Der Breitmaulfrosch: Modisches Stiefkind

Kolumne_Jasmin

Ob Poetry-Invasion oder die hippesten Hipster-Klamotten – über Kunst, Lifestyle, Mode und Kultur lässt sich gut das Maul zerreißen. Ein chronischer Maulzerreißer ist der Breitmaulfrosch, der in dieser Kolumne merkwürdige Trends aufs Korn – und dabei kein Seerosenblatt vor den Mund nimmt. Aus der Sommerpause meldet sich der Breitmaulfrosch mit einem sonnigen Überbleibsel – der Farbe Gelb.

Die Farbe Gelb kleidet traditionsgemäß Humorhelden der Populärkultur wie Bibo, Spongebob, Bert und die Simpsons. Und seien wir ehrlich, würde ein blassgrüner Teint den Minions nicht ihren Charme nehmen? Die Farbe Gelb scheint an chronischer Unterschätzung zu leiden, vor allem in der Kleidungskultur. Hier ein paar Gründe, warum wir also öfter bei der alltäglichen Kleidungswahl zur Strahlefarbe greifen sollten:

Erstens

Der gelbe Strickpulli verspricht dem Gegenüber, dass der Träger ein ziemlich unterhaltsamer Zeitgenosse sein muss. Humor scheint die erstrebenswerteste Charaktereigenschaft der Gegenwart zu sein. So veranstaltet der Spaßbürger des 21. Jahrhunderts ein regelrechtes Brimborium, um seinen Witz zu bekunden. Vor Humor triefende Sprüche auf Jutebeuteln, Shirts oder Caps machen uns zu Litfasssäulen der Spaßanzeigen. Und dabei geht es so viel einfacher. Der Griff zum gelben Federkleid verwandelt den Träger im Handumdrehen in den großen Vogel der Sesamstraße. In Kombination mit rotem Schal und der Frage „Warum bin ich so fröhlich?“ auf den Lippen lässt sich Alfred Jodocus Kwack modisch imitieren. In Gelb gekleidet, können wir in die Rollen der großen Spaßmacher des Fernsehens schlüpfen.

Zweitens

Gelb schreit hier. Gelb verspricht den berühmten Eye-catcher. Aber ohne den narzisstischen Unterton, den beispielsweise der Glitzermini mit sich bringt. Gelb ist die sympathische Art mit der Kleidung „Hallo hier bin ich“ zu sagen. Gratis zur gelben Montur gibt es noch eine Portion Selbstironie dazu: „Schaut her, ich kleide mich wie ein überdimensionaler Löwenzahn, aber hey, ich kann darüber lachen“. Charmant und keck luchst die Farbe Gelb der Mode ihre Ernsthaftigkeit, ihre narzisstische Verbissenheit ab. Jedem kritischen Nörglerblick begegnet sie mit einem herzhaften Lachen.

 Drittens

Sommer zum Anziehen. In kalten und sonnenlosen Wintermonaten gibt’s den Sommer to go zum Überziehen. Selbst ist schließlich der großstädtische Sonnenanbeter. Grauen Himmeln sollte man ab sofort nur noch im gelben Anti-Trübsal-Outfit entgegentreten. Dieser modische Clou ist bereits bekannt: Denn der kultigste aller Regenmäntel zeigt sich ebenfalls in der Gute-Laune-Farbe. Der Teilzeitjob als Sonnenschein ist einem damit sicherlich garantiert, Sonnenbrandgefahr ausgeschlossen.

 Viertens

Gelb lenkt ab. Wen interessiert die ungebügelte Hose, wenn sich der Oberkörper in eine zitrusgelbe Seidenbluse hüllt? Springt einem die Knallfarbe erstmal ins Auge, wird das Drumherum uninteressant. Damit wird Gelb  zur liebsten Schummelfarbe im Kleiderschrank. Endlose Bemühungen um ein tadelos durchgestyltes Outfit? Ab sofort nur noch Zeitverschwendung. Wir sagen: Perfektion Adé und her mit der Mogelpackung!

 Fünftens

Karl Lagerfelds Karriere begann mit einem Mantel aus Merinowolle. In welcher Farbe? Richtig. Gelb.

 

 

Beitragsbild: Helena Brinkmann

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