Durch Akkordarbeit zum Guitar Hero

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Dicke Bücher belasten den Rücken, im Kino zahlt man für Überlänge drauf. Zeit ist Geld – im wahrsten Sinne. Wofür also die knappe Freizeit verwenden? Wir lesen, spielen und schauen für euch – nach zwei Stunden hören wir auf. Entweder, weil wir fertig sind oder weil die Zeit um ist. Heute lernen wir Gitarre spielen. Der Wecker ist gestellt, los geht’s:

Schnelldurchlauf

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Wie ging das nochmal mit der Schlagtechnik? Lehrer Simon gibt mir einen Gitarren-Crashkurs.

In zwei Stunden lernen, wofür andere Jahre brauchen – Wunschdenken. Mein musikalisches Basiswissen – ich spiele bereits Geige – sollte mir bei meiner Mission von Vorteil sein: Ich wollte ein neues Instrument lernen oder zumindest schauen, wie weit ich in zwei Stunden komme. Betreut hat mich dabei mein Bruder Simon: Musik-Lehramtsstudent und leidenschaftlicher Gitarrist und Pianist.

Ich schnappte mir also die verstaubte, 40 Jahre alte Gitarre meiner Mutter und legte los. Wahrscheinlich zum Leidwesen unserer Nachbarn, denn wegen des guten Wetters verlegten wir unsere Übungsstunden auf die Terrasse – untermalt von Vogelzwitschern und dem Gackern unserer Hühner.

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So sehen Akkordbilder aus.

Mein Plan lautete, in zwei Stunden einen ganzen Song spielen zu können. So richtig mit Akkorden. Die Melodie wollte dabei mein Bruder übernehmen. Von der Vorstellung habe ich mich irgendwann verabschiedet. Vielleicht war Wonderwall von Oasis für einen Anfänger zu anspruchsvoll.

Am Anfang lief es richtig gut: Ich lernte überraschend schnell, die Akkorde zu greifen. Schwierig wurde es dann, als ich versuchte, die richtigen Töne zu greifen und gleichzeitig mit der rechten Hand den Rhythmus zu schlagen – das bekam ich einfach nicht gebacken. Multitaskingfähig war ich noch nie.

Kurzweilig

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Mit den Fingern drückt man die Saiten im Bereich zwischen den silbernen Bundstäben runter, um die Tonhöhe zu verändern.

Ich wollte möglichst viel aus meinen zwei Stunden herausholen und direkt mit Akkorden einsteigen – also unterschiedliche Töne, die zusammen harmonisch erklingen. Und siehe da: Mein erstes Stück hatte ich nach gut zehn Sekunden drauf. Leider nicht wegen meines großen Talents, sondern weil „Bruder Jakob“ in der Tonart D-Dur mit einem einzigen Akkord auskommt. Denn Gitarristen haben es gegenüber Geigern echt gut: Intonationsschwierigkeiten kennen sie nicht. Um einen bestimmten Ton zu treffen, reicht es, den Finger auf die Seite zu drücken, und zwar in den Bereich zwischen zwei Bundstäben, die quer auf dem Griffbrett verlaufen.

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Wir waren richtig kreativ: unsere nachgebaute Gitarrenbank.

Ich gewöhnte mich schnell an die seltsamen Griffbilder, die statt Noten Akkorde zeigten. Em7, G, Dsus4 und A7sus4 – diese Reihenfolge hatte ich nach einer guten Dreiviertelstunde drauf. Zwar langsam und stolpernd und klanglich keine Glanzleistung, aber ich wusste, was zu tun war. „Läuft doch schon gut!“, ein Lob aus den Mund meines Bruders gibt es nicht oft zu hören.

Es freute mich immer, wenn aus losen Tonfetzen plötzlich eine zusammenhängende Melodie wurde, die ich im Kopf vervollständigte. Es tat gut zu merken, dass man auch in kurzer Zeit etwas lernen kann, das einem vorher noch fremd war.

Langatmig

Mit der linken Hand die richtigen Akkorde greifen – mit vier Fingern je einen Ton – und dazu mit der rechten Hand den richtigen Rhythmus schlagen und dabei die Schlagtechnik nicht vernachlässigen. Das war für mich als Anfänger eine Riesen-Herausforderung, die ich auch nach zwei Stunden nicht bewältigt hatte. Nie bekam ich Rhythmus und Akkorde zusammen korrekt auf die Reihe – frustrierend. Dafür braucht es wohl mehr als zwei Stunden Übung.

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Aua! Die Saiten hinterließen tiefe Furchen in meinen Fingern, die glücklicherweise nach ein paar Minuten wieder verschwanden.

Aber bitte nicht am Stück: Beim Schreiben dieser Zeilen fühlen sich meine Fingerkuppen immer noch sehr seltsam an. Zwischendurch musste ich den Griff immer wieder lockern und die Hand ausschütteln. Die teils mit Metall umwickelten Saiten hinterließen tiefe Furchen in meinen Fingern. AUA!

Momentaufnahme

Zum Ende hin spielten mein Bruder und ich gemeinsam: er die Melodie, ich die dazugehörigen Akkorde. Bestimmt 20 Mal spielte ich dieselben Akkorde rauf und runter, immer wieder, leidenschaftlich – irgendwie machte das Spaß. Als ich dann die Tonaufnahme meines Handys aktivierte, lief’s natürlich nur halb so gut, aber hört (wer den Hahn nicht verpassen will, sollte bis zum Ende lauschen):

 

Zeit um

Am Ende bekam ich die erste Akkordfolge hin. Aber immerhin: Mit der kann man schon das halbe Lied begleiten. Gerade im Pop -und Rockbereich sind die meisten Songs recht einfach gestaltet, oft braucht man gar nicht mehr als vier verschiedene Akkorde.

Wenn ich das Gitarrespielen weiterverfolge, kann aus mir sicherlich eine ganz ordentliche Hobby-Gitarristin werden. Doch hab ich noch öfter (zwei  Stunden) Zeit dafür? Ich sollte sie mir wahrscheinlich nehmen. Es hat Spaß gemacht, etwas Neues auszuprobieren, auch wenn ich mich manchmal über meine eigene Unfähigkeit geärgert habe.

Und für die, die aus unserem Gezupfe nicht schlau geworden sind, hier das Original:

Fotos: Judith Wiesrecker

 

 

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