Qual der Wahl: Sechs Parteien, sechs Programme

Auf insgesamt 471 Seiten haben CDU, SPD, Grüne, FDP, Linke und Piraten ihre Ziele für die Landtagswahl zusammengefasst. Wer bis zum 9. Mai nicht ununterbrochen lesen will, findet hier einen Überblick.

HOCHSCHULE/BILDUNG

Stark, sicher und sozial - die drei S der NRW-CDU.

Stark, sicher und sozial - die drei S der NRW-CDU. Foto: Sebastian Schaal.

Die CDU will weiter die Ganztagsschulen ausbauen und die Qualität der Betreuung verbessern. Bis 2015 sollen mindestens 43 Prozent der Schüler Ganztagsschulen besuchen, derzeit sind es 33 Prozent. Neben den Schulen will die Union auch noch Jugendverbände und Sportvereine fördern. Die CDU will an den Studiengebühren festhalten.

Die Liste der Dinge, die die SPD abschaffen will, ist lang: Studiengebühren, Kopfnoten und verbindliche Empfehlungen für weiterführende Schulen sollen weg. Ziel ist es, die Bachelor-Studiengänge an alte Standards anzupassen und freiere Wahlmöglichkeiten zu schaffen. Auch auf der Agenda: Mehr BAföG für mehr Studenten.

In Sachen Bildung wollen die GRÜNEN für eine Trendwende sorgen. Sie sagen „ja“ zu Ganztagsschulen und „nein“ zum Turbo-Abitur. An den Hochschulen wollen die Grünen die Studiengebühren abschaffen, Korrekturen an den Bologna-Reformen vornehmen und die Forschung stärken. Insgesamt sollen mehr junge Leute studieren können.

Auch die FDP bevorzugt das Modell der Ganztagsschule. Nach den Vorstellungen der Partei sollen bis 2015 mehr als die Hälfte der weiterführenden Schulen ein Ganztagsangebot haben. Am dreigliedrigen Schulsystem soll festgehalten werden. Die Liberalen sind ebenfalls für den Erhalt der Studiengebühren. Die Hälfte davon soll für zusätzliche Professuren und wissenschaftliches Personal eingesetzt werden.

Die LINKE setzt auf Bildung ohne Gebühren. Das gilt für Kitas und für Hochschulen. Die Schüler sollen bis zur zehnten Klasse in Gemeinschaftsklassen zusammen lernen. Abgeschafft werden sollen das 12-jährige Abitur, die zentralen Abschlussprüfungen und die Kopfnoten. An den Hochschulen soll gemeinsam mit den Studierenden ein Reformkonzept erarbeitet werden.

In Sachen Studiengebühren gehen die PIRATEN noch einen Schritt weiter: Sie fordern nicht nur deren Abschaffung, sondern einen freien Zugang zum Hochschulstudium. Außerdem soll jeder Bachelor-Absolvent ein Anrecht auf einen Master-Platz haben. Mehr Selbstbestimmung für die Unis erhoffen sich die Piraten durch eine Reform der Hochschulräte, die zukünftig nur noch aus so genannten „Internen“ bestehen sollen.

FINANZEN

Die CDU ist gegen einen gesetzlichen Mindestlohn, da dieser Arbeitsplätze vernichte. Dumpinglöhne sollen stattdessen durch Tarifverträge bekämpft werden, die eine ausreichende Bezahlung garantieren. Für Kreise, Städte und Gemeinden soll ein neues Finanzierungskonzept erarbeitet werden, damit die Kommunen handlungsfähig bleiben.

SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft wirbt für "ihr" NRW. Foto: Sebastian Schaal

SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft wirbt für "ihr" NRW. Foto: Sebastian Schaal

Die SPD will die Mittelschicht wieder stärken und verhindern, dass die Spanne zwischen reich und arm größer wird. Dies soll gelingen, indem die Partei den Menschen anstatt des Profits in den Mittelpunkt rückt. „Almosen“ in Form von Steuergeschenken lehnt die SPD ab. Dafür will sie den Mut aufbringen, alte Strukturen aufzubrechen.

„Green New Deal“ lautet die Antwort der GRÜNEN auf die Krise. Das heißt konkret: Sie wollen mehr in ökologische Wirtschaft sowie in Bildung investieren. Kein „Laissez-faire-Staat“ lautet die Devise, damit nachfolgende Generationen nicht vor einem Schuldenberg stehen, der nicht zu bewältigen nicht.

Vorrangiges Ziel der FDP-Finanzpolitik ist ein ausgeglichener Landeshaushalt. Das soll vor allem durch Einsparungen erreicht werden. Trotzdem sollen einige Landessteuern gesenkt werden. Auch im Bundesrat will die NRW-FDP gemeinsam mit der Bundespartei ein niedriges Steuersystem durchsetzen. Die Liberalen wollen außerdem die Finanzierung der Gemeinden reformieren.

BAföG, Studiengebühren, Steuern, Staatshilfen für Unternehmen - das Thema Geld spielt eine wichtige Rolle. Foto: Sebastian Schaal

BAföG, Studiengebühren, Steuern, Staatshilfen für Unternehmen - das Thema Geld spielt eine wichtige Rolle. Foto: Sebastian Schaal

Die LINKE ist dafür, dass die Vermögenssteuer wieder eingeführt wird. Zusätzlich soll die Einkommenssteuer bei hohen Löhnen erhöht werden. Länder und Kommunen sollen durch einen Finanzausgleich erheblich entlastet werden. Die Partei fordert einen Mindestlohn von zehn Euro, um die Menschen von NRW vor einem sozialen Absturz zu schützen.

Die PIRATEN wollen mehr Transparenz im Fall der WestLB schaffen und streben sogar deren Verkauf an. Zudem soll langfristiger und zukunftsorientierter geplant werden. Dazu passt die Forderung, bedrohte Konzerne nicht mehr mit staatlichen Mitteln am Leben zu halten. Meist stammten diese aus Piraten-Sicht aus ohnehin schwachen Branchen.

ZUKUNFT

Die Zukunftspolitik der CDU sieht vor, die eigenen Stärken zu stärken. Soll heißen: NRW bleibt Industrieland und soll dementsprechend gefördert werden. Es soll in Spitzenforschungsprojekte (zum Beispiel in der Biotechnologie oder in innovative Werkstoffe) investiert werden, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu bewahren.

Für die Zukunft hat sich die SPD das Thema Gleichberechtigung auf die Fahnen geschrieben. Das bedeutet unter anderem: gemeinsame Ausbildung von Menschen mit und ohne Behinderung, mindestens 40 Prozent Frauenanteil in Aufsichtsräten und für Homosexuelle uneingeschränktes Adoptionsrecht bei eingetragenen Lebenspartnerschaften.

Mehr Geld für Studenten - wollen die Grünen. Foto: Sebastian Schaal

Mehr Geld für Studenten - wollen die Grünen. Foto: Sebastian Schaal

Bei den GRÜNEN ist das Thema Zukunft sogar namensgebend fürs gesamte Wahlprogramm: Der „Zukunftsplan“ sagt den potentiellen Wählern, was sie erwartet. Eine Rückbesinnung auf Werte wie Familie, Bildung und soziale Gerechtigkeit dominiert dabei diesen Plan. Weiterhin sehr bedeutsam für die Grünen: Integration und Gleichberechtigung.

Für die FDP hängt Arbeit, Wohlstand und soziale Sicherheit eines Landes von dessen Innovationskraft ab. Deswegen wollen die Liberalen weitere Spitzenforschungsinstitute in unserem Bundesland ansiedeln und mehr in Zukunftstechnologien investieren. Ein weiterer Antrieb für die Innovation soll der freie Wettbewerb untereinander sein.

Die LINKE setzt statt auf einen rücksichtslosen Sparkurs mehr auf sinnvolle Investitionen. So sollen Bildung, Gesundheitsvorsorge und die öffentliche Infrastruktur verbessert werden. In diesen Bereichen sollen mindestens 300.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Seite an Seite in NRW: Demographischer Wandel und Bildungspolitik

Seite an Seite in NRW: Demographischer Wandel und Bildungspolitik. Foto: Sebastian Schaal

Die Herausforderungen der Zukunft, wie den Klimawandel, wollen die PIRATEN mithilfe eines höheren Bildungsniveaus angehen. Im selben Zug soll dadurch Jugendkriminalität im Keim erstickt werden. Steuermittel, die man bei der Existenzsicherung gefährdeter Unternehmen einspart, sollen in Zukunftsbranchen investiert werden. Die Entwicklung im Internet nimmt bei den Piraten eine wichtige Rolle ein.

UMWELT

Das Konzept der CDU sieht den Neubau effizienterer Gas- und Kohlekraftwerke vor, die die alten Kraftwerke ersetzen sollen. Auch in erneuerbare Energien soll investiert werden. Die Union ist für eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke. Bis 2020 sollen 250.000 Elektroautos in NRW auf den Straßen unterwegs sein.

Das Programm „1 Million Dächer Solarthermie“ ist eine von vielen Initiativen der SPD-Umweltpolitik. Da NRW für 38 Prozent aller deutschen CO2-Emissionen verantwortlich ist, komme dem Bundesland eine tragende Rolle beim Klimaschutz zu. Dazu gehört auch das Festhalten am Atomausstieg, verbunden mit der Förderung erneuerbarer Energien. Wenn es nach den GRÜNEN geht, soll von NRW aus die „grüne Revolution“ gestartet werden, mit dem Ruhrgebiet als ökologische Vorzeige-Metropole. So wollen sie etwa den Anteil erneuerbarer Energien bei der Stromversorgung bis 2020 auf 22 Prozent erhöhen und durch umfangreiche Gebäudesanierung Energie sparen.

Die FDP fördert die Leistungsgesellschaft. Foto: Sebastian Schaal

Die FDP fördert die Leistungsgesellschaft. Foto: Sebastian Schaal

Die FDP will einen wirtschaftlich vertretbaren, ökologisch sinnvollen und ideologiefreien Umgang mit allen Energieträgern erreichen. In der Praxis heißt das: Kohlekraftwerke werden zusammen mit den Atomkraftwerken weiterhin den Großteil unseres Stroms erzeugen. Erneuerbare Energien sind für die FDP nur langfristig wichtig, da sie im Moment noch zu teuer sind und erst noch weiter entwickelt werden müssen.

Die LINKE setzt sich klar für die Zerschlagung von großen Energiekonzernen ein. Außerdem sollen die Stromnetze wieder in die öffentliche Hand gelangen. Ziel ist auch die Einführung einer Preisaufsicht für Strom und Gas. Kohle zur Stromerzeugung soll schrittweise durch erneuerbare Energien ersetzt werden. Die LINKE ist für den Atomausstieg.

Nachhaltigkeit ist oberstes Credo der PIRATEN in puncto Umwelt. Sie streben eine Politik an, die nachfolgende Generationen nicht in Existenznöte bringt. Aus gescheiterten Klimaverhandlungen auf globaler Ebene ziehen sie den Schluss, dass lokale und regionale Initiativen vonnöten sind. Die Piraten fordern sowohl CO2-Grenzen für PKW als auch Energieverbrauchsgrenzen für Elektrogeräte.

KULTUR

Kulturstandort: Das Dortmunder Opernhaus

Kulturstandort: Das Dortmunder Opernhaus. Foto: Sebastian Schaal

Für die CDU ist staatliche Kulturförderung kein Luxus. Die bestehenden Programme „Jedem Kind ein Instrument“ und „Kultur und Schule“, an dem sich bis jetzt über 2.000 Künstler beteiligt haben, sollen erweitert werden. Der Um- und Neubau wichtiger Museen und des Bau des Beethoven-Festspielhauses in Bonn soll finanziell unterstützt werden.

Kultur sei der Motor des Wandels, sagt die SPD. Deshalb setzt sie auf ein breites Angebot – sowohl in den Städten als auch auf dem Land. Geplant ist ein „Kultur-Rucksack“ für Kinder und Jugendliche, der sie zu Aktivitäten in den Bereichen Theater, Tanz, Musik, Bildende Kunst und Literatur anregen soll. Außerdem will die SPD das Freiwillige Soziale Jahr in der Kultur weiter fördern.

Die Kommunen sind für die GRÜNEN Kulturträger in NRW. Deswegen wollen sie alle Einrichtungen stärken, die vielfach unter massiven Kürzungen zu leiden haben. Außerdem wird nachgedacht über ein „KulturTicket-NRW“ oder freien Museumseintritt für Schulklassen. Auf keinen Fall verpuffen soll der Effekt der Kulturhauptstadt 2010.

Die FDP will die Förderung der Kultur von bürokratischem Ballast befreien. Antragsverfahren für Fördermittel sollen vereinfacht werden. Auch die künstlerische Förderung von Kindern und Jugendlichen soll gestärkt werden. Das ist ein wichtiger Schritt zum Erhalt der Laienkultur in NRW. Der Eintritt in alle Landesmuseen soll kostenlos werden.

In ihrem Wahlprogramm hat die LINKE keine Angaben zu kulturellen Themen gemacht.

Die Piraten-Partei tritt erstmals bei einer Landtagswahl in NRW an. Foto: Sebastian Schaal

Die Piraten-Partei tritt erstmals bei einer Landtagswahl in NRW an. Foto: Sebastian Schaal

Kulturell stehen bei den PIRATEN sowohl das Internet als auch die Massenmedien hoch im Kurs. Die Partei ist gegen GEZ-Gebühren für Computer und internetfähige Handys. Monopolbildung im Zeitungs- und Fernsehbereich wollen sie unterbinden, Internetsperren lehnen sie ab. Wenn es nach den Piraten geht, wird das Urheberrecht gelockert.

SONSTIGES

Bei der Bekämpfung schwerer Straftaten will die CDU der Polizei Kompetenzen für den Einsatz neuartiger Telekommunikationsüberwachungsmethoden, dem sperrigen Wort für Online-Durchsuchungen, geben. Im öffentlichen Dienst sollen mehr Menschen mit Migrationshintergrund eingestellt werden, um das Zusammenleben verschiedener Kulturen zu fördern.

In ländlichen Regionen sieht die SPD viel Potential in Sachen Tourismus. Außerdem will sie den Dialog mit allen Religionen suchen sowie den Religionsunterricht der nichtchristlichen fördern. Mehr direkte Demokratie soll es auch geben: Dafür will die SPD unter anderem die längere verlängern, bis zu deren Ablauf die benötigten Unterschriften gesammelt werden können – von acht auf zwölf Wochen.

Die GRÜNEN nehmen sich in ihrem Programm vieler Themen an, über die teils hitzige Debatten geführt werden. Eines davon ist die Bayer-CO-Pipeline, deren Bau gestoppt werden soll. Außerdem wollen sie gegen Telefonabzocken vorgehen sowie die Kennzeichnung von Lebensmitteln transparenter und ausführlicher machen.

Die FDP setzt sich dafür ein, überflüssige Bürokratie in Deutschland abzubauen und effizienter zu machen. Landesbehörden sollen reduziert oder zusammengelegt werden, unnötige Gesetze abgeschafft werden. Damit soll die Verwaltung für die Bürger und die Wirtschaft vereinfacht werden. Genehmigungsverfahren wollen die Liberalen auch weiter vereinfachen.

Die Linke fordert "Gerechtigkeit" - zum Beispiel durch die Abschaffung von Hartz IV. Foto: Sebastian Schaal

Die Linke fordert "Gerechtigkeit" - zum Beispiel durch die Abschaffung von Hartz IV. Foto: Sebastian Schaal

Bürgerbegehren und -entscheide auf Kommunal- und Landesebene: So stellt sich die LINKE aktive Demokratie vor. Außerdem soll der Datenschutz erhöht werden, um die Bürger vor Bespitzelung durch den Staat oder Unternehmen zu schützen.

Die PIRATEN gehen in ihrem Programm konkret auf einige Skandale der Vergangenheit ein und suchen nach Lösungen, diese zukünftig zu verhindern. So wollen sie es generell verbieten, dass Gesetzestexte extern verfasst werden dürfen. Außerdem sollen Telefon-Warteschleifen nicht mehr kostenpflichtig sein.

Zusammengestellt von Sebastian Schaal und Jannik Sorgatz

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