„Auch der Schnee schmeckt anders”

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Xenia Weber. Foto: privat

Xenia Weber ist 25 und lebt mit ihrem Freund und ihrer Katze in Bamberg. Als sie 8 Jahre alt war, ist sie zusammen mit ihrer Mutter aus Kasachstan nach Deutschland gekommen. Als Xenia 15 war, starb ihre Mutter an Krebs. Jetzt schreibt Xenia einen Roman über das Leben ihrer Mutter und nimmt dabei auch deren Sichtweise ein.

„Wenn man so ein einschneidendes Erlebnis im Leben hat, dann lässt einen das auch nicht mehr los. Schreiben ist für mich die beste Möglichkeit mit Sachen klarzukommen.” An die Öffentlichkeit ist Xenia mit ihrer Geschichte aber bisher noch nicht gegangen. Ihr habe der Mumm gefehlt, sagt sie. „Ich habe immer gedacht, es ist zu intim und persönlich, was ich schreibe, das kann ich nicht veröffentlichen.” Im letzten Jahr hat die 25-Jährige sich dann mit der Idee, einen Roman über das Leben ihrer Mutter zu schreiben, für ein Stipendium beworben – und es bekommen. Jetzt wird sie ein Jahr lang finanziell und durch eine persönliche Mentorin unterstützt.

Unterwegs in der eigenen Geschichte

Für die Recherche zu ihrem Buch ist Xenia im letzten Sommer zu den Verwandten und Bekannten ihrer Mutter nach Kasachstan geflogen. „Ich habe dort versucht, aus allen Ecken Informationen zu sammeln, die mir helfen, meine Mutter besser kennen zu lernen. Ich hatte dazu ja kaum Zeit.”

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Landschaft in Kasachstan hinter dem Haus von Xenias Großeltern. Foto: privat

Seit dem Tod ihrer Mutter war Xenia schon zweimal in Kasachstan, aber dieser dritte Besuch im letzten Jahr, war ein ganz besonderer. „Der ganze Urlaub war ein riesiges Erlebnis. So viel Zeit mit der Familie zu verbringen, war wirklich eine Wohltat für Körper und Seele.“ 

Das Buch über ihre Mutter hat schon jetzt auch die Beziehung zu ihren Verwandten verändert. „Mit meinem Onkel habe ich nie zuvor tiefgründige Gespräche geführt, durch die Fragen sind sehr intime Momente zustande gekommen.”

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Xenia (Mitte) mit ihren Cousinen und Cousins aus Kasachstan. Foto: privat

Allerdings hat Xenia nicht nur positive Erfahrungen bei den Gesprächen gemacht: „Ich habe auch gemerkt, wie schwer es besonders meiner Großmutter fällt, über meine Mutter zu sprechen. Teilweise bin ich mit meinen Fragen ein bisschen zu weit gegangen und musste mich selbst bremsen.”

Ganz von vorne anfangen

Durch die Erlebnisse in Kasachstan hat Xenia gemerkt, dass das Buch nicht mit der Geburt ihrer Mutter anfangen wird. Stattdessen will sie ihren Roman in zwei Teile aufteilen: Im ersten soll es um das Leben ihrer Großeltern gehen, im zweiten Teil um das Leben von Xenias Mutter in Deutschland. „Der zweite Teil des Buches beginnt damit, dass meine Mutter auf ihrem Sterbebett liegt und sich an ihr Leben erinnert.” Xenia hat auch schon eine Idee, wie das Buch heißen könnte: „Das Buch hat einen Arbeitstitel: „Auch der Schnee schmeckt anders“, er soll die Gegensätze zwischen Deutschland und Kasachstan verdeutlichen.“

Eine Geschichte schreiben, die nicht nur eine Geschichte ist

Der Roman basiert zwar größtenteils auf realen Tatsachen, Xenia hat sich aber auch die literarische Freiheit genommen, Dinge auszuschmücken oder auch wegzulassen, wenn diese zu persönlich sind. Sie möchte nicht, dass es nur die Geschichte ist, die die Leute dazu bringt, das Buch zu lesen.„Mir ist es wichtig, dass mein Buch nicht als eine „Human Interest Story“ gesehen wird. Ich will kein Buch schreiben, was einfach nur eine Geschichte erzählt, ich habe auch einen literarischen Anspruch an das Buch.” Auch emotional distanziert sich Xenia von dem Inhalt ihres Buches: „Im Grunde ist es nichts Persönliches mehr. Ich sehe die Personen im Buch nicht als meine Familie. Für mich bedeutet es in erster Linie Recherche, Feinarbeit, geschichtliche Richtigkeit.“

Auch wenn das Stipendium im Juli zu Ende geht, will Xenia den Roman auf jeden Fall fertig schreiben. Nach Kasachstan fliegt Xenia auch diesen Sommer wieder, allerdings nicht zur Recherche. „Ich werde dieses Mal nicht über meine Mutter reden, sondern versuchen, mich auf die schönen Dinge zu konzentrieren und nicht so viele Worte über den Tod verlieren.”

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