Von Jana Fischer und Dominik Speck
Vor zwei Jahren wurde Annette Schavans akademisches Lieblingsbaby geboren. Das Deutschlandstipendium sollte an deutschen Hochschulen eine Stipendienkultur nach amerikanischem Vorbild etablieren. Bisher allerdings verlief der Start eher holprig: Das neue Programm muss sich zahlreichen Kritikpunkten stellen. Pflichtlektüre hat den Faktencheck gemacht: Was ist dran an den Vorwürfen?
Das Deutschlandstipendium
Das Deutschlandstipendium wurde 2011 eingeführt. Initiiert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, soll das neue Modell die Stipendienkultur in Deutschland verändern und stärken. Für jeden Stipendiaten gibt es 300 Euro monatlich – im Gegensatz zu den meisten anderen Stipendien ist es beim Deutschlandstipendium egal, welches Einkommen der Stipendiat sonst hat. Die Hälfte dieser 300 Euro zahlt der Bund, die andere ein privater Förderer – also zum Beispiel Unternehmen oder Stiftungen.
Wer ein Stipendium will, muss gute Noten haben. Vorbild für das Programm ist das NRW-Stipendium, das von der damaligen schwarz-gelben Landesregierung im Jahr 2009 gestartet wurde.
Erster Vorwurf: Das Deutschlandstipendium kommt nicht in Gang. Bisher erreicht es zu wenige Studierende.
Das sagt das Ministerium: „Das Deutschlandstipendium hatte einen guten Start. Bereits nach wenigen Monaten war es an den meisten Hochschulen in Deutschland etabliert.“ (Cornelia Quennet-Thielen, Staatssekretärin im Bildungsministerium, anlässlich des Dialogs „Viel erreicht, viel vor – das Deutschlandstipendium“ am 12.05.2012)
Es war ein ehrgeiziges Ziel: Bis 2015 wollte das Bildungsministerium acht Prozent aller Studierenden mit dem Deutschlandstipendium ausstatten. Dass von dieser Zeitangabe inzwischen nichts mehr zu hören ist, hat seinen Grund: Nach zwei Jahren fördert das Deutschlandstipendium inzwischen knapp 11.000 Studenten. Wenn das Bildungsministerium sein ursprüngliches Ziel erreichen möchte, müsste es bis 2015 aber mehr als 200.000 Deutschlandstipendien schaffen.
Für die Opposition, die das Deutschlandstipendium ohnehin ablehnt, beweisen diese Zahlen, dass das neue Modell gescheitert ist: „Das Deutschlandstipendium ist ein Ladenhüter“, urteilte etwa der grüne Bildungspolitiker Kai Gehring.
Ein Misserfolg also? Davon will das Bundesbildungsministerium nichts wissen. „Über das Deutschlandstipendium werden mittlerweile so viele Studierende gefördert wie durch das größte deutsche Begabtenförderungswerk, die Studienstiftung des deutschen Volkes. Dies ist ein guter Erfolg“, heißt es auf Anfrage der pflichtlektüre.
Seine Zielmarke hat das Ministerium trotzdem erst einmal auf unbestimmte Zeit verschoben: „Die Höchstförderquote pro Hochschule wird Jahr für Jahr festgelegt.“ So erfreulich das Deutschlandstipendium also für diejenigen ist, die es erhalten: Was seinen Umfang betrifft, liegen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander.
Woran aber liegt das? Ganz einfach: Das Deutschlandstipendium wird nur zur Hälfte vom Ministerium finanziert. Den anderen Teil sollen private Förderer beisteuern, insbesondere Unternehmen. Diese für das neue Stipendienprogramm anzuwerben, ist Aufgabe der Hochschulen – offensichtlich eine, die das Bildungsministerium sich leichter vorgestellt hatte. 11.000 Studierende jedenfalls machen noch keine neue Stipendienkultur.
Fazit der Redaktion: Vorwurf berechtigt.
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