Brain Day: Neuroforschung zum Anfassen

Beim Brain Day 2012 haben Forscher der Neurowissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) mit Vorträgen, Informationsständen und Mitmachaktionen über ihre wissenschaftliche Forschung berichtet. Doch ein Tag nur für akademisches Publikum war der Brain Day gerade nicht: Die Veranstaltung des Sonderforschungsbereichs 874 (SFB 874) sollte die ganze Gesellschaft erreichen – egal ob Kind, Student, Forscher oder Patient.

Aber der Reihe nach. Was ist und macht der Sonderforschungsbereich 874? „Unsere zentrale Frage ist: Wie benutzt das Gehirn Sinneseindrücke, um sich zu erinnern und kognitive Leistungen zu erbringen?“, sagt SFB-Sprecherin Prof. Dr. Denise Manahan-Vaughan, die selbst in mehrere sogenannte Teilprojekte involviert ist.

SFB-Sprecherin Prof. Dr. Denise Manahan-Vaughan möchte mit dem Brain-Day neurowissenschaftliche Forschung aus dem "Elfenbeinturm Universität" in die Öffentlichkeit tragen. Foto: Jonas Fehling

SFB-Sprecherin Prof. Dr. Denise Manahan-Vaughan möchte mit dem Brain-Day neurowissenschaftliche Forschung aus dem "Elfenbeinturm Universität" in die Öffentlichkeit tragen. Fotos: Jonas Fehling

Insgesamt besteht der SFB aus zwölf Teilprojekten. Er ist interdisziplinär, verbindet unter anderem Medizin, Chemie, Neuroinformatik und Psychologie. Jedes Teilprojekt behandelt ein anderes Thema in Sachen Hirnforschung. Zum Beispiel, wie das Gehirn in der Lage ist den Körper nach Verletzungen zu rekonstruieren, wie Informationen im Hirn gespeichert und wieder abgelesen werden oder wie es dem Menschen durch Erinnerungen hilft, bestimmte Entscheidungen zu treffen oder Dinge wahrzunehmen.

Uni kein Elfenbeinturm

Doch nicht nur das. Eines der Teilprojekte beschäftigt sich ausschließlich damit, die Gesellschaft über die Forschungsergebnisse zu informieren. „Öffentlichkeitsarbeit ist mir extrem wichtig. Die Uni darf kein Elfenbeinturm sein. Es ist wichtig, dass wir die Gesellschaft über unsere Forschungsergebnisse auf dem Laufenden halten“, sagt Manahan-Vaughan.

Zu diesem Zweck haben die Wissenschaftler den Brain Day und viele andere Aktionen ins Leben gerufen. Denn dort müssen sich Interessierte nicht mit vermeintlich trockener Grundlagenforschung herumschlagen, sondern können durch Mitmachaktionen selbst lernen. Und erkennen, wie relevant, interessant oder sogar lustig Gehirnforschung sein kann.

Beispiel optische Täuschungen: Beim Gehirn-Parcours erklären junge Wissenschaftler – „Brainiacs“ – verschiedene Phänomene. Tobias Eckhardt zeigt die Zeichnung einer Ente. Das Schnabeltier sieht fast jeder auf den ersten Blick. „Unsere Wahrnehmung hängt ab von Erinnerungen, Erfahrungen und auch aktuellen Situationen. An Ostern sehen die Menschen bei diesem Bild zuerst einen Hasen“, sagt Eckhardt. Kaum hat er den Satz ausgesprochen, verwandelt sich der Entenschnabel für den Betrachter in „Löffel“. Plötzlich sieht man auch den Karottenfresser.

Gehirnforschung braucht kluge Köpfe

Tanzlehrer Antoni "Toni" Olkusznik nimmt in seinen Seniorentanzkurs "Club Agilando" neurowissenschaftliche Erkenntnisse auf. Foto: Jonas Fehling

Tanzlehrer Antoni "Toni" Olkusznik nimmt in seinem Seniorentanzkurs "Club Agilando" neurowissenschaftliche Ansätze auf.

Ein zweites Beispiel ist die Senioren-Tanzgruppe „Club Agilando“ von Antoni „Toni“ Olkusznik, bei der die Besucher des Brain Days einsteigen können. „Bei uns geht es körperlich um Gymnastik und für das Gehirn um Spaß – wir machen Partytänze und haben zum Beispiel mal was zum Sommerhit „Nossa“ einstudiert“, beschreibt Toni sein Konzept. Was das nun mit Gehirnforschung zu tun hat? Seit 2008 erforscht das Neural Plasticity Lab – ebenfalls ein SFB-Teilforschungsprojekt – die Auswirkungen des Tanzens auf den Alterungsprozess des Menschen. Das Ergebnis: Tanzen hält fit!

Doch nicht nur für die Älteren hat der Brain Day viel zu bieten. Junior-Forscher führen Tests mit den Gästen durch und zeigen, wie man ein Gehirn aus Knete modelliert. Zudem wird ein Lego-Gehirn gezeigt. Zum Mitnehmen gibt es eine Bauanleitung, um auch die Jüngsten zu erreichen. „Die Lego-Steine, die man dafür braucht, haben die meisten Kinder zuhause. Das kann ich bestätigen“, sagt Ursula Heiler, Teilprojektleiterin der Öffentlichkeitsarbeit, lachend.

Der Grund für diese Angebote lässt sich schon erahnen. Manahan-Vaughan: „Mein Ziel ist, dass wir nicht nur die Gesellschaft erreichen, sondern auch nach Nachwuchs für die Hirnforschung suchen und kluge Köpfe finden.“

2 Comments

  • Danke! Dieses Paradox ist mir gar nicht aufgefallen. Das hat was 😉
    Ich versichere allerdings, dass sonst alles auch physisch und nicht nur im übertragenen Sinn zum Anfassen war.

  • Philipp sagt:

    „Neuroforschung zum Anfassen“ – und direkt daneben ein Bild mit „bitte nicht berühren“ im Hintergrund. Wie passend 😛

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