Nachtangst: Wenn die Dunkelheit zum Gegner wird

Monster im Schrank oder die unbekannten, merkwürdigen Geräusche im Zimmer: Wenn Kinder schlafen gehen, haben sie oft Angst vor der Dunkelheit. Doch auch bei Erwachsenen kann es zu dieser Furcht kommen, zum Beispiel vor Einbrechern, die nachts ihr Unwesen treiben. Das Ganze ist psychisch bedingt und heißt „Nyktophobie“ also die Angst vor der Nacht. Aber die Krankheit lässt sich gut therapieren, wie ein Psychologe und ein Heilpraktiker erklären:

„Ich hatte jetzt schon mehrere Frauen, deren Mann auf Montage ist. Und dann sind die wochenlang allein im Haus oder in der Wohnung, wo dann so ein Außenbalkon ist, auf den möglicherweise jemand draufklettern könnte. Das waren extreme Fälle, die sich gar nicht mehr beruhigt haben. Sie sind dann noch zum Arzt gegangen, haben Beruhigungstabletten eingenommen, die auch nicht gewirkt haben, weil sie so angespannt waren“, erzählt Psychologe Ingo Bögner aus Köln. Die Betroffenen fürchten sich vor der Nacht, vor dem was „Verborgen“ ist. Dabei werden ihre Hände feucht, ihr Herz beginnt zu rasen. An sich sei das aber eine sinnvolle Angst, findet Bögner. Diese beiden Symptome seien nämlich Anzeichen für eine gesunde Fluchtreaktion. Falls also wirklich ein Einbrecher käme, könnten sie schneller reagieren.

Auch der Bonner Heilpraktiker Lukas Rick hat manchmal Patienten mit Nyktophobie in seiner Praxis. „Der Patient erzählt, er zittert und bekommt das Gefühl, als würde er auf Wolke laufen, hat Fluchtreize“, berichtet Rick. Erwachsene seien davon vor allem dann betroffen, wenn sie schlechte Erfahrungen in der Nacht gemacht haben. Sie befürchten, dass ihnen dasselbe noch einmal widerfährt. Deshalb sei diese Angststörung auch nicht genetisch bedingt, sondern von einer Schlüsselsituation abhängig.

Für die Phobie gibt es mehrere Möglichkeiten der Therapie. Ingo Bögner und Lukas Rick verwenden unterschiedliche Methoden:

Schluss mit der Übertreibung!

Psychologe Ingo Bögner verwendet die sogenannte „Kognitive Verhaltenstherapie“.

Kognition sind die Gedanken, und die sind bei der Nyktophobie übertrieben. An dieser Übertreibung wird dann gearbeitet. Es geht darum, dass der Patient lernt, wieder rational zu denken. Anstatt der übertriebenen Panik soll er sich wieder angemessen verhalten.

Das kann beispielsweise so aussehen: Abends soll sich der Patient nicht mehr auf die Geräusche im Raum konzentrieren. Anstelle des Lauschens nach Einbrechern geht es darum, Dinge zu tun, die man sonst abends macht, zum Beispiel fernsehen.

Allerdings soll sich der Betroffene nicht ablenken, sondern sich bewusst mit der Übertreibung auseinandersetzen.

Der Patient verhält sich in der Nacht ganz normal - er schaut fern. Genau das empfiehlt Ingo B√∂gner. Foto: Johanna Daher

Der Patient verhält sich in der Nacht ganz normal – er schaut fern. Genau das empfiehlt Ingo Bögner. Fotos: Johanna Daher

Wie die erste Kontaktaufnahme zwischen Patient und Therapeut bei der kognitiven Verhaltenstherapie abläuft, habe ich mit Ingo Bögner im Telefoninterview nachgestellt:

Manchen Patienten reiche schon die erste Sitzung, sagt Bögner. Sie hätten dann schon verstanden, was sie tun müssen und das funktioniere im Idealfall.

Wenn die Angst aber tiefer sitzt, arbeitet er mit den Patienten länger daran. Dabei gehe es nicht darum die Angst zu eliminieren, sondern zu normalisieren. Mit diesen Patienten verbringt Bögner zwischen fünf bis zehn Sitzungen.

Manchmal nimmt er die Hypnose als Therapie-Möglichkeit hinzu:

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Bei Bögner gelangt der Patient bei seiner Therapie gegen die Nachtangst durch Kommunikation in Trance bei der Hypnose. Foto: Johanna Daher

Bei Bögner gelangt der Patient bei seiner Therapie gegen die Nachtangst durch Kommunikation in Trance bei der Hypnose.

Die Hypnose ist allerdings nicht wie fälschlich vermutet, die „Sache mit dem Pendel“, sondern eine Kommunikation, bei der man selber in Trance geht. Warum die Hypnose gar nicht unnatürlich ist, erklärt Ingo Bögner:

Bewusst distanzieren!Heilpraktiker Lukas Rick arbeitet mit der „Psychoedukativen Vorgehensweise“. Das bedeutet: Er erklärt, was im Körper physiologisch passiert, wenn die Angst ausgelöst wird. Der Patient beschreibt ihm dafür in der ersten Sitzung, welche Symptome er bei der Nyktophobie hat, also zum Beispiel Herzrasen und feuchte Hände. Laut Rick könne der Patient diese ungewohnten Zeichen seines Körpers nicht zuordnen, weshalb sich der Betroffene verrückt mache ‚ ja sogar Lebensgefahr in die Situation hineininterpretiere. Dabei muss der Patient verstehen, dass diese Symptome normal sind und nicht so schlimm, wie er vermutet.

Der Therapeut erklärt seinem Patienten seine Symptome und wieso die ganz normal sind. So geht Heilpraktiker Lukas Rick in seiner Praxis vor. Foto: Johanna Daher

Der Therapeut erklärt seinem Patienten seine Symptome und wieso die ganz normal sind. So geht Heilpraktiker Lukas Rick in seiner Praxis vor.

Das Erklären der Körperreaktionen ist aber nur der erste Schritt, der zwischen ein bis zwei Sitzungen benötigt.

Der zweite und letzte Schritt nimmt die meiste Zeit der Therapie in Anspruch: Der Betroffene soll lernen, sich von seiner Angst zu distanzieren. Das heißt: Der Kopf soll die Situation nicht anders werten, sondern im Moment der Angst akzeptieren, dass es so ist.

Um die Distanzierungsprozesse richtig zu erlernen, verwendet Rick hierfür das „hypnotherapeutische Vorgehen“.

Dadurch soll der Betroffene einen anderen Bezug zur Nyktophobie bekommen. Die Angst soll langsam abnehmen. Wichtig ist, dass der Patient anders über seine Angst denkt und andere Assoziationen mit ihr verbindet. Die Therapie ist letztendlich eine „Hilfe zur Selbsthilfe“, beschreibt Rick.

Therapie der Nachtangst: Der Patient lernt sich von seiner Angst zu distanzieren. Rick: "Der Patient beobachtet sich dabei, wie er sich beobachtet, wie er Angst vor der Nacht hat." Foto: Johanna Daher

herapie der Nachtangst: Der Patient lernt sich von seiner Angst zu distanzieren. Rick: „Der Patient beobachtet sich dabei, wie er sich beobachtet, wie er Angst vor der Nacht hat.“

Hypnose verwendet der Heilpraktiker auch, und zwar so:

Diese Art der Hypnose wird allerdings nur beiläufig zur Therapie verwendet. Und so kann man sich dieses „in der Gesprächssituation beeinflussen“ vorstellen: Lukas Rick redet mit dem Nyktophobie-Betroffenen und beobachtet ihn dabei. Dieser schlägt beispielsweise die Beine übereinander, dann macht Rick das auch. Der Patient trinkt ein Glas Wasser, Rick spiegelt auch das. Sowohl die Körpersprache des Betroffenen, als auch sein Sprachmuster kann der Heilpraktiker nachmachen. „So bekommt der Patient unterbewusst das Gefühl der Zugehörigkeit, er fühlt sich wohl. So kommt er in einen Zustand der Entspannung, wird zugänglicher“, beschreibt Rick. So sei es einfacher, mit dem Patienten zu arbeiten, da ein vertrautere Beziehung zwischen dem Heilpraktiker und seinem Klienten entstehe.


Neben diesen beiden Therapiemöglichkeiten gibt es noch viele andere. So zum Beispiel die Konfrontationsmethode. Ich habe mit einer Frau gesprochenen, die schlechte Erfahrungen mit dieser Art von Therapie gemacht hat. Sie heißt Monika und ist wegen ihrer Nachtangst Frührentnerin.

 

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