Duell: Längere Ladenöffnungszeiten – ja oder nein?

Duell Henrik vs Janna

Der Diskurs über die Ladenöffnungszeiten hat in Deutschland Tradition. Seit 1900 bereits regelt der Staat den Ladenschluss mit Gesetzen –bis dahin war es üblich, dass die Geschäfte sieben Tage in der Woche offen waren. Mitte des 20. Jahrhunderts wurden die Öffnungszeiten dann drastisch beschnitten, später wieder liberalisiert. Eigentlich gibt es dafür ein Bundesgesetz, aber jedes Land hat seine eigenen Regeln. In Nordrhein-Westfalen dürfen Geschäfte unter der Woche öffnen, wann sie wollen. Damit könnte bald Schluss sein: Die Regeln sollen wieder einmal überprüft werden. Doch was ist eigentlich besser: Ein später oder ein früher Ladenschluss? Das meinen unsere pflichtlektüre Redakteure Henrik Veldhoen und Janna Cornelißen dazu:

FRÜH SPÄT
Rund um die Uhr einkaufen – das muss nicht sein. Ein Kompromiss ist, wie so oft, die Lösung: Die Geschäfte sollten von 7 bis 21 Uhr öffnen. Das reicht vollkommen. Noch bis Mitte der Neunziger Jahre schloss die letzte Kasse um 18.30 Uhr, an Samstagen sogar um 14 Uhr. Und die Leute haben trotzdem etwas zu essen gehabt.Später Ladenschluss rentiert sich nichtSicher, es gibt heute mehr Berufstätige, die bis in die späten Abendstunden arbeiten müssen. Aber niemand ist jeden Tag 14 Stunden am Stück unterwegs. Zwischen 7 und 21 Uhr sollte jeder Zeit haben, in ein Geschäft zu fahren.

Die verlängerten Öffnungszeiten rentieren sich nicht, argumentieren zudem die Gewerkschaften. So hat dieSupermarkt-Kette „Kaufland“ etwa nach rund einem Jahr ihren Ladenschluss von 24 auf 22 Uhr vorverlegt. Trotzdem: Eine gesetzliche Beschränkung der Öffnungszeiten ist wichtig. Denn die Öffnungszeiten pendeln sich eben nicht von selbst ein.

Von langen Öffnungszeiten profitieren die Großen

Der Grund: Konkurrenzdruck. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen oder Fachhändler sind chancenlos gegen eine große Kette, deren Filiale einen Vollzeitbetrieb viel leichter stemmen kann. Von der 2006 in Kraft getretenen Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten profitieren vor allem die Großen.

Angestellte sind die Leidtragenden

Leiden müssen unterdes die Angestellten. Für sie sind die langen Öffnungszeiten oftmals eine Belastung. Sie müssen sich an den Arbeitsplatz anpassen und flexibel sein – gerade für Eltern ist das nicht leicht. Auch hat der späte Ladenschluss kaum Entlastung auf dem Arbeitsmarkt geschaffen: Statt mehr Stellen gebe es nun einfach mehr Zeitarbeiter im Handel, bemängeln die Gewerkschaften.

Unser tägliches Leben, es wird immer schneller. Wir sind rund um die Uhr erreichbar, können zu jedem noch so entlegenen Winkel der Erde aufbrechen. Ein früherer Ladenschluss sorgt für ein wenig Ruhe am Abend. Das könnte uns als Menschen auch einfach mal gut tun.

Unser Feierabend verschiebt sich immer weiter nach hinten. Studenten haben teilweise bis 20 Uhr Vorlesungen. Muss man dann noch eine längere Strecke nach Hause pendeln, ist man vor neun oft nicht zuhause. Der Blick in den Kühlschrank ist dann erschreckend: Absolute Leere. Jetzt noch schnell zum Supermarkt einkaufen. Oder eben auch nicht. Werden die Ladungsöffnungszeiten wieder verkürzt, haben manche dann überhaupt keine Chance mehr ihre Mägen zu füllen. Aus der Not heraus wird dann zu übriggeblieben Keksen oder Chips gegriffen. Und genau das wird ja angeprangert. Man soll sich doch ausgewogen ernähren.

Viele arbeiten gern abends

Ein Argument gegen die Öffnungszeiten nach 20 Uhr ist, dass die Mitarbeiter geschützt werden sollen. Es gibt aber garantiert auch viele Menschen, die gerne abends Arbeiten. Wenn man Kinder hat und beide Elternteile arbeiten gehen, könnte einer die Kinder abends betreuen und der andere Tagsüber. Außerdem hätten Studenten oder Schüler abends Zeit zum jobben und würden dann statt Kellnerjob eben im Supermarkt arbeiten. Es wäre einfach nicht mehr Zeitgemäß wenn alle Läden wieder um 20 Uhr die Pforten schließen. Nicht nur das Studium zieht sich immer mehr in den Abend hinein. Auch die Arbeitszeiten im Beruf sind schon lange von Überstunden geprägt.

Lebensmittel wichtiger als Klamotten

Man muss ganz klar zwischen Lebensmittelgeschäften und Klamottenläden unterscheiden. Noch etwas Essbares für den Abend zu ergattern ist natürlich wichtiger als seinem Drang nach Konsum nachzugehen. Hier könnte man auf die langen Öffnungszeiten verzichten. Der „böse“ Wirtschaftliche Aspekt sagt auch einiges über längere Zeiten aus. Es ist nachgewiesen, dass vor allem zwischen 20 Uhr und 22 Uhr die Läden gut genutzt werden. Die Supermarktketten „REWE“ und „Penny“ geben an, dass bis zu zehn Prozent des Wochenumsatzes zwischen 20 Uhr und 22 Uhr erwirtschaftet wird. Wenn die Öffnungszeiten wieder verkürzt werden droht ein Abbau von Stellen. Wir leben einfach in einer Zeit, in der Verfügbarkeit und lange Nächte Standard sind. Diesen Umstand kann man sicherlich anprangern. Doch die Ladenöffnungszeiten sollten sich diesem Wandel anpassen, alles andere wäre altmodisch und überholt.

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Foto: stockxchng/bizior, Montage: Steinborn/Hückelheim/Brüning, Teaserfoto: pixelio.de/tokamuwi

2 Comments

  • TS sagt:

    Bis 22 Uhr geöffnete Läden? Ja verdammt, das wäre „GEIL“ – aber im konservativen Bayern (zumindest auf dem Land, da wo ich momentan – leider – noch wohne) gibt’s das nicht, hier ist um 20 Uhr schluss! (und 2 Minuten danach klappen die Bürgersteige nach oben – so kommt es einem zumindest vor…in meinem kleinen Dorf ist es noch schlimmer: 18 Uhr und kurz darauf ist der Ort ziemlich ausgestorben!)

    Ich muss gestehen das ich es genießen würde, wenn ich z.B. nach einem Kino-Besuch am Abend noch einkaufen könnte (und wenn es nur etwas für die Mikrowelle bzw. eine Dosensuppe ist – die ist immer noch gesünder als einfach zu McDonald’s zu gehen, was ich jetzt meist mache, wenn ich Abends ausgegangen bin und noch hunger habe!)

  • Michael Jochimsen sagt:

    Janna, du schreibst: „Es ist nachgewiesen, dass vor allem zwischen 20 Uhr und 22 Uhr die Läden gut genutzt werden. Die Supermarktketten “REWE” und “Penny” geben an, dass bis zu zehn Prozent des Wochenumsatzes zwischen 20 Uhr und 22 Uhr erwirtschaftet wird.“

    Ist das ein Beweis für diese Behauptung? Schließlich würden schon bei gleicher Verteilung der Einkäufe über den ganzen Tag bei einer Öffnungszeit von 8 – 22 Uhr ca. 15 Prozent aller Einkäufe zwischen 20 und 22 Uhr getätigt werden. Wenn überhaupt, wären zehn Prozent also eher noch weniger als der Durchschnitt, statt ein Beweis für die gute Nutzung am späten Abend.

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