Die Busse der Zukunft

Die H-Bahn bringt viele Dortmunder Studenten regelmäßig zur Uni und nach Hause. Und das vollkommen selbstständig und ohne Fahrer. Doch was wäre, wenn bald ein autonomer Bus diesen Dienst übernehmen würde? Ob Roboterbusse reine Zukunftsmusik sind oder schon bald Teil des deutschen Nahverkehrs sein könnten, hat die Pflichtlektüre recherchiert.

Riesige Bagger reißen in der Innenstadt Dortmunds und an der TU Dortmund den Asphalt auf. Laut dröhnende Presslufthammer stemmen Löcher in den Boden der Parkplätze. Am Rand stehen schon Gärtner mit Muttererde bereit, um anschließend Tulpen, Rosen und Gras einzupflanzen. Die ersten neuen Biergärten auf den dann ehemaligen Parkflächen sind bereits in Planung. Tiefgaragen werden zu kulturellen Treffpunkten oder zu Studentenbuden umgebaut.

Der Future Bus von innen.  Bild: Daimler AG

Was verrückt klingt, könnte in Zukunft tatsächlich Realität sein. Und das auch in Dortmund. Die Ursache für diese Veränderungen könnte ein Fahrzeug sein, das wir alle fast täglich benutzen: der Bus. Genauer gesagt der autonome Bus. Das zumindest besagt eine Studie aus dem Jahr 2016 des Weltverkehrsforums, einer internationalen Organisation der OECD. Laut dieser würde das Verkehrsaufkommen durch den Einsatz autonomer Busse um rund 37 Prozent zurückgehen. Das würde unter anderem dazu führen, dass der Hauptteil der Parkplätze nicht mehr benötigt würde und für andere Zwecke verwendet werden könnte.

Bestellung per App

Autonome Busse sollen der Studie zufolge aber nicht nur die Lösung für unsere heutigen Stau- und Parkplatzprobleme sein. Sie sollen auch unsere privaten Autos ersetzen und unseren Nahverkehr grundlegend verändern. Das ultimative Ziel wären Roboterbusse, die sich überall und ohne feste Strecken durch die Stadt bewegen – selbstständig und nur mithilfe von Sensoren- und Kameratechnik. Jeder könnte sich einen Bus per App auf dem Smartphone nach Hause bestellen. Dieser würde seine Haltestellen dann so organisieren, dass jeder Fahrgast ohne Umstieg und so schnell wie möglich an sein Ziel kommt. Und das alles gäbe es zu den heutigen Nahverkehrs-Preisen.

Busse, die das könnten, gibt es bereits. In der Garage des Autoherstellers Daimler beispielsweise steht der sogenannte Future Bus. Dieser soll unseren Nahverkehr ergänzen. Gänzlich abschaffen möchte Daimler die heutigen Busse nämlich nicht. Bisher darf das riesige, silberne und etwas futuristisch anmutende Fahrzeug jedoch noch nicht eigenständig durch unsere Straßen rollen, sagt der Projektleiter des Future Bus, Arno Prüllage:  

 

Johannes Weyer. Bild: Fabian Adelt (2017)

Auch Ethiker warnen vor Sicherheits-Problemen. Wie etwa soll sich das autonome Fahrzeug entscheiden, wenn vor ihm ein Hindernis auftaucht, dem es nur ausweichen kann, wenn es einen Menschen überfährt ? Schützt es dann seine Insassen oder die Person auf der Straße? Auch Johannes Weyer, Professor für Techniksoziologie an der TU Dortmund, hat sich mit diesen Gedankenexperimenten auseinandergesetzt. Er hält solche sogenannten Dilemma-Situationen einerseits für unlösbar, glaubt aber auch, dass so etwas nur sehr selten vorkommen wird. Die eigentlichen Probleme sieht er deshalb an anderer Stelle:

 

Auch auf gesetzlicher Ebene ist noch vieles unklar. Wer haftet zum Beispiel, wenn der Bus einen Unfall verursacht? Einen Fahrer gibt es dann ja nicht mehr. Für die autonomen Busse müssen also zunächst einmal neue Gesetze geschaffen werden. Wegen solcher Fragestellungen dürfen Roboterbusse in Deutschland zurzeit nur auf Teststrecken fahren. In anderen europäischen Ländern, wie etwa in Finnland oder in der Schweiz, sind bereits einige selbstfahrende Busse auf öffentlichen Straßen und mit Fahrgästen unterwegs. Deshalb befürchten einige Experten auch, dass Deutschland den technologischen Anschluss verlieren könnte. „Gerade im Bereich Hochtechnologie sind andere Länder mit uns gleich auf und wir haben da keinen großen Vorsprung, auf dem wir uns ausruhen können“, sagt beispielsweise Christoph Marquardt. Er hat an der TU Dortmund Raumplanung studiert und ist heute Geschäftsführer des Verkehrsplanungsbüros Mobile Zeiten in Oldenburg.

Mit dem Roboterbus zur Uni

Als ersten Schritt in unsere mobile Zukunft möchte er deshalb kleine Strecken, die häufig genutzt werden, mit selbstfahrenden Bussen besetzen. In Dortmund könnte diese sogenannte letzte Meile zum Beispiel der Weg vom Bahnhof zum Unigelände sein. Dort könnten die autonomen Busse dann, im Gegensatz zu unseren S-Bahnen, auch öfter als im 20 Minuten Takt fahren. Auf dem Westenhellweg könnten Roboterbusse den jetzigen Nahverkehr ebenfalls ergänzen:

 

Auch eine bessere Erschließung ländlicher Gebiete könne durch die selbstfahrenden Busse gewährleistet werden, sagt Wolfgang Inniger, Leiter des Frauenhoferinstituts Prien am Chiemsee: „Ich glaube, dass es im ländlichen Bereich Potenzial hat, um dort die Taktfrequenz höher zu gestalten oder mehr Angebot zu schaffen.“

Autonome Busse könnten also nicht nur die Lösung für unsere Stau- und Parkplatzprobleme sein, sondern auch unseren heutigen Nahverkehr ergänzen. Obwohl noch vieles unklar ist, ist man sich am Frauenhoferinstitut sicher, dass spätestens 2035 Roboterbusse Alltag für uns sein werden. Verkehrsplaner Christoph Marquardt ist sogar noch etwas zuversichtlicher. Er glaubt, dass schon in drei bis vier Jahren autonome Busse Teil unseres öffentlichen Nahverkehrs sind.

 

Teaser- und Beitragsbild: Daimler AG

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert