Vor schlechten Praktika warnen

Die Semesterferien neigen sich langsam  ihrem Ende entgegen und viele Studenten beenden zurzeit ihre letzten Tage im Praktikum. Immer mehr von ihnen werden ihre dort gemachten Erfahrungen teilen. Praktikumbewertungsportale wie prakti-test.de werden immer populärer. Die Einen bewerten, die Nächsten sollen dadurch sehen, wo sich ein Praktikum lohnen könnte – und wovon man besser die Finger lässt.

Immer mehr Nutzer berichten auf Portalen wie prakti-test.de von ihren eigenen Erfahrungen

Immer mehr Nutzer berichten auf Portalen wie prakti-test.de von ihren eigenen Erfahrungen

„Ich habe im Grunde eine Sekretärin ersetzt: Telefondienst gemacht, Faxe verschickt, Tische eingedeckt, Getränke und Snacks besorgt. […] Einmal durfte ich dem Bildredakteur bei der Fotoauswahl über die Schulter schauen.“ Nicht gerade begeistert beschreibt hier ein Praktikant seine Zeit beim Nachrichtenportal derwesten.de.

Solche Bewertungen finden sich auf der Praktika-Seite der DGB-Jugend. Seit fünf Jahren haben Praktikanten dort die Chance, anderen von ihren Erfahrungen in einem Unternehmen zu erzählen. „Uns kam die Idee für das Portal, als gerade wahnsinnig viel über Ausbeutungspraktika berichtet wurde“, erzählt Jessica Heyser von der DGB-Jugend. „Wir wollten den jungen Leuten eine Plattform geben, auf der sie andere vor purer Ausnutzung warnen können – oder gute Stellen weiterempfehlen.“

Ähnliche Motive hatte auch André Meier, der Gründer von prakti-test.de. Als er auf Praktikasuche war, wollte er sich im Internet über die Erfahrungen anderer bei bestimmten Firmen informieren. Finden konnte er dabei nichts. „Dabei kann man im Internet doch eigentlich alles bewerten“, wunderte sich Meier und entschied, selbst Abhilfe zu schaffen.

Je mehr Bewertungen desto eindeutiger das Urteil

Inzwischen listet André Meier auf seiner Seite über 300 Bewertungen auf. Die Homepage der DGB-Jugend verzeichnet sogar knapp 2.000 Einträge. Einige Unternehmen wurden dort schon knapp zehnmal bewertet – oft mit ähnlichem Ergebnis. Umso mehr Praktikanten bewerten, desto wahrscheinlicher ist es, dass ein Praktikumsplatz richtig bewertet wird. Deshalb ist es wichtig, dass möglichst viele Praktikanten ihre Erfahrungen mit anderen teilen. „Wir bekommen  pro Woche etwa drei bis vier neue Bewertungen rein“, sagt Jessica Heyser.  Nach einem Artikel bei Spiegel Online vor einigen Wochen sei sogar die Bewertungsseite  zusammengebrochen. Und auch prakti-test.de verzeichnet monatlich wachsende Nutzerzahlen.

Nicht alle Bewertungen sind glaubwürdig

Seine Bewertung auf einem der Portale abzugeben ist kinderleicht. Einen Namen muss niemand angeben. Der Nutzer macht lediglich einige kurze Angaben – etwa über die Vergütung, den Praktikumsbetreuer oder ob die Urlaubstage frei gelegt werden durften. Anschließend verfasst der User einen Kommentar und schildert seine Erfahrungen.
Aber ist so eine anonyme Stellungnahme immer glaubwürdig? „Bei einigen Bewertungen hatten wir tatsächlich den Eindruck, die Firmen selbst hätten sie verfasst“, erzählt Jessica Heyser. Sollte ein solcher Verdacht entstehen, werden die jeweiligen Berichte von der DGB-Jugend dementsprechend gekennzeichnet.

Firmen die ihre Bewertungen sperren lassen, werden bei der DGB-Jugend namentlich genannt.

Firmen die ihre Bewertungen sperren lassen, werden bei der DGB-Jugend immer noch namentlich genannt.

Wie reagieren die Unternehmen auf eine Bewertung?

Besonders kleinere Firmen bekommen über Google meist schnell Wind davon, wenn ein ehemaliger Praktikant sie bewertet hat. Fällt die Bewertung auch noch negativ aus, werden viele Arbeitgeber schnell sehr ungemütlich. „Einige drohten gar direkt mit dem Rechtsanwalt“, so Jessica Heyser. „Wir wären auch durchaus bereit, für unsere Praktikanten vor Gericht zu gehen. Allerdings wollen die Nutzer sich diesen Stress nicht antun – verständlicherweise.“ Also gehen sie den einfachen Weg und lassen ihre Bewertung löschen.  Alle Firmen, deren Bewertungen gesperrt werden mussten, bleiben allerdings namentlich aufgelistet. Jessica Heyser: „Wie die Bewertung bei denen ausfiel, kann sich ja dann jeder denken.“

Über die Hälfte der Studenten sind rundum zufrieden

Doch wer denkt, die Bewertungsportale werden allein genutzt, um sich den Frust über verschwendete Zeit von der Seele zu schreiben, der irrt. „Im Ganzen haben unsere Nutzer mehr positive als negative Bewertungen verfasst. Das hat uns selbst ziemlich überrascht“, sagt André Meier. „Viele wollen eben auch ihre Zufriedenheit zeigen und anderen einfach eine gute Stelle empfehlen.“ So schreibt ein Nutzer nach seinen 24 Wochen bei BMW: „Es hat unglaublich viel Spaß gemacht. Meine Abteilung war super und jeder hatte für mich Zeit, wenn ich Fragen hatte. Sehr empfehlenswert.“ Sein Urteil: 5 Sterne.

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