Deutschland, dein Stipendium

Zum Sommersemester 2011 startet ein neues staatliches Stipendienprogramm an allen deutschen Hochschulen. Doch schon jetzt erntet das Förderprogramm viel Kritik. Taugt das neue Stipendium etwas?

Studentin lernt

Leistungsstarke Studenten sollen gefördert werden. Foto: scx.hu/lusi

Das sogennante Deutschland-Stipendium unterstützt begabte Studenten mit 300 Euro im Monat. Förderkriterien für Stipendiaten sind überragende Studienleistungen, gesellschaftliches Engagement und der persönliche Werdegang. Finanziert wird das Förderprogramm jeweils zur Hälfte vom Bund und von privaten Förderern, wie Unternehmen, Stiftungen oder Privatpersonen. Nach Angaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wird es Deutschland in Zukunft an fachlich spezialisierten Arbeitskräften mangeln. Gleichzeitig strömen immer weniger junge Menschen auf den Arbeitsmarkt. Grund genug, ein neues staatlich gefördertes Stipendien-Programm einzurichten, so das Ministerium.

Kritik kommt von der Opposition

Doch an den Plänen gibt es Kritik: Die Opposition aus SPD, Grünen und Linken, sowie Sozialverbände kritisieren das Deutschland-Stipendium als Elitenförderung, die  leistungsstarke Studenten bevorteile. Diese stammten oftmals schon aus einem besser situierten Elternhaus und müssten sich ohnehin nicht um die Finanzierung ihres Studiums sorgen. Das Geld sollte besser für den weiteren Ausbau des BAföG eingesetzt werden. Bundesbildungsministerin Annette Schavan widerspricht diesen Argumenten. Für sie sind „BAföG und Stipendium zwei Seiten einer Medaille“. Mit der inzwischen beschlossenen BAföG-Erhöhung sei Studierenden geholfen, deren Eltern nicht über das Einkommen verfügten, ihren Kindern das Studium zu finanzieren. Das Deutschland-Stipendium hingegen unterstütze diejenigen, die besonders gute Leistungen erbrächten.

Unabhängige Lehre mit privaten Fördergeldern?

Geld

300 Euro bringt das Stipendium. Doch woher kommt das Geld? Foto: pixelio.de/Lilo Kapp

Auch an der Finanzierung selbst scheiden sich die Geister. Bei der Konzeption des Stipendiums orientierte sich die Regierung an Ländern wie den USA oder Japan, die mehr als zwei Drittel ihres Hochschulbudgets aus privaten Quellen schöpfen. Ein Schritt in Richtung Privatisierung der Hochschulbildung? Britta Freis, Fundraiserin (Spendensammlerin) an der Ruhr-Universität Bochum, ist anderer Meinung: „Die finanzielle Grundversorgung von Forschung und Lehre ist ja nach wie vor eine staatliche. Warum sollen darüber hinaus nicht noch unterstützende Gelder aus der Wirtschaft fließen?“ Die Entscheidungen über die Stipendien träfen letztendlich immer noch die Universitäten, die Unternehmen hätten eher eine beratende und fördernde Funktion.

Nach Angaben des Deutschen Studentenwerks erhielten 2009 rund 60.000 Studierende in Deutschland finanzielle Unterstützung aus einem Stipendium. Diese Stipendien werden nicht staatlich finanziert, sondern kommen von Begabtenförderungswerken, die beispielsweise an Parteien, Unternehmen oder Kirchen angeschlossen sind. Mit dem staatlichen Deutschland-Stipendium sollen nun langfristig 160.000 Studierende unterstützt werden.

MINT-Fächer im Vorteil?

Doch es gibt noch einen weiteren Kritikpunkt: die Verteilung der Stipendien auf die verschiedenen Fakultäten. In Zeiten, in denen die sogenannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) auf dem Arbeitsmarkt hoch im Kurs stehen, könnte es für wirtschaftlich nicht so interessante Fachbereiche wie zum Beispiel den Geisteswissenschaften schwer werden, Fördermittel aufzutreiben. Also Stipendien nur für wirtschaftlich interessante Studenten? „Das wird schon allein deshalb nicht passieren, da innerhalb des Deutschland-Stipendiums ein Drittel der Stipendien fachungebunden angeboten werden muss. Hier werden Stipendien frei ausgeschrieben und jeder Student, egal welcher Fachrichtung, kann sich darauf bewerben“, sagt Britta Freis.

Lernen

Wer das Stioendium haben will, muss zu den Besten zählen. Foto: pixelio.de/Stephan Bachmann

Auch an der Universität Duisburg-Essen (UDE) werden innerhalb des Deutschland-Stipendiums die fachungebundenen Stipendien angeboten. Petra Bölling, Leiterin der Hochschulförderung an der UDE, präzisiert den Ablauf: „Die ‚freien Stipendien’ werden in einer Auswahlkommission auf die Fakultäten verteilt, zum Beispiel zur Förderung von leistungsstarken Studierenden mit Migrationshintergrund, weiblichen Studierenden, Studierenden aus Nichtakademikerfamilien, Studierenden mit besonderem sozialen Engagement oder besonderen Pflege- oder Erziehungsverpflichtungen.“

BaföG versus Stipendium

Stipendiaten anderer Begabtenförderungen betrachten das neue Deutschland-Stipendium mit gemischten Gefühlen. Benjamin Buer, 28, Botanikdoktorand bei der International Max Planck Research School, sieht das Deutschland-Stipendium positiv. Würde man das Geld statt für das Stipendium für das BAföG verwenden, so profitierten davon auch viele Studenten unverdienterweise. Etwa solche, die noch nicht so lange studieren oder die ihr Studium nicht  gezielt verfolgen und es später abbrechen. „Mit einem Stipendium werden die Menschen erreicht, die wirklich hart für ihr Studium arbeiten und schon Erfolge nachweisen können“,  sagt Benjamin Buer. Fabian Scheidel ist Stipendiat bei der Studienstiftung des deutschen Volkes. Der 23-jährige Geisteswissenschaftler ist der Meinung, dass das BAföG ausgebaut werden muss. Trotzdem glaubt er nicht, dass die Mittel, die für das Stipendium verwendet werden, bei der Masse der BAföG-Empfänger etwas ausrichten würden.

Von unserer Mitarbeiterin Sonja Klaverkamp

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