Kapelsky: Russische Folklore made in Germany

Die drei Deutschen von „Kapelsky“  haben im Mai ihr erstes Album rausgebracht. Seit 1999 haben sich der slawischen Musik verschrieben und pflegen einen Stil fernab von jedem Mainstream.

Sie machen russische Musik, ohne Russisch zu können. Statt auf Festivals treten sie in kleineren Cafés und Kneipen auf. Und im Album ihrer ersten CD haben sie ein Rezept für Kuttelsuppe abgedruckt. Die Band „Kapelsky“ ist in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich.

Im Interview spricht Gitarrist Gregor Hengesbach über tschechische Straßenkünstler, rumänische Hochzeiten und Britney Spears.

Die Ostperanto-Folkjazz-Band Kapelsky: Michael Asshauer, Jani Weichsel, Gregor Hengesbach (v.l.)

Die Ostperanto-Folkjazz-Band Kapelsky: Michael Asshauer, Jani Weichsel, Gregor Hengesbach (v.l.) (Foto: Bandarchiv)

pflichtlektüre: Eure Musik, der Ostperanto-Folkjazz, ist eher ungewöhnlich. Hilft euch das, Auftritte zu bekommen, oder schreckt das die Leute eher ab?

Gregor Hengesbach: Es gibt ja verschiedene Nischen. Sicherlich füllen wir eine andere Nische aus als gängige Popbands oder Rockbands. Es gibt ein paar Vorteile, die wir haben. Zum Beispiel spielen wir ohne Schlagzeug: Da kann man auch mal auf einer Familienfeier auftreten oder Hintergrundmusik spielen. Ansonsten freuen sich die Veranstalter auch immer, wenn sie keinen Ärger mit den Nachbarn befürchten müssen.

pflichtlektüre: In welchen Locations tretet ihr auf?

Gregor Hengesbach: Ganz verschieden. In den letzten zwei Wochen hatten wir drei Auftritte. Im Subrosa, eine Dortmunder Szene-Kneipe, dann noch im Theater Rottstraße, ein Off-Theater, und davor im Café von der Ruhrwerkstatt in Oberhausen. Aber wir haben auch schon auf Festivals gespielt und wir hatten auch mal einen Auftritt im WDR.

pflichtlektüre: Du hast eben auch von Familienfeiern gesprochen.

Mützenmänner: Aus ihrer Vorliebe für Osteuropa machen sie keinen Hehl.

Mützenmänner: Aus ihrer Vorliebe für Osteuropa machen sie keinen Hehl. (Foto: Bandarchiv)

Gregor Hengsbach: Das machen wir eigentlich ganz gerne. Man landet dann schon mal auf etwas anderen Hochzeiten. Ich erinnere mich gerade an eine rumänisch-deutsche Hochzeit. Das war ganz spannend: Es gab da offensichtlich eine Sprachbarriere, weil die Deutschen meistens nicht so gut Rumänisch können und andersrum war es auch nicht so dufte. Und dann waren wir der Verbindungspunkt.

pflichtlektüre: Wie seid ihr eigentlich darauf gekommen, osteuropäische Musik zu spielen? Das ist für eine deutsche Band ja nicht gerade nahe liegend.

Gregor Hengesbach: Ich bin schon als Teenie öfter in den Osten gefahren, in die Slowakei, Tschechien und Polen. Und ich hab mich da immer recht wohl gefühlt. Dann bin ich auf die Musik gestoßen. Und diese Atmosphäre, die ich in den Ländern so mochte, habe ich in der Musik wieder gefunden.

pflichtlektüre: Was war das für eine Atmosphäre?

Gregor Hengesbach: Ich weiß noch, wie ich zum ersten Mal nach Tschechien gefahren bin. Das war in den späten achtziger Jahren. Was mich besonders angesprochen hat, war, dass es noch eine lebendige Folklore gibt. Ich habe Szenen erlebt, da saß einer mit einer Gitarre und hat gespielt  und eine halbe Stunde später stand da eine riesige Menschentraube -ganz verschiedene Leute und ganz verschiedene Generationen- und haben die gleichen Lieder gesungen. Das finde ich sehr stark.

Zu den Auftritten kommt ein sehr gemischtes Publikum.

Zu den Auftritten kommt ein sehr gemischtes Publikum. (Foto: Bandarchiv)

pflichtlektüre: Welches Publikum kommt bei euch in Deutschland zu den Auftritten?

Gregor Hengesbach: Auch ganz verschieden. Öfter ist es so, dass Leute sagen: „Eigentlich höre ich solche Musik gar nicht. Aber irgendwie gefällt es mir.“ Wir haben auch immer mal wieder Leute, die eine Verbindung zum Slawischen haben, Russen oder Polen. Im Ruhrgebiet ist das ja ziemlich verbreitet.

pflichtlektüre: Könnt ihr eigentlich selber Russisch?

Gregor Hengesbach: Leider nein.

pflichtlektüre: Einige eurer Songs haben russischen Text. Wer singt den?

Gregor Hengesbach: Marina Frenk. Eine sehr junge Schauspielerin, die wirklich fantastisch singt. Sie kommt aus Moldawien und man merkt, dass sie das im Blut hat.

pflichtlektüre: Welche Songs macht ihr im Moment?

Gregor Hengesbach: Zum Beispiel klassische russische Folklore und verschiedene Zigeunermusiken. Wir machen auch manchmal lustige Sachen: Zum Beispiel haben wir einen Britney-Spears-Song genommen -„Oops, I did it again“- und den auf Russisch mit Polka gespielt (lacht). Das funktioniert auch.

Die Anfänge waren 1999. Jetzt bringt die Band ihr erstes Album raus.

Die Anfänge waren 1999. Jetzt bringt die Band ihr erstes Album raus. (Foto: Bandarchiv)

pflichtlektüre: Schreibt ihr auch eigene Songs?

Gregor Hengesbach: Ja. Zum Beispiel haben wir jetzt ein Lied über „Molwanien“ geschrieben. Das Land werden wahrscheinlich die wenigsten kennen. Es gab mal einen Reiseführer, der vorgegeben hat, dieses Land zu beschreiben. Aber das Land gibt es gar nicht. Es ist ein Fake, eine Satire. Darin haben wir uns auch als Band ein bisschen wieder gefunden. Wir sind ja auch nicht original slawisch, sondern beschreiben alles nur so, wie wir als deutsche Weißbrote das sehen (lacht).

pflichtlektüre: Wie und wann ist eigentlich die Idee zu eurer Band entstanden?

Gregor Hengesbach: Der erste Zündfunke war 1999. Da habe ich in Holland studiert. Bei mir im Haus wohnte ein Geiger, der hatte viele Klezmer-Stücke auf der Straße gelernt. Mit dem habe ich zusammen gespielt. Bis wir das so richtig ernst genommen haben, hat es ein bisschen gedauert. Dann ist vor fünf Jahren der Geiger nach Freiburg gezogen und ich musste mir überlegen: Soll ich diese Band jetzt weitermachen? Da habe ich zum Glück noch zwei Musiker (Jani Weichsel und Michael Asshauer, Anm. d. Red.) gefunden.

Drei mit Gans: Kapelsky beim Shooting im Freien.

Drei mit Gans: Kapelsky beim Shooting im Freien. (Foto: Bandarchiv)

pflichtlektüre: Einer der beiden, Jani Weichsel, war kürzlich auch im Film „Soul Kitchen“ im Kino zu sehen. Wie kam es denn dazu?

Gregor Hengesbach: Das ging über das Schauspielhaus Bochum. Da gab es einen Intendanten, Lucas Gregorowicz, mit dem hat Jani eine Band gegründet. Lucas hat Fatih Akin zu einem Konzert eingeladen. Der war total begeistert und hat gesagt: „Beim nächsten Film macht ihr mit.“

pflichtlektüre: Hat Jani Weichsel euch vom Filmdreh erzählt?

Gregor Hengesbach: (Überlegt) Der Jani erzählt eigentlich nicht so viel. Ich glaube, beim Filmdreh muss man viel warten. Das ist weniger spannend, als man denkt.

pflichtlektüre: Hat euch Janis Rolle geholfen, bekannter zu werden?

Gregor Hengesbach: Man wird schon öfter drauf angesprochen. Vielleicht werden da schon mal Leute hellhörig.

pflichtlektüre: Ihr habt Anfang Mai euer erstes Album rausgebracht. Wie lange habt ihr daran gearbeitet?

Gregor Hengesbach: Es waren zwei Wochenenden, an denen wir das aufgenommen haben. Dann musste alles noch geschnitten werden. Das hat sehr lange gedauert. Ich hatte es nicht so eingeschätzt, dass man so lange daran arbeiten muss. Dann noch das Artwork und eine Plattenfirma finden. Das hat insgesamt zwei Jahre gedauert. Es ist schon viel Arbeit und viel Mühe.

pflichtlektüre: Ist es schwer, sich in der Szene einen Namen zu machen?

Gregor Hengesbach: Man muss dranbleiben. Ich will nicht sagen, dass wir schon einen Namen haben, aber jetzt passiert es öfter, dass ich Leute hier in Dortmund schon mal von Kapelsky gehört haben. Das finde ich ganz klasse.

pflichtlektüre: Was bedeutet eigentlich euer Name „Kapelsky“?

Gregor Hengesbach: Das ist ein Fantasiename. In „Kapelsky“ steckt das Wort Kapelle. Früher hießen wir „Kric Huvisz Kapelsky“. Das war abgeleitet von unserem damaligen Bandleader Chris Huwer. Das konnte sich aber nie jemand merken oder aussprechen. Es war zwar immer lustig, wenn man irgendwo angekündigt wurde und die Moderatoren haben sich einen abgebrochen. Aber dann haben wir überlegt: Machen wir es kurz und nennen uns „Kapelsky“.

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