Anne Will talkt in Dortmund

Wenn es etwas gibt, mit dem Anne Will nicht gerechnet hat, dann ist es ein frisches Kölsch. „Das habe ich mir wohl selbst eingebrockt“, sagt sie, nimmt das Glas vom Tresen, grinst. Sie habe nicht erwartet, dass man ihr an einem solchen Abend ein Bier serviert, auch wenn man sich eins bestellt. Die Frau, die immer gut vorbereitet ist, war am Freitag  Abend zu Gast in der Talk-Sendung „Zoom – das Mediencafé“.

Anne Will und Sven Gösmann zu Gast bei Zoom. Foto Nike Laurenz

Anne Will und Sven Gösmann plaudern mit Nele Posthausen. Foto Nike Laurenz Teaser: Coletta Ehrmann/flickr.com

Eine Sendung,  die von Journalistik-Studenten der Technischen Universität Dortmund produziert wird. „Noch zehn Sekunden“, ruft die Aufnahmeleiterin, „noch fünf“ – das Licht im Studio dimmt. Zoom-Moderatorin Nele Posthausen – Journalistik-Studentin im dritten Semester – schaut mit wachem Blick in die Kamera. Und dann geht es los.

„Sie ist klug, charmant und immer gut vorbereitet.“ So kündigt Nele Posthausen Anne Will an – und soll Recht damit behalten. Die Polit-Talkerin passt genau zur Sendung, in der Studenten mit prominenten Gästen im Café-Ambiente über Medienthemen diskutieren. Anne Will gibt sich keck („Prost zusammen. Was zu trinken macht die Zunge flüssig.“) und persönlich („Ich gehe seit neustem ins Fitnessstudio.“).

Mit Nele Posthausen spricht die Power-Frau des Ersten Deutschen Fernsehens über die Relevanz öffentlich-rechtlicher Sender. „Der Auftrag ist nach wie vor die Grundversorgung. Anders als bei Spartenprogrammen, die eine bestimmte Zielgruppe haben. Wir berichten für alle Menschen.“ Nele Posthausen quatscht locker mit Will, es ist angenehm, den beiden zuzuhören. Die 22-jährige Moderatorin lacht, wenn sie was lustig findet, ist bei der Sache, wenn es um was Ernstes geht.

Kein Lampenfieber

Auch in der Make ist Anne Will ganz locker. Foto Nike Laurenz

Auch in der Maske ging es bei Zoom ganz locker zu. Foto Nike Laurenz

Anne Will hat kein Lampenfieber, das merkt man ihr an, und sowieso: „Druck vor Sendungen habe ich nie.“ Zwei Millionen Menschen schauen Wills politische Talkshow jede Woche – und Will selbst, die bleibt cool. „Mein Traum-Medium ist eigentlich das Radio. Wenn die Kameras angehen, sind die Menschen anders.“ Anne Will engagiert sich für die Gleichstellungsinitiative „Pro Quote“. Sie wünsche sich, dass die „Sportschau“ mal wieder von einer Frau moderiert wird. Und doch: „In der Sportberichterstattung gehen die Zuschauer mit Frauen gnadenloser um, als mit Männern.“

Eine Viertelstunde später holt Nele Posthausen den zweiten Studiogast auf die Bühne. „Wir haben hier ein Puzzle vorbereitet“, sagt Nele, „und dabei soll Sven Gösmann helfen.“ Applaus, der Chefredakteur der Rheinischen Post in Düsseldorf setzt sich neben Will aufs weiße Sofa. Gemeinsam puzzlen die Medienprofis auf dem kleinen Tisch vor sich – fast wie zu Hause, wenn Sven Gösmann mit seinen beiden Kindern spielt. Dann ist das Motiv aber wahrscheinlich ein anderes, zeigt nicht den SPD-Bundestagsabgeordneten Martin Dörmann. Der schlägt vor, Zeitungen durch Bund und Länder künftig finanziell abzusichern, um die Medienvielfalt zu erhalten.

„Zeitungsschließungen einzeln betrachten“

Anne Will und Sven Gösmann waren zu Gast bei Zoom. Foto Nike Laurenz

Anne Will und Sven Gösmann waren zu Gast bei Zoom. Foto Nike Laurenz

Nichts, wovon Sven Gösmann etwas hält. Jede Zeitungsschließung der vergangenen Monate sei bedauerlich gewesen. „Aber diese Fälle müssen einzeln betrachtet werden.“ Als Nele Posthausen ihn auf die Schließung der Westfälischen Rundschau in Dortmund anspricht, wird er sehr ernst: „Wie mit diesen Menschen umgegangen wird, ist einfach nicht in Ordnung.“ Und auch bei dem Thema „Verhältnis zwischen Medien und Politik“ verändert sich Gösmanns Miene nicht. Gibt es in Dortmund Politiker, die versuchen, lokale Berichterstattung zu beeinflussen? Sven Gösmann sagt: „Ja. Oberbürgermeister Ullrich Sierau kommt immer gleich mit dem Anwalt. Sierau ist eine hochempfindliche Persönlichkeit.“

Offene Worte in heimischer Atmosphäre

Es sind die mutigen, offenen Worte wie diese, die die Zoom-Sendung so interessant machen. Vielleicht ist es die heimelige Atmosphäre – Sofas, Plätzchen, warmes Licht – die dazu beiträgt, dass die Talk-Gäste sich offensichtlich wohl fühlen.

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