„Mobile Retter“: Leben retten via Smartphone

Das Smartphone kann dabei helfen, Leben zu retten. Grafik: Mobile Retter

Herzinfarkt! Jetzt ist schnelles Handeln gefragt. Es kommt auf Minuten an. Sogar Sekunden. Denn das Herz ist das Zentralorgan unseres Körpers. Es versorgt unseren Organismus mit Blut. Hört es auf zu schlagen, sind die Folgen lebensbedrohlich. Innerhalb von vier Minuten kann es unser Gehirn nicht mehr mit Blut versorgen. Die Gehirnzellen sterben ab. Es droht der fast sichere Tod.

Treten Anzeichen für einen Herzinfarkt auf, sollte über die Notrufnummer 112 direkt medizinische Hilfe geholt werden. Über 70 000 Menschen in Deutschland sterben pro Jahr an einem Herzinfarkt. Viele davon, weil die Hilfe durch den Rettungsdienst zu spät kommt. Ein Problem, das viele Notärzte kennen. So auch der leitende Notarzt Dr. Ralf Stroop aus Gütersloh. Deshalb entwickelte er ein Konzept, das potenzielle Ersthelfer verständigt, die gerade in der Nähe sind: die Smartphone-App „Mobile Retter“. 

Die „Mobile Retter“-App ist an die Rettungsleitstellen der jeweiligen Regionen gekoppelt. Geht ein Notruf ein, alarmiert die Rettungsleitstelle zum einen den Rettungswagen und Notarzt. Gleichzeitig kontaktiert die Leitstelle aber auch das System der „Mobilen Retter.“ Per GPS fragt dieses dann ab, ob gerade qualifizierte Ersthelfer in der Nähe sind. Die Ersthelfer bekommen einen Alarm auf ihr Handy. Sind sie verfügbar, können sie den Einsatz bestätigen und bekommen die Patientendaten von der Leitstelle auf ihr Handy übermittelt. All das passiert in kürzester Zeit. Bis die „Mobilen Retter“ den Notfall erreichen, vergehen im Durchschnitt nur vier Minuten. Der Notarzt braucht hingegen meist mehr als doppelt so lange. 

Durch ihre Nähe zum Einsatzort sind die „Mobilen Retter“ mehr als doppelt so schnell wie der Rettungsdienst beim Patienten. Grafik: „Mobile Retter“.

Um „Mobiler Retter“ zu werden, können sich qualifizierte Ersthelfer über die App oder im Internet registrieren. „Qualifiziert sind zum Beispiel Ärzte, Rettungsdienstmitarbeiter, Feuerwehrleute, Gesundheits- und Krankenpfleger, die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) oder das Technische Hilfswerk (THW)“, erklärt Geschäftsführer Stefan Prasse, der selbst als Ersthelfer tätig ist. Der Erste-Hilfe-Kurs für den Führerschein sei hingegen nicht ausreichend. Nach der Registrierung müssen die Ersthelfer außerdem an einer speziellen Schulung teilnehmen. Erst dann können sie sich als „Mobiler Retter“ engagieren. 

Ersthelfer seit Kindheitstagen

Christian Jung (Foto: privat)

In Gütersloh ging die App bereits 2013 an den Start. Mittlerweile gibt es sie in einigen weiteren Städten in Deutschland. Unter anderem im Kreis Unna. Hier ist auch TU-Student Christian Jung als „Mobiler Retter“ tätig. Der Lehramtsstudent für Deutsch und Sozialpädagogik engagiert sich schon seit seiner Kindheit bei der DLRG. Als er vergangenes Jahr hörte, dass es die „Mobilen Retter“ bald auch in seiner Heimatstadt Kamen im Kreis Unna gibt, registrierte er sich direkt. 

„Mobiler Retter“ ist Christian Jung aus einem einfachen, aber trotzdem guten Grund: „Wenn man sowieso gerade Zeit hat, warum soll man dann nicht auch etwas Gutes tun und so anderen Leuten helfen. Seinen Ersthelferschein hat der 35-Jährige schon viele Jahre, mittlerweile gibt er selbst Erste-Hilfe-Kurse. Als „Mobiler Retter“ war er bis jetzt noch nicht im Einsatz. Wie es ist, Menschen zu reanimieren, kennt er durch sein Engagement bei der DLRG aber sehr gut:

 

Den Einsatz des Rettungsdienste ersetzen die „Mobilen Retter“ nicht. Im Projekt geht es darum, die Zeit zu überbrücken, bis der Rettungsdienst beim Patienten eintrifft. Sie handeln im Prinzip wie normale Ersthelfer. „Die Reanimation gehört dabei zu den Basics. Im Ernstfall sollte jeder Ersthelfer sofort mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung beginnen und diese kontinuierlich aufrecht erhalten. Das ist das allerwichtigste“, sagt Geschäftsführer Stefan Prasse. Ihre Qualifikationen dürfen die „Mobilen Retter“ beim Einsatz nicht überschreiten. Eine Infusion zum Beispiel dürfte nur ein Arzt legen. Eine medizinische Ausrüstung haben die Ersthelfer im Regelfall aber auch gar nicht dabei. Lediglich Handschuhe und eine sogenannte Beatmungsfolie tragen sie aus hygienischen Gründen mit sich. Finanziert wird die App durch Mitgliedsbeiträge und private Spenden, sowie Zuwendungen der jeweiligen Städte und Kreise. Die „Mobilen Retter“ selbst engagieren sich alle ehrenamtlich. 

 

Stefan Prasse (Foto: „Mobile Retter“)

10 000 Leben pro Jahr retten

Das Projekt „Mobile Retter“ wächst rasant. Mittlerweile gibt es in Deutschland etwa 2000 Menschen, die als „Mobiler Retter“ aktiv sind. Über 6000 Menschen haben sich bereits registriert, die meisten von ihnen kommen von der Feuerwehr. Wie viele Leben durch „Mobile Retter“ bereits gerettet werden konnten, kann die Geschäftsführer Prasse nicht sagen. Würde das Projekt aber deutschlandweit ausgebaut, könnten viele Leben gerettet werden, erklärt er:

 

 

 

Um bis zu 10 000 Leben pro Jahr retten zu können, plant die Geschäftsführung zurzeit den Ausbau des Projekts. In vielen Städten in Nordrhein-Westfalen soll es bald „Mobile Retter“ geben. Auch Gespräche mit den Rettungsleitstellen in Dortmund sollen laut Prasse bereits laufen.

Beitragsbild: „Mobile Retter“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert