Die Kunst der Orga

Ich liebe es, zu organisieren. Noch mehr liebe ich es natürlich, wenn ein Plan funktioniert.

Gerade als Student fragt man sich häufig, warum sovieles an der Uni schief geht und wer das alles organisiert. Fragt man nach, so drückt sich fast jede Anlaufstelle um die Antwort. Warum die U35 sich an die Schulferien hält und dann nur noch im 10 Minutentakt fährt – wo doch genau dann meistens Klausurphasen oder schlichtweg Vorlesungen sind und Studierende immer noch zur Uni fahren müssen – habe ich bereits vergeblich versucht herauszufinden. Warum fährt die Bahn also nicht immer gleich?

Diskussionen in der Mensa über die Organisation von Ringvorlesungen oder Praktika möchte ich gar nicht erst hier darstellen, denn diese letzten Tage haben bewiesen, dass es schlimmeres gibt. Genauer gesagt gibt es das Phänomen Kulturhauptstadt.

Bisher war die Kulturhauptstadt etwas Schönes. Etwas grandios gut geplantes. So hatte es zumindest den Anschein. Die Schachtzeichen und etliche Konzerte wurde zusätzlich zum „Normaljahr“ geplant, Bochum Total hatte drei Millionen fröhliche Besucher, das Ruhrgebiet lockte mit Flair und Abwechslung. Doch sieht man genauer hin, so verblüfft es einen, dass das Still-Leben, welches seit Monaten beworben wird, erst wenige Tage vorher genehmigt wurde. Kein Wunder, wenn man die Schlagader des Ruhrgebiets für 60 Kilometer sperren will. Und sind wir doch mal wirklich ehrlich: Wären wir nicht dieses Jahr Kulturhauptstadt, dann hätte die Loveparade in Duisburg nicht statt gefunden. Der Druck der monatelangen Ankündigung hat auch hier gesiegt, Duisburg blieb kaum etwas anderes übrig, denn es war klar, dass es etwas Internationales und Riesiges wird, was eine Kulturhauptstadt stemmen können „muss“.

Augen wurden zugedrückt und das genau bei dem Wichtigsten: Der Orga. Diese Kunst wurde verschmäht und so wurde die Kunst der Liebe hintergangen. Mit einem schrecklichen Ende, bei welchem nun wieder nur ausweichende Antworten gegeben werden.

Mir persönlich tut es weh, dass das Prestige wichtiger war als die Sicherheit. Vielleicht sollte Westbam zusammen mit Dr. Motte den Todestag der Loveparade in jeder deutschen Stadt mit kleinen Bühnen, die synchron Musik abspielen, ehren. Mit einem schwarzen Loveparade-Symbol und einer ruhigen Hymne. Ich würde mich zur Orga anbieten, denn ich bin mit ihr groß geworden und werde sie vermissen. Die jetzigen Organisatoren haben in den letzten Jahren aus einer politischen und friedlichen Bewegung ein kommerzielles, festivalartiges Etwas erschaffen, das dieses Jahr zum Monster wurde.

Nicht nur die Opfer aus aller Welt sollten betrauert werden, sondern auch der Tod der Loveparade. Sie wurde 19.


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