Guttenbergs Afghanistan-Show: Darf man sowas?

Duell am Donnerstag

Deutschlands Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ist kurz vor Weihnachten noch einmal nach Afghanistan gereist. Doch er kam nicht allein. Dabei waren unter anderem seine Ehefrau Stephanie und der Fernsehmoderator Johannes B. Kerner. Schnell war von Guttenbergs Afghanistan-Show die Rede. Darf man sowas?

PRO CONTRA
Ja, darf man. Während der Spiegel ironisch „Viel Guttenberg-Glamour und eine Prise Wahrheit“ titelt und die Süddeutsche über den Dresscode der First Lady witzelt, muss man die Situation betrachten, wie sie ist: Stephanie zu Guttenberg war als erste Ministergattin mit politischer Funktion mit auf Dienstreise. Nicht mehr und nicht weniger. Nur ist das in Deutschland bis dato ein ungewöhnliches Ereignis. Während im Ausland die Personalisierung von Politik, siehe Nicolas Sarkozy und Carla Bruni oder auch die Obamas, kaum kritisiert wird, spielen hier gleich Opposition und Medien verrückt.

Bislang war die Begleitperson deutscher Minister auf offiziellen Auslandsreisen Privatsache. Stephanie von Guttenberg durchbricht diese Gewohnheit; sie emanzipiert sich und äußert bewusst den Wunsch: Ich möchte vor Ort sein, die Arbeit von meinem Mann und die Geschehnisse vor Ort mit eigenen Augen sehen. Das ist ihr gutes Recht als Partnerin des Verteidigungsministers, denn ein Ministeramt wird nicht nur von einer Person getragen, sondern von der gesamten Familie.

Positive Resonanz von den Soldaten

Umso mehr noch, wenn Plätze im Flieger unbesetzt sind und die Grand Dame die Reise aus eigener Tasche bezahlt. Auch sonst hat Stephanie zu Guttenberg kleine Brötchen gebacken; als Teilnehmerin der Ministerdelegation hatte sie den gleichen Anweisungen zu gehorchen, wie jeder andere auch. Da gehörte kein fünf-Sterne-Menü im Ritz dazu, sondern das Kantinenessen.

Wer kann hier also verübeln, den Soldaten ein bisschen vorweihnachtliche Wärme aus der Heimat zu überbringen? Während ihr Mann beschäftigt war, suchte die Freiherrin vor allem Kontakt zu deutschen Soldatinnen und besuchte ein Feldlazarett – von schwachen Nerven kann hier nicht die Rede sein. Laut einer Studie von Emnid stehen gut zwei Drittel der Deutschen hinter den Guttenbergs. Und unabhängig von Sympathiepunkten oder politischen PR-Unterstellungen, es ist eine menschliche Geste, die positiv und dankbar von den Soldaten vor Ort angenommen wird. Und darauf kommt es an.

Nein, darf man nicht. Denn in Afghanistan herrscht Krieg. Und wer in der Welt hat das Recht, sich auf Kosten der vielen tausenden von Opfern, die dieser Krieg schon forderte, zu profilieren? Niemand. Da darf es doch keine zwei Meinungen geben, egal, wie man auch zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan stehen mag.

Afghanistan ist im Moment das schwierigste und dunkelste Kapitel der deutschen Außenpolitik und ist daher ein Bereich, der mit der höchsten Ernsthaftigkeit behandelt werden muss. Tausende Tote, Verletzte, Vertriebene und jene, die das Erlebte einfach nicht verkraften können und schwere psychische Schäden davontragen. Und mittendrin sitzt zu Guttenberg, zusammen mit seiner Frau und Johannes B. Kerner, und talkt ganz entspannt über Gott und die Welt, während rund um ihn herum der blutige Krieg tobt. Herzlichen Glückwunsch, Herr Minister, was für ein Bild!

Einfach nur geschmacklos

Dass die Absurdität und Geschmacklosigkeit seiner Selbstinszenierung zu Guttenberg selbst nicht auffällt, kann ich nur mit einem traurigen und etwas ungläubigen Kopfschütteln quittieren. Der Verteidigungsminister ist von den seriösen Gefilden der großen Politik auf die sicher noch größere und vor allem glänzendere Bühne der Show gewechselt. Und dass, obwohl er der zurzeit beliebteste deutsche Politiker ist, einer der wenigen, dem die Bevölkerung noch mehrheitlich das Vertrauen schenkt. Und in Zeiten, in denen Wahlversprechen seltener eingehalten werden, als gute Vorsätze fürs neue Jahr, ist Vertrauen in der Politik doch eines der wichtigsten Güter.

Hoffen wir also einfach, dass zu Guttenberg ob dieser Pietätlosigkeit schon bald die Quittung präsentiert kriegt – in Form von drastisch fallenden Umfragewerten. Und hoffen wir, dass er darauf auch angemessen reagiert und in Zukunft seine Frau und den Talkmoderator seines Vertrauens einfach zu Hause lässt. In Afghanistan ist doch sicherlich genug zu tun, als dass ihm ohne die beiden langweilig würde.

2 Comments

  • christian sagt:

    Den Guttenbergs zu unterstellen, sie würden sich auf Kosten der Opfer profilieren, ist geschmacklos. Er besucht stattdessen in der Vorweihnachtszeit Deutsche, die tausende Kilometer von ihrer Familie entfernt das ganze Jahr über einen lebensgefährlichen Einsatz für Deutschland tun. Jeder Chef eines mittelständischen Unternehmens, der etwas von Mitmenschlichkeit versteht, lädt seine Mitarbeiter um diese Zeit auf Kosten des Hauses zur Weihnachtsfeier ein und dankt ihnen dadurch. Guttenberg ist kein Chef eines mittelständischen Unternehmens, sondern Minister. Es wäre pietätloser, wenn er seine „Mitarbeiter“ nicht besuchen würde.

    Stattdessen lenkt Guttenberg zusammen mit Kerner die Aufmerksamkeit auf den schwierigen Dienst der Soldaten nach dem Motto: „Wie geht es eigentlich denen?“ Das ist auch unter journalistischen Kriterien sinnvoll, weil daran ein öffentliches Interesse besteht.

    „Afghanistan ist im Moment das schwierigste und dunkelste Kapitel der deutschen Außenpolitik und ist daher ein Bereich, der mit der höchsten Ernsthaftigkeit behandelt werden muss. Tausende Tote, Verletzte, Vertriebene und jene, die das Erlebte einfach nicht verkraften können und schwere psychische Schäden davontragen.“

    Und was wäre ohne den Einsatz der Bundeswehr dort? Sollen wir lieber die Taliban wüten lassen und so tun, als ginge uns das nichts an? Sollen wir dabei zusehen, wie die Islamisten ein brutales, menschenverachtendes Regime errichten, Frauen und Andersdenkende unterdrücken und das Land zu einem riesigen Ausbildungslager für den Terrorexport zu machen? Und uns später fragen lassen müssen: „Warum habt Ihr nichts getan?“

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