Der Breitmaulfrosch: Choker –
der Rollkragenpulli für Freizügige

leonie_breitmaulfrosch

Ob Glitzerbärte, grüne Smoothies oder hippe Fummel aus der Mottenkiste – über Kunst, Lifestyle, Mode und Kultur lässt es sich gut das Maul zerreißen. Besonders gut kann das der Breitmaulfrosch,  der in dieser Kolumne über merkwürdige Trends wütet – dabei nimmt er kein Seerosenblatt vor den Mund. Heute ist er auf den Straßen Dortmunds unterwegs, um neue Trends für sich zu entdecken – oder auch nicht.

Modische Bewegungen gibt es wie Sand am Meer. Sind heute noch bauchfreie Oberteile aus den 70ern in, können es morgen schon die Karottenhosen von 1980 wieder sein. Der Breitmaulfrosch macht bei keinem dieser Trends mit. Nur die Jumpsuits, die 2015 total angesagt waren, fand er super. Schlafanzug und Alltagsoutfit in einem Kleidungsstück – das sparte Geld und Zeit.

Bei dem neuesten Trend fühlt sich der Breitmaulfrosch in seine Kindheit in die 90er Jahre zurückversetzt. An die eng anliegenden Halsketten im Tattoo-Look werden sich viele 90s-Kids erinnern. Und die, die es nicht tun: ihr seid wohl nicht trendy genug gewesen in eurer Jugend. An jeder Ecke konnte man mit dem Kauf einer Kette die Eintrittskarte in die Welt der Coolen erwerben. Für 50 Cent – oder waren es sogar noch Pfennig – aus Süßigkeiten-Automaten ziehen. Die zurzeit wieder super angesagten Kropfbänder gehörten nämlich damals zu den Must-Haves in jedem Schmuckkästchen. Wer keine hatte, der gehörte einfach nicht dazu.

Aber mal ehrlich: wir Kinder aus den 90ern wissen ja, dass wir die Elite und eure Vorbilder sind. Aber wie wäre es, wenn ihr euch eigene Trends sucht? Unser tadelloser Musikgeschmack zum Beispiel wird ja auch nicht kopiert. Stattdessen singt ihr Lieder über Holzi, Holzi, Holz. Bitte verschont uns also auch mit diesen Ketten als Beweis für fehlendes Modeverständnis. 

Generation Ahnnungslos

Heute heißen die eng anliegenden Halsketten nicht mehr Kropfbänder, sondern „Choker”. Das klingt viel hipper und beschert dem in die Jahre gekommenen Schmuckstück ein glanzvolles neues Ansehen. Die modebewussten Twenty-Somethings sollten wirklich besser im Englischunterricht aufpassen, anstatt Trends aus den 90ern abzukupfern. Dass „to choke” übersetzt „würgen” bedeutet, wissen die meisten nämlich wohl eher nicht. Ein Hoch auf den Anglizismus, denn wer würde sich schon gerne einen „Würger” um den Hals binden?

Stylische Halsbänder gibt es auch mit passenden Leinen - ideal für alle Hundeliebhaber

Stylische Halsbänder gibt es auch mit passenden Leinen – ideal für alle Hundeliebhaber

Die Choker gibt es jetzt in verschiedensten Versionen. Von einfachen Tattooketten, über aufwendig hergestellte Exemplare mit Anhänger bis hin zu mit Stacheln besetzten Halsbändern.

Der Breitmaulfrosch findet diese Entwicklung der Mode ziemlich amüsant. Ob die selbsternannten Trendsetter wissen, dass dieses Schmuckstück im 19. Jahrhundert als Erkennungszeichen für Prostituierte galt? Oder dass es in der Sklaverei mit einem Band und einer Öse benutzt wurde? Daran konnte man nämlich eine Leine befestigen und hatte seinen Sklaven so in der Hand.

Wenn Würgehalsbänder zur Mode werden

Die Modeindustrie hat wohl die Hilfeschreie vom Breitmaulfrosch und seinen gleichaltrigen Leidensgenossen gehört, als der Choker wieder in den Kaufhäusern gelandet ist. Und hat sie prompt ziemlich teuer gemacht. 

Aber Kinder der 90er sind bekanntlich hilfsbereit. Daher lautet hier die Empfehlung vom Breitmaulfrosch: schaut euch mal im Hundefachhandel um. Da gibt es eine Menge Auswahl. Strasshalsbänder, Lederriemen und sogar die passenden Leinen dazu.

Der Breitmaulfrosch könnte sich sogar vorstellen, dass die „Hund und Pferd” in den Dortmunder Westfalenhallen letzte Woche von hippen Teenagern überrannt wurde, die auf der Suche nach Würgehalsbändern waren. Da gab es sicherlich einige Schnäppchen zu holen.

Aber – bitte nicht die gleiche Größe kaufen wie für euren Chihuahua. Wir wissen, dass ihr gerne im Partnerlook unterwegs sein wollt, um eure unendliche Liebe zum Ausdruck zu bringen. Aber wir können es uns nicht leisten, dass eine ganze Generation sich wegen zu enger Halsbänder erwürgt – wer zahlt denn dann unsere Rente?

Vertrauen ist gut, Choker sind besser

Der Choker eröffnet aber auch in anderen Lebensbereichen ganz neue Möglichkeiten. So kann man beispielsweise auch seinen Partner oder seine Partnerin damit an der kurzen Leine halten.

Schnürsenkel entfernen, Schuh als Anhänger dranhängen. Neuer Trend: Wechselschuhe.

Schnürsenkel entfernen, Schuh als Anhänger dranhängen. Neuer Trend: Wechselschuhe.

Die Würger sind neben Spionage-Apps also quasi die neuste Erfindung für alle Kontroll-Freaks unserer Zeit. So ein Schmuckstück kann man seinem Liebsten dann direkt in zwei Monaten zu Weihnachten schenken. Schmuck kommt schließlich immer gut an.

Wem das zu teuer oder zu mainstream ist, der kann sich auch einfach einen Schnürsenkel um den Hals binden. Damit kann man sich dann besonders gut würgen. Für Geizhälse empfiehlt sich Kabelbinder.

Beitragsbild: Helena Brinkmann

Fotos: Leonie Rottmann

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