, wenn Reste in den Müll wandern müssen. Das eingenommene „Restegeld“ spendet das Londoner Lokal an Oxfam Shops. 

Gäste sollen nachhaltig Speisen lernen

Was dabei nach „Strafgebühr“ und Erziehungsmaßnahme klingt, soll etwas in den Köpfen der Gäste bewirken. Gastronomen greifen aus einem bestimmten Grund zu der Strafgebühr, sagt Thorsten Hellwig, Pressesprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) Nordrhein-Westfalen. Denn der angemessene und wertschätzende Umgang mit Lebensmitteln spiele in der Gastronomie eine wichtige Rolle.

„Das hängt zum Einen mit der Wertschätzung für Lebensmittel an sich zusammen und zum anderen damit, dass aus den Lebensmitteln, die Koch oder Köchin verarbeiten, ein neues Produkt entsteht. Was für den Schreiner der Tisch ist, ist für den Koch das Menü“, sagt Hellwig. Grundsätzlich würden sich Gastronom und Koch freuen, wenn der Gast seinen Teller leer isst.

Mit der Gebühr wolle die Gastronomie nicht für zusätzliche Einnahmen sorgen oder das Essverhalten des Gastes verändern. „Das Ziel ist es, dass weniger Lebensmittel verschwendet werden und weniger Abfall entsteht“, sagt Hellwig.

Gebühr gibt es nur bei All-you-can-eat

Wer beim nächsten Restaurantbesuch sein Steak nicht schafft, muss aber keine Angst haben. „Rechtlich möglich ist es, sofern der Gast ausreichend darauf hingewiesen wird“, sagt Thorsten Hellwig. Nur Restaurants mit Büffet-Angebot seien bislang für eine Restegebühr bekannt. Die meisten nutzen die Gebühr dabei als eine abschreckende Maßnahme. Häufige werde sie nämlich gar nicht erst erhoben, sagt Hellwig. 

„Die Gebühr ist also im Ergebnis der Versuch des Gastronomen, die Gäste für den sorgsamen und wertschätzenden Umgang mit Lebensmitteln zu sensibilisieren und bei Büffet-Angeboten die Portionsgröße dem Hunger anzupassen“, sagt Hellwig. Im À-la-carte-Restaurant bestimme das Lokal die Menge und ist daher auch für die Reste verantwortlich. 

Das einfache Konzept scheint Wirkung zu zeigen. Und die Gastronomen wollen damit nicht etwa in die Rolle des Erziehers schlüpfen, sondern für einen bewussteren Umgang mit Lebensmitteln sorgen. Um die Menschen zu einem nachhaltigeren Konsum zu bewegen, hilft offenbar manchmal nur, sie die Konsequenzen selbst spüren zu lassen – nämlich durch den Griff in das eigene Portemonnaie.

So speist du nachhaltig im Restaurant
  • Beim All-you-can-eat Büffet bietet es sich an, zwischen den Runden längere Pausen einzulegen. So wird der Restaurantbesuch entspannter und das Sättigungsgefühl kann einsetzen. 
  • Am Büffet hilft es zusätzlich beim Hauptgang ebenfalls zum kleineren Vorspeise-Teller zu greifen. Da passt weniger drauf – und was nicht drauf passt, kann man auch nicht liegen lassen.
  • Wer mit wenig Hunger ein Lokal betritt, sollte bei der Bestellung eine kleine, angemessene Portion verlangen. Da kann auch mal der Kinderteller von der Speisekarte herhalten. So muss das Restaurant keine Reste entsorgen, die bei einer „Holzfällerportion“ entstanden wären.
  • Die Lasagne war köstlich aber einfach zu mächtig, doch das ist kein Problem: Viele Gastronomen bieten an, die Speisereste einzupacken. Win-win-Situation für alle: Das Restaurant hat weniger Abfall und du verlässt das Lokal ohne schlechtes Gewissen und mit dem Mittagessen für den nächsten Tag.
  • Beim Geburtstagsessen mit der Familie wird ein großes Menü aufgetischt – doch dein Hunger reicht nur Vorspeise und Hauptgang. Selbst wenn die Oma tadelnd den Finger hebt: Das Dessert kann abbestellt werden.
  • Weinblätter sind nicht so dein Ding? Dann lass sie gegen eine ordentliche Portion Kartoffeln ersetzen. Die meisten Restaurants sind kulant und bereit, selbst den kleinsten Extrawunsch zu erfüllen.
  • Tipp: Du kellnerst im Restaurant? Vielleicht fragst du einfach mal beim Chef nach, ob du nach der Schicht die Reste aus der Küche mitnehmen. Häufig drücken die Restaurantleiter da zwei Augen zu. Eines ist dann gesichert: Der Gaumenschmaus zuhause. 
    Essen per App: Restaurants bieten ihre Reste per App an - Nutzer können sich diese gegen kleines Geld abholen. (Bild: Too Good to go)

    Essen per App: Restaurants bieten ihre Reste per App an – Nutzer können sich diese gegen kleines Geld abholen. (Bild: Too Good to go)

  • Das Ganze gibt es bereits professionalisiert: Die App Too Good To Go bringt die Reste aus Restaurants an den Mann. Betriebe können ihre Reste über Too Good To Go anbieten. Nutzer können dann Angebote in ihrer Nähe per App oder auf der Internetseite finden. Die Portion holt man sich dann kurz vor Geschäftsschluss ab – und zahlt nur einen kleinen Preis. 

Die Gebühr soll für einen bewussteren Umgang mit Lebensmitteln sorgen, doch wie viel Service geht dabei verloren? Ist der Gast noch König? Wir haben auf dem Campus herumgefragt! Das sagen Studierende zur Strafgebühr:

 

Beitragsbild:  pixabay.com

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