Nebenjob im Vatikan: zwischen Büchern und dem Pontifex

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Alina Fuhrmann studiert in Dortmund angewandte Kulturwissenschaften und macht gerade ein Auslandssemester in Rom. Dafür hat sie sich einen eher ungewöhnlichen Ort für einen Nebenjob gesucht: Sie arbeitet im Vatikanstaat.

Hast du den Papst schon gesehen?

Nein, leider nicht. Er hat quasi ein „eigenes“ Gebäude, zu dem ich keinen Zutritt habe – da müsste ich schon zur Leibgarde gehören… Vielleicht taucht er ja irgendwann mal in der Cafeteria oder Mensa des Vatikans auf, sowas gibt es hier nämlich auch.

Was machst du genau im Vatikan?

Ich arbeite für die Bibliotheca Palatina Heidelberg in der Vatikanischen Apostolischen Bibliothek, eine Bereichsbibliothek sozusagen. Ich nehme an einem Projekt der Uni Heidelberg teil, bei dem ich mit dem Team bedeutende Bücher der Bibliothek digitalisiere und untersuche.

Und wie sieht deine Arbeit genau aus?

Ich arbeite in Teilzeit für den Vatikan, also zwei- bis dreimal die Woche. Am frühen Morgen bringen mir höhere Angestellte des Vatikans die zu digitalisierenden Bücher – wir selbst dürfen nicht an die Regale. Große Maschinen, wie zum Beispiel der Grazer Buchtisch oder ein sogenannter „Traveller“ helfen uns, jede einzelne Seite der ausschließlich händisch verfassten Schriften zu digitalisieren.

Den Papst hast du noch nicht gesehen… mit welchen Personen bist du denn in Kontakt?

Hauptsächlich bin ich mit meinem Team aus Heidelberg in Kontakt, das aus ein paar weiteren Studenten aus Deutschland besteht, die gerade in Rom sind. Da wir aber in einem offiziellen Gebäude der Bibliotheca Apostolica untergebracht sind, sehe ich auch viele andere Mitarbeiter des Vatikans. Das sind alles ganz normale Leute, zwischendurch ist auch mal ein Kardinal dabei. Das findet man meistens aber erst danach heraus, da sich alle nur mit einem schnellen, freundlichen „Ciao“ begrüßen – egal, ob Kardinal oder Student.

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Und hast du schon von spannenden Insidern Wind bekommen? Schließlich ist der Vatikan ein Mysterium. 

Ich arbeite ungefähr seit einem Monat für den Vatikan, aber es sind noch keine Gerüchte bis zu mir durchgesickert. Das einzig lustige ist die Anordnung der einzelnen Abteilungen unserem Gebäude. Unsere Abteilung befindet sich zum Beispiel direkt gegenüber vom vatikanischen Pensionsfonds!

Warum hast du dich eigentlich im Vatikan beworben? 

Die TU hat mir eine Ausschreibung der Universität Heidelberg weitergeleitet, die auch die Vorstellungsgespräche geführt hat. Zwischen all den Praktikumsangeboten, die man per E-Mail so bekommt, stach diese direkt heraus. Ich glaube, egal welcher Religion man angehört oder ob man überhaupt religiös ist: Den Vatikan kennt jeder. Und für mich hatte die Vorstellung, dort zu arbeiten, schon etwas faszinierendes. Ich habe mich dann einfach beworben und wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Das war eine Überraschung.

Und – ist deine Arbeit so spannend wie erwartet?

Ich habe erwartet, dass die Arbeit mit den großen Maschinen und den wertvollen Büchern sehr kompliziert ist. Am ersten Arbeitstag habe ich eine sehr lange Einführung bekommen, dazu noch drei verschiedene Listen, woran ich mich zu halten habe. Alles ist strengstens geregelt, von der Reihenfolge der Bearbeitung eines Buches bis hin zu unserer Kleidung. Das war erstmal sehr einschüchternd, hat sich aber schnell als gar nicht so schlimm herausgestellt. 

Nur die  Kleiderordnung ist tatsächlich noch strenger, als wenn man „nur“ in die Kirche geht: lange Hose oder Rock bis über die Knie, blickdichte Strumpfhose, geschlossene Schuhe, Oberteil mit mindestens halber Armlänge und ohne Ausschnitt. Beim Digitalisieren sind am besten auch die Haare geschlossen, damit sie nicht auf das Buch fallen. Auch Schmuck an den Händen ist tabu.

Die Arbeit mit den großen Maschinen ist gar nicht mal so schwierig. Die kleinen Geräte wie der Traveller sind da deutlich komplizierter zu bedienen – und außgerechnet damit muss ich arbeiten. Die meisten Seiten der Bücher, die ich scanne, müssen von Staub befreit und dann mit einer Plexiglasscheibe fixiert werden, damit sie sich nicht wölben. Je nach Belichtung kann dann aber eine Spiegelung auf der gescannten Seite entsteht. Dann kann man alles noch mal neu machen. Am meisten Spaß hat mir bis jetzt das Scannen von Wasserzeichen gemacht, da man diese häufig nicht direkt erkennen kann. Umso lustiger ist es dann, wenn plötzlich Bilder von Tieren auf dem Bildschirm auftauchen, die ihre Augen nicht am rechten Fleck haben oder ein menschlicher Kopf, dessen Nase Seite für Seite etwas länger wird!

 

❤️

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Musstest du eine Geheimhaltungserklärung unterschreiben?

Ja, und einen 60 Seiten langen Vertrag… Das was in den Büchern steht, können wir auf die Schnelle aber eh nicht lesen, da alles auf Latein ist. Und fotografieren dürfen wir die Bücher selbstverständlich nicht. Trotz aller Regeln werden wir bei der Arbeit gut beaufsichtigt: von Kameras, Sicherheitstüren und Wachmännern.

Eine lustige Anekdote aus deiner Zeit bisher?

Ich habe mich verlaufen. Das passiert vielen in den ersten Wochen. Das Gelände ist so groß und die Häuser sehen sich so ähnlich, dass ich am ersten Arbeitstag den Eingang nicht gefunden habe. Dabei hat nicht wirklich geholfen, dass die Bibliothek zwei verschiedene Adressen hat, die nicht gerade nah beieinander liegen. Es hat sich dann nach einiger Zeit herausgestellt, dass ich mich doch vor dem richtigen Haus befunden habe, lediglich der Haupteingang mittwochs und freitags in der Mittagszeit schließt. Der Eingang befindet sich dann versteckt zwischen zwei Gebäuden in einer engen Gasse und man betritt die Bibliothek quasi durch den Keller – wie im Film und echt typisch Vatikan!

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Beitragsbild: privat

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