Warum muss es immer WiWi sein?

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Die Bewerbungsfrist für das Wintersemester 2015/16 ist um, und auch dieses Mal haben sich ohne Zweifel wieder tausende Studenten für Wirtschaftswissenschaften (WiWi) an der TU Dortmund beworben. Woher kommt diese große Anziehungskraft? Weil man sich nicht sofort festlegen muss und während des Studiums noch orientieren kann? Wegen des weiten Berufsspektrums, das sich am Ende des Studiums eröffnet? Oder ist es der Luxus, einfach mal drauf los zu studieren und zu schauen, ob es einem liegt?

All das sind mögliche Beweggründe, wie pflichtlektüre im Gespräch mit mehreren Studenten und Absolventen des Studiengangs erfahren hat. Drei von ihnen stellen wir nun einmal genauer vor: Eine Studentin im Bachelor, einen Master-WiWi und einen Absolventen, der bereits voll im Berufsleben steht.

Aufbau: WiWi-Studium an der TU Dortmund
Im Bachelor sieht das Studium der Wirtschaftswissenschaften an der TU Dortmund zunächst für alle gleich aus. Die ersten vier Semester schaffen als Grundstudium die Basis. Hier werden in vielen einführenden Vorlesungen und Seminaren Inhalte wie Mathematik für Ökonomen, Statistik, Buchführung und Mikroökonomik vermittelt. Am Ende der zwei Jahre wählt jeder WiWi zwei Schwerpunkte, darunter Controlling und Marketing, VWL, Finanzen und Soziologie. 

Die WiWi-Bachelor: Interesse trifft Zukunftsschancen 

Alina Reher studiert seit dem Wintersemester 2014/15 an der TU Dortmund Wirtschaftswissenschaften im Bachelor. Bei ihr spielten verschiedene Gründe eine Rolle, als sie sich vor einem Jahr beworben hatte. Die Möglichkeit, sich noch während des Studiums orientieren zu können, habe für sie den Ausschlag gegeben. Damit nicht genug. „Die Zukunftschancen und Möglichkeiten sind natürlich ein großer Vorteil. Für Marketing und Wirtschaft habe ich mich sowieso schon interessiert und würde später auch gerne in diesen Bereichen tätig sein“, sagt die 19-Jährige.

Alina im Audimax. Hier finden die meisten ihrer Vorlesungen statt. Fotos: Feyza Bıçakcı

Im Gegensatz zu vielen anderen habe sie sich bewusst für diesen Studiengang entschieden. Dass sich viele, die nicht wissen, wo sie später arbeiten möchten, in diesen Studiengang einschreiben lassen würden, fände sie nicht gut. Viele würden die Vorteile des WiWi-Studiums einfach ausnutzen. „Meiner Meinung nach benötigt man keine spezielle Begabung, wenn man WiWi studieren möchte. Ich schätze es einfacher ein als Jura oder Medizin. Und da man am Ende viel damit anfangen kann, studieren sicherlich 500 von 1000 Studenten nur halbherzig. Das wiederum wirft ein schlechtes Bild auf den Studiengang“, sagt Alina.

Freie Zeiteinteilung überzeugt

Neben Berufschancen und Vielfalt gebe es in den Wirtschaftswissenschaften noch einen weiteren Vorteil. „Im Vergleich zu anderen Studiengängen haben wir weniger Kurse und müssen weniger Zeit in der Uni verbringen. So kann ich mich an meinen Schreibtisch setzen und meinen Tag selbst strukturieren“, sagt Alina. Nebenbei arbeiten sei daher kein Problem, mit den Folien aus den Vorlesungen lerne sie lieber zuhause.

Allerdings gebe es auch einige Nachteile. Vor allem die Wiederholungen in den Tutorien und Übungen seien teilweise unübersichtlich, geeignete Leiter für diese zu finden sei wichtig, damit es sich überhaupt lohnt dafür in die Uni zu fahren. Insgesamt ist Alina aber sehr zufrieden. Sie bereut ihre Studienwahl nicht. In Zukunft möchte sie sich in Richtung BWL, Personal oder Marketing orientieren.

Der WiWi-Master: Spezialisierung ist alles!

In eine komplett andere Richtung hat sich der Master-Student Muhammed Ali Erdoğan orientiert. Der 24-Jährige, der seit dem Start seines Bachelor-Studiums 2011 an der TU eingeschrieben ist, legt seine Schwerpunkte auf Unternehmensführung und Soziologie. Seit dem Sommersemester 2015 studiert er im Master, ebenfalls mit Finanzprofil– nach dem Studium möchte er im Bereich Unternehmensführung arbeiten und sich dank der Erfahrungen dabei schließlich als Unternehmensberater selbstständig machen. „Zurzeit bin ich auf der Suche nach einer Werkstudentenstelle, um dort in Kombination mit einem Unternehmen meine Masterarbeit anfertigen zu können, damit diese praxisorientierter wird“, sagt Muhammed Ali.

Seit 2011 ist Muhammed Ali an der TU Dortmund in der WiSo-Fakultät eingeschrieben.

Überhaupt Wirtschaftswissenschaften zu studieren, habe sich bei ihm ergeben, nachdem er seine Möglichkeiten und Interessen gründlich abgewogen hatte. Einen Ingenieursstudiengang hätte er trotz der Leistungskurse Mathe und Physik im Abitur nicht studieren wollen, auch etwas wie Lehramt sei nicht in Frage gekommen. Nachdem er sich über Wirtschaftswissenschaften informiert hatte, sei die Entscheidung klar gewesen. Auch ihm gefiel vor allem die Vielfalt: Man könne in jeden Bereich reinschnuppern. Das bringe zwar das Risiko eines sehr allgemeinen Studiums und Fächer, die einem weniger gefallen, mit, doch könne man sich ja spätestens im Master spezialisieren und seine Interessen vertiefen, sagt Muhammed Ali.

Verbesserungsbedarf im Bachelor

Während des Bachelorstudiums habe es zu wenig wissenschaftliche Arbeiten gegeben, vor seiner Bachelorarbeit habe er nur eine Seminararbeit verfasst, erinnert er sich. Auch die Klausuren sollten anders gestellt werden, meint Muhammed Ali. Es müsse mehr eigene Leistung verlangt werden, anstatt nur Auswendiggelerntes abzufragen. Insgesamt sei er mit dem Studiengang jedoch zufrieden gewesen.

Der Absolvent: Wirtschaftsstudium nach Ausbildung

Den Schritt in die Selbstständigkeit bereits geschafft hat Şenol Özkan. Dabei hatte er das während seines Wirtschaftsstudiums an der FOM in Köln nicht einmal geplant. Nun besitzt er gemeinsam mit einem Geschäftspartner die „Event-Arena“ in Remscheid, einen Saal für Veranstaltungen wie Hochzeiten, Firmenfeiern, Abibälle und Partys.

Im März 2012 fand die erste große Veranstaltung in der Event-Arena statt. Seitdem ist sie jedes Wochenende ausgebucht. Foto: Feyza Bıçakcı

Im März 2012 fand die erste große Veranstaltung in der Event-Arena statt. Seitdem ist sie jedes Wochenende ausgebucht.

Als der heute 33-Jährige 2006 sein Studium aufnahm, hatte er bereits eine Ausbildung zum Bankkaufmann hinter sich. Aufgrund guter Noten schaffte er die Ausbildung in nur zwei Jahren. Dann arbeitete er in der Privatkundenberatung. Doch als schließlich sogar Aussicht auf einen Filialleiter-Posten bestand, die Karriere ordentlich in Schwung gekommen wäre, merkte Özkan plötzlich, dass er vielleicht doch lieber etwas anderes machen möchte. Es wurde also Zeit, sich Gedanken um einen Plan B zu machen. Da er im kaufmännischen Bereich bleiben wollte, entschied er sich letztendlich für ein Wirtschaftsstudium.

Selbstständigkeit über Umwege

Als Özkan das 2010 abschloss, plante er zunächst gemeinsam mit einem damaligen Professor der FOM eine „Islamic Finance AG „aufzubauen. Dabei sollten Theorien der Finanzdienstleistungen in Einklang mit den religiösen Richtwerten des Islam vermittelt werden. Doch aus dem Projekt wurde nichts, sodass sich Özkan bei verschiedenen Unternehmen als Bereichsleiter bewarb. „Das habe ich aber mehr oder weniger halbherzig gemacht. Als daraufhin keine Zusagen kamen, kam die Selbstständigkeit erst in Frage“, berichtet der Unternehmer.

Gemeinsam mit einem Freund, der bereits Erfahrungen in Sachen Saal-Management gemacht hatte, suchte Özkan nun nach passenden Immobilien. So fand das Duo die Event-Arena in Remscheid, die sich seit der Eröffnung im März 2012 als Veranstaltungsort der Stadt etabliert hat. Im Gegensatz zu seinem alten Job in der Bank managt Özkan nun eine große Bandbreite an Aufgaben. Dazu gehören die Koordination des Dienstplans für rund 20 Mitarbeiter, das Führen der Verkaufs- und Kundengespräche, die Organisation von Caterings, Einkäufe für den Saal, Pflege der Homepage und Werbung.

Zum Allrounder studiert

Jetzt ist Özkan also Mann für alles und hat mit seinen erst 33 Jahren bereits einige unterschiedliche Karrierestationen hinter sich gebracht. An ihm erkennt man, wie vielfältig das WiWi-Studium sein kann. Sein Rezept, damit es nach dem Abschluss nicht nur abwechslungsreich, sondern auch erfolgreich wird: Regelstudienzeit nicht zu sehr überziehen, zielstrebig sein und sich reinhängen, um trotz der Vielzahl an Absolventen durch gute Noten hervorzustechen.

Teaserbild: Feyza Bicakci

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