Clownsvisite im Krankenhaus

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Montage: Falk Steinborn, Foto: sxc.hu, emospada, BrightyG, mfb1982

Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Aber kann Lachen wirklich heilen? Was macht ein „gutes“ Lachen aus? Hat der Humor vielleicht auch eine böse Seite? Gibt es kulturelle Unterschiede? Die pflichtlektuere ist diesen Fragen gemeinsam mit eldoradio* wissenschaftlich auf den Grund gegangen. eldoradio* sendet den Ultraschall im Zeichen des Humors, auf pflichtlektuere.com geht in dieser Woche jeden Tag ein Humor-Beitrag online. Im ersten Teil stellt Thomas Borgböhmer zwei Klinikclowns vor, die mit viel Engagement versuchen, kranken Kindern den Heilungsprozess im Krankenhaus ein wenig zu erleichtern.

Im Dortmunder Klinikum bekommt die Kinderkrebsstation K1 jeden Dienstag einen besonderen Besuch. Dann kommen die beiden Clowns Knolle und Wolke. Sie tragen weite Latzhosen, große Schuhe und bunte Hemden. Dazu natürlich einen Hut und eine große rote Nase. Eigentlich heißen die beiden Bernd Witte und David Henschel. Sie arbeiten für die „Clownsvisite“ als Klinikclowns.

Auch die Krankenhauseinrichtung wird phantasievoll genutzt. Da wird das Bett schon mal zu einem Schiff mit dem man nach Eldorado segelt. Foto: Thomas Borgböhmer

Auch die Krankenhauseinrichtung wird phantasievoll genutzt. Da wird das Bett schon mal zu einem Schiff, mit dem man nach Eldorado segelt. Foto: Thomas Borgböhmer

„Wir arbeiten immer als Pärchen“, sagt Witte während er aus Pias Zimmer geht. Er ist neben seiner Tätigkeit als Clown auch künstlerischer Leiter der „Clownsvisite“. „Zu zweit hat man bessere Ideen und eine gute Dynamik.“ Ziel der Clowns ist es, dass die jungen Patienten die Sorgen des Krankenhausalltags vergessen.

„Also das Wichtigste für unseren Beruf ist die Improvisation. Natürlich haben wir ein Grundgerüst“, sagt Henschel.“ Zum Beispiel einen roten und einen weißen Clown.“ Die Clowns müssen vor allem einfühlsam sein. „Es macht ja einen großen Unterschied, wenn im Zimmer ein vierjähriger Junge oder eine Gruppe von 15-jährigen Mädchen liegt“, erzählt Henschel.

Was konkret passiert, ist offen

Bernd Witte arbeitet schon seit 20 Jahren in einem Impro-Theater. Er wurde bei einem Casting ausgewählt und wurde Klinikclown. Foto: Thomas Borgböhmer

Bernd Witte arbeitet schon seit 20 Jahren in einem Impro-Theater. Er wurde bei einem Casting ausgewählt und ist seitdem Klinikclown. Foto: Thomas Borgböhmer

Zum Beispiel im Zimmer von drei jugendlichen Mädchen. „Na ja, manchmal können Mädels zickig sein. Kommt auf die Tagesform an“, sagt Witte und klopft vorsichtig an die Tür. Heute sind die Mädels gut drauf, zumindest zwei von ihnen, die andere schläft. Nun ist Wolke der doofe und Knolle der kluge Clown. Sie erzählen den Mädchen eine Liebesgeschichte, in der Wolke versucht sein Herzblatt Clementine zurückzugewinnen.

„Was soll ich denn machen?“, fragt Wolke in die Runde und guckt ganz traurig. „Du musst deiner Freundin was schenken“, antwortet Knolle. „Das ist doch klar. Vielleicht solltest du mal die beiden hier fragen.“ Und das macht Wolke dann auch. Schließlich geben die Mädchen dem Clown eine Rose und eine Packung Salzstangen – eine gute Mischung, um Clementine zurückzuerobern.

Keine bloße Zirkusvorstellung

„Wir versuchen eine Reaktion der Kinder zu bekommen. Dazu erzählen wir Geschichten mit einem Aufbau und einer Dramaturgie“, erklärt Witte das Konzept der Besuche. „Aber wir sind nicht gezwungen, lustig zu sein. Wenn die Stimmung traurig ist, sind wir auch mal mit den Kindern traurig.“ Dann werden Bilder gemalt, Lieder gesungen und andere kreative Sachen gemacht wie der Bau eines Armbands für Knolle: „Na, aber so ein dickes Handgelenk hat Knolle doch gar nicht. Ist ja eher ‘ne Halskette“, sagt Wolke und beobachtet die kleine Patientin. „Ach Wolke, dann wickeln wir es einfach mehrmals drum“, kontert Knolle und hilft dem Mädchen beim Zusammenstecken der magnetischen Stäbe. Am Ende ist das Armband viel zu groß und bricht auseinander. „Ich fang von vorne an“, sagt das kleine Mädchen strebsam. Knolle und Wolke versprechen, nachher noch mal reinzuschauen.

David Häntschel alias Wolke ist über seine Freundin und verschiedene Workshops in den Clownsberuf gerutscht. Foto: Thomas Borgböhmer

David Henschel alias Wolke ist über seine Freundin und verschiedene Workshops in den Clownsberuf gerutscht. Foto: Thomas Borgböhmer

Humor als Bewältigungsstrategie

„Also Humor hilft den kranken Kindern ungemein. Es bringt Schwung und Farbe in den Klinikalltag“, erklärt Häntschel. „Genau“, pflichtet ihm Witte bei. „Die Kinder sollen merken, dass es immer aufwärts geht. Da zählt der Moment, und letztlich sehen die Kinder die Dinge positiver.“

Tabea Scheel sieht das ähnlich. Sie ist Diplom-Psychologin an der Universität Leipzig und leitet eine Studie zum Thema „Humor macht Gesund“. „Es gibt insgesamt vier Humor-Stile. Zwei negative und zwei positive“, erzählt Scheel. „Und die beiden positiven Humor-Stile helfen vor allem der psychischen Verfassung.“ Die Klinikclowns benutzen die positiven Stile: den selbstaufwertenden und sozialen Humor.

Dadurch lassen sich Situationen besser verarbeiten. „Außerdem verringert es die Ängstlichkeit, steigert das Wohlbefinden und das Selbstwertgefühl“, sagt Scheel. „Und ein erhöhtes Wohlbefinden trägt auch zur Genesung bei.“

Studien noch nicht repräsentativ

Den Zugang zu den schwerkranken Kindern bekommen die Clowns durch Small Talk und lustige Situationen. In diesem Fall durch ein Gespräch von zwei Kuscheltieren. Foto: Thomas Borgböhmer

Den Zugang zu den schwerkranken Kindern bekommen die Clowns durch Small Talk und lustige Situationen. In diesem Fall durch ein Gespräch von zwei Kuscheltieren. Foto: Thomas Borgböhmer

Aber auch im Körper spielt sich beim Lachen eine Menge ab. So erhöht sich bei jedem Lacher der Puls, das Immunsystem wird angeregt und das Belohnungszentrum im Gehirn schüttet Endorphine aus. Das alles macht uns dann glücklich. „Allerdings ist das klinisch nicht 100 Prozent bewiesen. Wobei die Effekte bei Kranken schon gemessen wurden“, erklärt Scheel.

Für die beiden Klinikclowns ist der Effekt von Humor auch ohne Studien klar. „Ich sehe es den Kindern an, dass sie in den Momenten die Sorgen vergessen. Und wenn es nur ein Augenblick ist“, sagt Witte. „Außerdem ist es bei einem selbst doch genauso. Wer viel lacht, sieht Situationen entspannter und fühlt sich insgesamt wohler.“ Und dann klopfen die beiden an das nächste Zimmer. „Hallo, hier sind Knolle und Wolke“, ruft Knolle mit verstellter Stimme.

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