Mariza, der unbekannte Superstar

Fado ist nicht nur die traditionelle Musik Portugals, sondern seit 2011 auch Weltkulturerbe. Dafür ist unter anderem eine Frau verantwortlich, die dem Fado ein neues, international erfolgreiches Gesicht gegeben hat: Mariza. Das Ausnahmetalent spielte am Samstag im Dortmunder Konzerthaus und „sie war magisch“.

Es ist stockdunkel im Saal. Drei Musiker mit großen Gitarren haben bereits ihre Position auf der Bühne eingenommen. Das Publikum ist gespannt und mucksmäuschenstill. Und dann ertönt plötzlich diese Stimme. Klar, wehklagend, alles durchdringend. Mariza steht hell erleuchtet vom Scheinwerfer vor ihrem Publikum. Groß, im schwarzen Paillettenkleid glitzert sie im Licht. Mit den kurzen, platinblonden Haaren und dem Cape am Kleid, sieht sie aus wie eine 20er-Jahre-Diva.

Marizas Look ist androgyn, ihre Stimme einzigartig. Foto: flickr.com/josegoulao

Marizas Look ist androgyn, ihre Stimme einzigartig. Foto: flickr.com/josegoulao

Dabei hat Mariza mit dieser Zeit nichts zu tun. Sie ist die erfolgreichste Vertreterin des Fado. Portugals traditioneller Musik, seit 2011 Weltkulturerbe. Daran ist auch Mariza nicht unschuldig, sie hatte als Botschafterin für die Aufnahme gekämpft. Fado, das ist die Seele Portugals – melancholisch, rau, wehmütig. Einer der bekanntesten Fados trägt sogar den Namen des Nationalgefühls, des Saudade, der Sehnsucht.

Mariza gastierte auf den großen Bühnen

In Portugal legt man großen Wert auf die korrekte Darbietung der Musik und keine beherrscht diese derzeit so virtuos wie die 1973 in Mosambik geborene Marisa dos Reies Nunes. Gelernt hat Mariza das Singen in der Taverne ihres portugiesischen Vaters und ihrer mosambikanischen Mutter im Lissabonner Stadtteil Mouraria. Ausgerüstet mit einer fulminanten Stimme, hat sie diese Erfahrung in den letzten zwölf Jahren auf alle wichtigen Bühnen der Welt gebracht: Sydney Opera House, die New Yorker Carnegie Hall, David Lettermans TV-Show und nun eben Dortmund.

Volle Ränge: Auch viele portugiesisch-stämmige Dortmunder waren zum Konzert ihres Stars gekommen. Foto: Giesbers

Volle Ränge: Auch viele portugiesisch-stämmige Dortmunder waren zum Konzert ihres Stars gekommen. Foto: Giesbers

Hier, im großen Saal des Dortmunder Konzerhauses, erklärt sie dem Publikum gerade, dass Fados wie das traditionelle „Primavera“ (Frühling) nicht immer melancholisch sein müssen. „Fado ist Musik, die alle Gefühle des Lebens ausdrückt – man ist doch nicht immer traurig.“ Passend dazu stimmen die drei Gitarre spielenden Musiker nun viel rhythmischere Töne an und das Publikum beginnt den Beat aufzunehmen. In der Tat sind Gitarren das entscheidende Instrument im Fado. Vor allem die bauchige, runde guitarra portuguesa, die Portugiesische Gitarre, produziert den einzigartigen Klang.

„Rap des 19. Jahrhunderts“

Fado findet normalerweise nicht auf der großen Bühne statt. Er war ursprünglich die Musik der Armen und diente als Kommunikationsmittel. So nennt Mariza die Musik auch gern den „Rap des 19. Jahrhunderts“. Mariza bringt das Gefühl zurück, in einer kleinen, überfüllten und nach Essen duftenden Taverne zu stehen – sie legt das Mikrofon zur Seite, nimmt die In-Ears aus den Ohren und singt völlig ohne elektronische Unterstützung. Das Dortmunder Publikum feiert sie dafür. Sie hat an diesem Abend nicht nur sich selbst in die Herzen gesungen, sondern einen wichtigen Bestandteil europäischer Kultur vermittelt.

Ein Bild von Marizas einzigartiger Begabung und vom Fado an sich, kann man sich anhand der Aufnahme ihres „Concerto em Lisboa“ machen, dass sie 2006 gemeinsam mit dem Lissabonner Sinfonieorchester auf die Bühne brachte.

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