Hörsaalbesetzer rüsten sich fürs Danach

Besetzte Hörsäle, Demonstrationen, Diskussionen im großen Kreis und sogar Verletzte – der Bildungsstreik ist weiterhin in vollem Gange. Bleiben die Fragen: Wie ist der aktuelle Stand und wie geht es weiter in den nächsten Tagen, nachdem die Studenten in Bochum und an der Uni Duisburg-Essen die besetzten Hörsäle schon räumen mussten?

Weg mit den Gebühren

Der Hörsaal 1 im Emil Figge-Gebäude 50 bleibt besetzt.

An der Ruhruniversität in Bochum sind Rektorat und Besetzter derzeit nicht gut aufeinander zu sprechen. Grund: Ein Konzert der Symphoniker, das am Donnerstag und Freitag Abend im Audimax stattfand, sorgte für Differenzen. 200 Freikarten gab es von den Symphonikern für die Studenten, die am Dienstag den Audimax räumen mussten. Doch die Hörsaal-Besetzer sehen sich unrecht behandelt. Das Konzert sei nur ein Vorwand gewesen, den Audimax räumen zu lassen. Die Symphoniker selbst hätten gar nichts gegen eine Raumänderung gehabt. Das Rektorat wiederum will sich nicht als Lügner darstellen lassen. „Heute hatten wir daher noch einmal ein Gespräch mit dem Rektorat. Inhaltlich ist dabei eher wenig heraus gekommen. Es ging schließlich eher darum, ob die Räumung nun legitim war oder nicht. Da standen verwaltungstechnische Aspekte im Vordergrund“, erklärt Jan Keitsch, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit beim Bochumer AStA. Der Redebedarf ist groß, das Gespräch selbst brachte die Diskussion um die Forderungen der Studenten jedoch kaum nach vorne.

Solidaritätserklärung erwartet

Nachdem der Audimax nun also den Symphonikern lauscht, plant der AStA anders weiter. „Nächsten Donnerstag findet die nächste Vollversammlung statt. Auf die wollen wir uns gründlich vorbereiten, um unsere Forderungen präzise formulieren zu können“, sagt Keitsch. Die Vollversammlung habe nun Vorrang, von sonstigen Aktionen im Rahmen des Bildungsstreiks wolle man vorerst absehen, um eben bestmöglich vorbereitet zu sein. „Ob es danach zu einer neuen Hörsaalbesetzung kommt, steht noch nicht fest“, so Keitsch, für den die Prioritäten klar gesetzt sind. Er ist außerdem gespannt wie der Konzertabend der Symphoniker verläuft. „Es ist eine Solidaritätserklärung von den Symphonikern angekündigt“, so Keitsch.

Aus Duisburg-Essen sind ganz ähnliche Töne zu vernehmen. Ohne besetzten Hörsaal im Rücken stand am Mittwoch eine Diskussion mit NRW-Innovationsminister Andreas Pinkwart auf dem Programm (pflichtlektüre berichtete). Zufrieden war Jan Bauer vom dortigen AStA mit der Beteiligung der Studenten: „Etwa 1000 Studierende, die den Weg gefunden haben. Auch von anderen Unis.“ Er schätzte die Veranstaltung im Nachhinein als durchaus konstruktiv ein und über weite Strecken friedlich. Unzufrieden war Bauer jedoch über das abrupte Ende der Diskussion: „Eine Studentin meinte, es sei genug gesprochen, sie wolle nun demonstrieren gehen.“ Die Veranstaltung im großen Kreis war beendet – für Bauer kaum nachvollziehbar. „Mit Diskussion ist aus unserer Sicht viel mehr zu erreichen, was sollen wir mehr tun, als den Studierenden diese Möglichkeit zu bieten?“ In kleiner Runde ging die Diskussion schließlich weiter. Ergebnis: Das Rektorat sei auf jeden Fall zu Gesprächen bereit. „Das sind ja auch viele Studenten, die die Diskussion lieber friedlich führen wollen“, ist sich Bauer sicher. Für den AStA sind aber auch auf Grund der Vorkommnisse gestern, weitere Aktionen rund um den Bildungsstreik gestorben. „Das heißt nicht, dass wir uns damit nicht auseinander setzen, aber wir wollen die Probleme auf eine andere Weise lösen.“

Breites Fundament schaffen

In den nächsten Tagen soll es nun darum gehen möglichst viele Studenten zu mobilisieren, sich friedlich der Diskussion anzuschließen. „Ein gemeinsamer Konsens ist nötig, nur zusammen schaffen wir etwas. Wir werden versuchen ein neues Forum zu initiieren, eines, das nicht nur AStA-tragend ist, um damit ein breites Fundament für weitere Gespräche zu schaffen“, erklärt Bauer. Das setze Kompromissbereitschaft bei allen voraus.

Dieser Hörsaal ist besetzt.

Dieser Hörsaal ist besetzt.

Wichtig sei es nun konkrete Forderungen zu formulieren und einen neuen Leitfaden zu erstellen. „Was können wir direkt an der Uni machen und was geben wir der Politik in die Hand.“ Wenn dann die neuen Forderungen ausgearbeitet sind und NRW-Innovationsminister Pinkwart darüber schaut, ist Bauer sich sicher, dass der nicht sagen wird ‚Super so machen wir es, das setzen wir um’, diese neuen Forderungen jedoch wolle man dann verteidigen. „Aber ohne Krawall. Die Bereitschaft dazu ist da. Ordnungswidrigkeiten schaden hingegen nur dem Ansehen unseres wichtigen Anliegens“, so Bauer.

Besetzung fortführen

In Dortmund ist der Hörsaal im Emil Figge-Gebäude 50 noch besetzt. Mindestens bis Freitag. Das Rektorat hat versprochen bis dahin sämtliche Veranstaltungen umzulegen. Die Besetzer rechneten am Donnerstag zwar mit einem weiteren Erscheinen von Rektorin Ursula Gather, doch diese traf sich mit Pinkwart und anderen Rektoren zu einem Gespräch. Wie es Freitag in Dortmund zugehen wird, bleibt abzuwarten. Fakt ist: „Viele wünschen sich die Besetzung über den Freitag hinaus aufrecht zu erhalten. Aber wer sich wie entscheidet, bleibt dann jedem selbst überlassen“, sagt Diego Di Bartolo, der im Arbeitskreis Presse beschäftigt ist. Bis dahin tagen die Arbeitskreise weiter und mit vielen Kreativaktionen sollen immer mehr Studenten mobilisiert werden. „Heute fand zum Beispiel eine Creditpoint-Jagd statt“, berichtet Di Bartolo. Ein Fußball, der den Creditpoint symbolisierte, wurde in die Hörsäle gegeben und den Studenten zugeworfen, die diesen schließlich jagen mussten. In einem offenen Brief bedankten sich die Studierenden für die Unterstützung der Lehrenden der TU, baten sie um konstruktive Rückmeldung sowie um die weitere Teilnahme an der Debatte.

Unterkriegen lassen will sich niemand, auch wenn die Hörsäle geräumt werden, soll der Protest weitergehen. Forderungen werden konkretisiert und sollen neue Erfolge bringen.