Frühlingsgefühle: Gute Laune macht anziehend

Dunkle Wolken, eisiger Wind, Schneeschauer und glatte Straßen: Der vergangene Winter war ungemütlich. Laut wetter.net war er der „dunkelste Winter seit Beginn der regelmäßigen Aufzeichnungen der Sonnenscheindauer im Jahr 1951“. Dabei brauchen wir  gerade das Sonnenlicht, um glücklich zu sein. Denn Licht kurbelt die Produktion des Glückshormons Serotonin an. Wie gut, dass nun endlich der Frühling da ist – die Sonne lässt sich wieder blicken, die Temperaturen klettern, und auch die ersten Blüten leuchten in bunten Farben. Zeit also für Schmetterlinge im Bauch, gute Laune und ein Gefühl von Leichtigkeit – kurz: Zeit für Frühlingsgefühle!

Ein Spaziergang im Park macht zu zweit einfach mehr Spaß. Foto: Lisa Tüch

Ein Spaziergang im Park macht zu zweit einfach mehr Spaß. Foto: Lisa Tüch

Frühlingsgefühle beschreiben ein Stimmungshoch. Sie beziehen sich nicht nur auf eine neue Liebe. Stattdessen gehen sie einher mit dem Erwachen der Natur. Auch der Mensch als Teil der Natur blüht auf, sagt der Bochumer Hormonspezialist Prof. Helmut Schatz, Sprecher der deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (Hormon-/Stoffwechsellehre). Er erklärt: „Für das Stimmungshoch im Frühling gibt es ein ganzes Potpourri von Ursachen.“ Psychische Faktoren wie optische Anreize spielen dabei ebenso eine Rolle wie veränderte Hormonspiegel.

Sexualhormone haben nichts mit Frühlingsgefühlen zu tun

Laut der Website internisten-im-netz.de sind Hormone Steuerungssubstanzen in unserem Körper. Die chemischen Botenstoffe sind unter anderem dafür verantwortlich, wie wir uns fühlen. Über den Blutweg verteilen sie sich im Körper und steuern beispielsweise unsere Atmung und unseren Wachstum.

Sexualhormone, das sind die Hormone, die unsere Sexualität regulieren, haben entgegen der allgemeinen Annahme allerdings nichts mit den Frühlingsgefühlen zu tun: „Frauen befinden sich durch die Einnahme der Pille in einem Zustand der Scheinschwangerschaft und sind so ständig von weiblichen Hormonen überflutet. Und  bei Männern ist der Testosteronspiegel eher im Frühsommer am höchsten“, erklärt Helmut Schatz.

Ohne Licht keine Frühlingsgefühle

Hormonspezialist Helmut Schatz. Foto: Fotoabteilung Bergmannsheil Bochum/ N. Daum

Hormonspezialist Helmut Schatz. Foto: Fotoabteilung Bergmannsheil Bochum/ N. Daum

Ausschlaggebend für die Entstehung von Frühlinggefühlen sei das Licht als großer Taktgeber in der Natur. Der Sonnenschein ist für unsere gute Laune verantwortlich. „Wenn die Tage heller werden, sinkt der Melatoninspiegel. Das Schlafhormon Melatonin wird vermehrt  im dunklen Winter ausgeschüttet. Sinkt es, fühlen wir uns frischer“, erklärt Schatz. Daher wird Licht auch zur Therapie von Depressionen genutzt: Forscher haben auch herausgefunden, dass der Melatonin-Spiegel bei Menschen mit Depressionen erhöht ist. Durch die Bestrahlung mit sehr hellen Leuchten soll er abgesenkt werden.

Gleichzeitig wird im Frühling das Glückshormon Serotonin vermehrt ausgeschüttet. Wir werden munterer. Serotonin wird übrigens auch durch den Verzehr von Süßigkeiten, zum Beispiel Schokolade,  vermehrt produziert. Psychopharmaka arbeiten ebenfalls mit dem Glückshormon. Sie hemmen seine Zerlegung, erklärt der Kölner Diplom-Psychologe Peter Groß. „Auch durch Bewegung werden Glückshormone ausgeschüttet.“ Und weil es im Frühling wärmer ist, verbringen die Menschen wieder mehr Zeit im Freien und bewegen sich dabei in der Regel auch mehr. Beste Voraussetzungen für Glücksgefühle also.

Farben und Düfte aktivieren die Lebensgeister

Psychologe Peter Groß. Foto: privat

Psychologe Peter Groß. Foto: privat

Aber nicht nur Hormone sind für das Stimmungshoch im Frühling verantwortlich. Denn jetzt erwachen die Sinne: Düfte und Farben werden wieder mehr wahrgenommen und wirken belebend: „Frühlingsfarben wie Hellgrün – die Farbe der Hoffnung – haben eine indirekt stimulierende Wirkung nach dem Grau des Winters. Sie signalisieren Aufbruch und Neubeginn“, sagt Psychologe Groß. Und auch Düfte verursachen Frühlingsgefühle. So lässt der Duft von frischer, vom Schnee befreiter Erde mit feuchtem Gras und Moos uns bereits früh erkennen, dass es nun Frühling wird. Denn der Geruch ist in unserem Gehirn gespeichert und positiv mit der Erinnerung an die Aufbruchsstimmung vom letzten Frühling und der Erwartung der kommenden Blütenpracht gekoppelt, erklärt der Endokrinologe Helmut Schatz.

Top-Ausstrahlung durch gute Laune: Gute Bedingung für die Partnersuche

Und tatsächlich: Wo man auch hinschaut, glückliche Gesichter! Die gute Laune wirkt sich auf unsere Ausstrahlung aus. Und hier kommen die Schmetterlinge im Bauch ins Spiel. „Im Winter verschließen die Menschen sich eher, weil es ungemütlich und kalt ist. Im Frühling fühlen sie sich dann wohler“, weiß Ulla Bartz, psychologische Beraterin aus Dortmund. Das zeige sich auch in der Mimik. „Die ist offener und freundlicher. Wir lächeln mehr.“ Auch die Körpersprache werde entspannter, sagt Bartz. Unsere gute Laune wirkt anziehend auf die Menschen um uns herum. Dr. Ursula Marschall, leitende Medizinerin der Barmer Krankenkasse, ergänzt:“Wenn wir besser drauf sind, klappt es auch mit dem anderen Geschlecht besser, weil wir uns selber besser leiden können.“

Die Sonne lockt uns wieder ins Freie. Foto: Lisa Tüch.

Die Sonne lockt uns wieder ins Freie. Foto: Lisa Tüch.

Wie passend, dass der Frühling so viele Möglichkeiten bietet, um Kontakt zu knüpfen. Die Menschen strömen gut gelaunt nach draußen, um dort das Sonnenlicht zu genießen. Logisch, dass man beim Picknicken im Park oder Kaffeetrinken im Straßencafé leichter mit anderen Menschen ins Gespräch kommt. „Im Frühling hat man mehr Kontaktchancen. Draußen sieht man mehr und wird mehr gesehen“, erklärt Psychologe Peter Groß. Durch Frühlingsfarben und Sommerkleidung wird das andere Geschlecht außerdem zum Hingucker. Lange Mäntel und Hosen fallen, Frauen zeigen Dekolleté und Bein, die Form des Körpers lässt sich wieder erkennen: „Das turnt an!“, fasst Groß die optischen Anreize zusammen.

Sonnenstrahlen lassen sich nicht durch künstliches Licht ersetzen

Ulla Bartz merkt die aktivierende Wirkung des Frühlings auch bei ihrer psychologischen Beratung: „Im Frühling wollen die Menschen eher etwas an ihrer Situation ändern. Es fällt ihnen leichter, neu zu starten.“ Außerdem ändere sich die Einstellung. „Man nimmt die positiven Dinge um einen herum eben mehr wahr.“

Einige Forscher behaupten allerdings, dass es heutzutage keine wirklichen Frühlingsgefühle mehr gibt. Ihre Argumentation: Drinnen ist es dank moderner Technik immer hell und warm. Helmut Schatz gibt ihnen nur zum Teil Recht: „Frühlingsgefühle werden durch ständiges, künstliches Licht, das auch im Winter brennt, kaum weniger erlebt. Eine Glühbirne ist im Vergleich zum  gewaltigen Sonnenlicht eine armselige Funzel.“  In geschlossenen Räumen habe das Licht nämlich maximal eine Stärke von 500 Lux. An einem Sonnentag erreiche es aber eine Stärke von bis zu 100.000 Lux, erklärt Schatz. Ein Lux entspricht dabei dem Licht einer Kerze.

Zu schön, um wahr zu sein: Frühjahrsmüdigkeit als Kehrseite

Leider hat der Frühling aber auch eine Kehrseite: die Frühjahrsmüdigkeit. Sie entsteht bei einigen Menschen durch einen Überhang des Schlafhormons Melatonin.  „Der Körper muss sich noch umstellen: Es wird früher hell, also stehen die Menschen früher auf. Gleichzeitig gehen sie aber auch später ins Bett, weil es länger hell bleibt. Sie schlafen deswegen weniger“, sagt Hormonspezialist Schatz. Aber der Bochumer Professor beruhigt: In der Regel sollte die Frühjahrsmüdigkeit nach ein bis zwei Wochen verschwinden. Dann können sich endlich alle an der Sonne erfreuen. Und wer weiß, vielleicht findet der ein oder andere dann auch seinen Frühlingsflirt.

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