Hochschulpolitik mit Bier und Pizza

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Was macht eigentlich das Studierendenparlament (StuPa)? Wie läuft eine Sitzung ab? Und in wie weit betreffen uns die Entscheidungen, die dort getroffen werden? Wir haben für euch an einer Sitzung des Studierendenparlaments teilgenommen. 

Wer an Raum 4.345 am Donnerstagabend vorbeigeht, könnte meinen, es handle sich um ein spätes Seminar. Die vierte Sitzung des zehnten StuPas der TU Dortmund, die am Donnerstag (27.10.2016) stattgefunden hat, wird in einem ganz normalen Seminarraum in der Emil-Figge-Straße abgehalten. Die akademische Viertelstunde Verspätung mit der die Sitzung beginnt, verschärft den Eindruck. Mit einem Gong wird die Sitzung eröffnet. 

Das StuPa besteht zurzeit aus 49 Sitzen. Es scheinen fast alle Mitglieder gekommen zu sein, denn der Raum ist mittlerweile gut gefüllt. Zunächst muss geklärt werden, ob das Parlament beschlussfähig ist. Voraussetzung dafür ist, dass mindestens 50 Prozent aller Stimmberechtigten anwesend sind und sich ihre Stimmkarten abgeholt haben. Mit 31 stimmberechtigten Mitgliedern sind die 50 Prozent erreicht und es kann losgehen. 

Wer sitzt im StuPa?

Aber wer sind die stimmberechtigten Mitglieder eigentlich? An der geheimen Wahl, in der das Studierendenparlament gewählt wird, können alle Studierenden teilnehmen, die 35 Tage vor dem ersten Wahltag ordentlich eingeschrieben sind. Insgesamt findet die Wahl an vier aufeinanderfolgenden Tagen statt. Anstelle von Hochschulparteien treten an der Uni sogenannte „Listen“ an. Die Studenten können dann ihre favorisierte Liste wählen, diese allerdings steht im Zusammenhang mit einer Personenwahl. Das heißt: Wählt man einen Kandidaten, so wählt man auch seine Liste.

Die Liste „Studis für Studis“ ist mit elf Plätzen die am stärksten vertretene Partei in dieser Legislaturperiode. Dicht gefolgt von der Liste „Apfel“ und den „Jusos“. Die Studierenden entscheiden also darüber, wer ins Parlament einzieht  und auch, wer letztendlich dazu berechtigt ist, seine Stimme stellvertretend abzugeben. Die Anzahl der Plätze im Parlament entspricht dem Verhältnis der erhaltenen Stimmen. 

Der erste Tagesordnungspunkt

Das erste Bier wird pünktlich zum ersten Tagesordnungspunkt geöffnet. Auch der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) ist da. Er muss dem Studierendenparlament vorstellen, was er momentan plant. Das Studierendenparlament genehmigt oder lehnt die Vorhaben dann durch einen Beschluss ab. Der AStA berichtet von verschiedenen Themen, unter anderem Kooperationen mit der Psychologischen Berufsberatung, die gestärkt werden sollen, aber auch über den Inhalt der Ersti-Beutel, der manchen nicht üppig genug war. Was die wenigsten wissen: Das StuPa steht hierarchisch gesehen noch über dem AStA. Das Studierendenparlament wählt und entlässt nicht nur den AStA, sondern kontrolliert ihn auch. 

Neben der Kontrolle des AStAs bietet die StuPa Sitzung auch einen Rahmen, in dem verschiedene Arbeitsgemeinschaften vorstellig werden können. Heute stellt sich die AG Schüler & Paten – Gruppe vor. Sie beschreiben sich selbst als einen gemeinnützigen Verein, der Patenschaften zwischen Studierenden und Schülern fördern will. Die Initiatorinnen müssen sich vielen Nachfragen aussetzen und Rede und Antwort stehen. Was genau wollen Sie machen? Brauchen Sie nur Räume oder auch Geld und wenn ja, wie viel? Die Mitglieder des Studierendenparlaments nehmen ihre Aufgabe ernst: Nur wer mit seiner AG überzeugen kann, wird als eine solche eingetragen und erhält so den Zugang zu Räumen sowie finanzielle Unterstützung. 

Was passiert eigentlich mit unserem Semesterbeitrag?

Es wird kurz unruhig, als der Pizzalieferant die hungrig erwartete Bestellung abliefert. Während sich einige Mitglieder noch stärken, kommt das Präsidium zu einem der Hauptpunkte auf der Agenda: Der Haushaltsausschuss stellt den Haushalt für das kommende Jahr vor. Die Abstimmung über den Haushalt ist eine der wichtigsten Aufgaben des Studierendenparlaments. Der Haushalt wird immer für eine Legislaturperiode entschieden, also ein Jahr. Es legt fest, wie das Geld der Uni verteilt wird. Und dann beginnt eine hitzige Diskussion: Welche Referate erhalten wie viel Geld, wo kann gespart werden und wer erhält einen Zuschuss?

Aber woher kommt überhaupt das Geld über das entschieden wird? Am Anfang eines jeden Semesters werden wir aufgefordert, unseren Semesterbeitrag zu zahlen. Neben dem Semesterticket gibt es auch einen Posten „Studentische Selbstverwaltung“, der 6,51 Euro beträgt. Aus diesem Betrag ergibt sich der Haushalt, mit dem das StuPa wirtschaftet. Wer denkt, dass das StuPa mit unserem Geld nur Partys und andere Events bezahlt, liegt falsch. Das Geld fließt beispielsweise in barrierefreie Büros für das Autonome Behindertenreferat (ABeR) oder in die Unterstützung von studentischen Arbeitsgruppen. Dabei handelt es sich um Summen im zweistelligen Millionenbetrag. Aber auch die Präsidiumsmitglieder und die Mitarbeiter des AStAs werden mit diesen Mitteln bezahlt. 

In das Präsidium werden drei Mitglieder des Studierendenparlaments am Anfang einer Legislaturperiode gewählt. Sie laden zu den Sitzungen ein, bereiten diese vor und kümmern sich auch um die Leitung der Sitzungen. Kein einfacher Job, denn die Gemüter können sich schnell erhitzen. Das Präsidium muss dann dafür sorgen, dass die Diskussionen sachlich bleiben und die Redeliste eingehalten wird. Für jede Sitzung erhalten die drei Mitglieder über 400 Euro Aufwandsentschädigung. 

Moiz Mumtaz Mughal ist auch Mitglied des Präsidiums. Er hat heute die Aufgabe, durch den Abend zu führen. Er erzählt uns im Vorfeld der Sitzung, dass es nicht nur ernste Anträge gibt. Es kommt auch immer mal wieder vor, dass lustige Anträge gestellt werden, wie beispielsweise der Antrag einer Liste, dass alle Listen ihre Beiträge nur noch auf Plattdeutsch veröffentlichen dürfen. Das bringe nach einer vierstündigen Debatte nochmal frischen in Wind die Diskussion und sorge für Lacher. 

Ausgelassene Stimmung trotz hitziger Debatten

Die Stimmung auf der Sitzung ist allgemein locker. Immer mal wieder stehen vereinzelt Leute auf, verlassen den Raum oder unterhalten sich mit anderen Parlamentariern, während vorne die Sitzung weiterläuft. Das sorgt zwar für Unruhe, ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass die Themen, über die das Parlament abstimmt, ernsthaft besprochen und wenn nötig bis ins letzte Detail ausdiskutiert werden. Auch das Protokoll wird sehr umgangssprachlich geschrieben, wenn einzelne Mitglieder dann aber mit Paragraphen um sich werfen, wird klar, dass sie ihre Sache ernst nehmen und wissen, wovon sie sprechen.

Die Diskussion über den Haushalt nimmt nach einer kurzen Unterbrechung ein rasches Ende: Eine der Listen hat geschlossen die Sitzung verlassen und demonstriert damit ihren Protest gegen den Haushalt. So besteht keine Beschlussfähigkeit mehr im Parlament und die Abstimmung über den Haushalt wird unterbrochen auf in der nächsten Woche fortgeführt.

Wenn ihr wissen wollt, wie das StuPa über die Gelder entscheidet, dann nehmt doch einfach an der nächsten Sitzung selbst teil. Alle Sitzungen des Studierendenparlaments sind grundsätzlich öffentlich, sofern nicht anders mitgeteilt.

Beitragsbild: Mara Desgranges 

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