Weihnachten: Sechs Angeberfakten für unterm Tannenbaum

Krippe

 An Weihnachten wurde Jesus geboren. In Bethlehem, in einem Stall neben Ochs und Esel – das steht doch in der Bibel, oder nicht? Nicht so wirklich. Damit ihr an Weihnachten mit Wissen glänzen könnt, haben wir die Weihnachtsgeschichte in der Bibel gelesen und Beate Kowalski, Professorin für katholische Religion von der TU Dortmund gefragt, ob das wirklich alles so sein kann.

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Prof. Dr. Beate Kowalski. Foto: Tobias Schulte

Zunächst muss erklärt werden, dass es die eine Weihnachtsgeschichte in der Bibel nicht gibt. In den vier Evangelien (Markus, Matthäus, Lukas, Johannes), die im Anfang des Neuen Testaments zu finden sind, erwähnen nur Matthäus und Lukas überhaupt die Geburt Jesu Christi. Das liegt daran, dass die Evangelien generell keine historischen Berichte sind, sondern Erzählungen, die vom Glauben überzeugen sollen. Sie sind alle erst nach dem Tod Jesu aus der Perspektive der Ostergeschichte geschrieben. Dass Jesus am Kreuz gestorben und wieder auferstanden ist, ist nämlich der Mittelpunkt des Christentums.

1. Jesu Geburstag wurde umdatiert

Ein genaues Datum, an dem Jesus geboren wurde, lässt sich in der Bibel nicht finden. Weihnachten wird ungefähr seit dem vierten Jahrhundert gefeiert – als Gegenbewegung zu einem heidnischen Kult. An der Wintersonnenwende (bei uns fast immer der 22. Dezember) haben die Römer den „Sol Invictus“ (lateinisch: unbesiegter Sonnengott) gefeiert. Um darauf zu antworten, wurde Weihnachten in die Nähe dieses Festes datiert.

2. Die Volkszählung zu Jesu Geburt gab es so nicht

Im Lukasevangelium wird eine Volkszählung im Auftrag von Kaiser Augustus genannt. Deshalb sind Josef und Maria in ihre Heimatsstadt Bethlehem gegangen, um sich schätzen zu lassen. Historisch stimmt das nicht so ganz. Hätte Kaiser Augustus wirklich seine Finger im Spiel gehabt, dann ließe sich das nachweisen, so Beate Kowalski.

Volkszählungen waren in der damaligen Zeit aber nichts Ungewöhnliches. „Es hat sie regelmäßig gegeben, um die Daten für die Militär- und Kopfsteuer zu bekommen“, sagt sie. Das wurde sinnvollerweise aber auch im Wohnort und nicht in der Heimatstadt gemacht. „Die Heimatstadt – Betlehem – wird hier eingeführt, um auszudrücken, dass Jesus der Messias ist. Nach alttestamentlicher Erwartung sollte der Erlöser dort geboren werden.“

3. Futterkrippe? Jesus lag in der Hauswand

Im Lukasevangelium steht, dass Maria Jesus gebärt, ihn in Windeln wickelt und in eine Krippe legt. Heutzutage haben wir das Bild vor Augen, dass Jesus in einem Futtertrog gepolstert mit Stroh liegt. Das ist aber falsch.

Ochs und Esel haben mit Jesus nichts zu tun gehabt.

Ochs und Esel hatten mit Jesus nichts zu tun. Bild: Jim Forest/flickr.com

„Die Tiere, die damals fast immer unter einem Dach mit Menschen gewohnt haben, haben aus einer Ausbuchtung in der Hauswand gefuttert“, erklärt Beate Kowalski. Dass Jesus überhaupt in der Krippe oder in der Hauswand liegend dargestellt wird, ist ein Zeichen für die Armutstheologie von Lukas. Das bedeutet: „Gott handelt, wie es niemand erwartet: an Orten und in Personen, die unbedeutend erscheinen“, so Kowalski.

Aber wenigstens Ochs und Esel standen doch an der Krippe, oder? Auch dieses bekannte Bild von der Krippe beschreibt Lukas nicht. Es stammt aus dem Alten Testament. Dort steht: „Das Rind kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn. Israel besitzt keine Erkenntnis, mein Volk hat keine Einsicht.“ (Jesaja 1,2) Unser Bild von der Krippe ist also eine kritische Textcollage: Wie Ochs und Esel sollen wir unseren Herrn kennen – und das ist eben Jesus Christus.

4. Maria ist Jungfrau, weil Jesus Gott und Mensch ist

Sowohl im Matthäus-, als auch im Lukasevangelium wird beschrieben, dass Maria Jesus als Jungfrau gebärt. Sie ist schwanger vom heiligen Geist. Wer es glaubt wird selig, oder? Wer es versteht wird selig, könnte man entgegnen.

„Verstehen kann die Jungfrauengeburt nur Gott, sonst wäre Gott nur ein menschliches Gedankenkonstrukt“, sagt Beate Kowalski. Es sei allerdings keine biologische Aussage, sondern eine über das Wesen Jesu. In Jesus wird Gott ganz Mensch, bleibt aber zugleich ganz Gott. Weil Gott keinen Anfang und kein Ende hat, kann er nicht auf menschliche Art „gezeugt“ werden. Uns bleibt über, die Jungfrauengeburt und Gott zu bewundern.

5. Die Heiligen drei Könige sind eigentlich Theologen, Philosophen oder Naturwissenschaftler

Am 6. Januar feiern wir das Fest der Heiligen Drei Könige, die Jesus an der Krippe besuchen. Im

Heilige drei Könige Foto: 3268zauber/Wikimedia Commons

Heilige drei Könige – gar keine Könige, sondern Wissenschaftler, Theologen und Philosophen. Foto: 3268zauber/Wikimedia Commons

Matthäusevangelium steht aber nichts von Königen, sondern von Weisen oder Magiern aus dem Morgenland. „Magier waren Angehörige der persischen Priesterkaste. Genauso gut könnten auch Vertreter der östlichen Theologie, Philosophie und Naturwissenschaft gemeint sein“, weiß Beate Kowalski. Von den genannten Geschenken Gold, Weihrauch und Myrrhe wurde die Dreizahl der Weisen abgeleitet.

Den Titel „Könige“ stammt aus späteren Legenden der Heiligen Drei Könige. Die bekannten Namen Kaspar (persisch: Schatzmeisters), Melchior (hebräisch: König des Lichts) und Balthasar (hebräisch: Gott schütze sein Leben) tauchen erstmals im 6. Jahrhundert auf italienischen Mosaiken auf.

Eine tiefere Bedeutung haben die Geschenke trotzdem nicht – außer, dass sie sehr kostbar waren. Weihrauch und Myrrhe sind getrocknetes Harz der gleichnamigen Bäume. Sie wurden damals als Kosmetik, Gewürz und Heilmittel verwendet. Weihrauch und Myrrhe haben heutzutage ihren Glanz verloren – sie sind im Vergleich zu Gold sehr günstig.

6. Jesu Stammbaum zeigt seine Göttlichkeit

Zu Beginn des Matthäusevangeliums wird der Stammbaum Jesu aufgezählt:

„Abraham zeugte Isaak. Isaak zeugte Jakob. […] Jesse zeugte den König David. Der König David zeugte Salomo von dem Weib des Uria. […] Jakob zeugte Joseph, den Mann Marias, von welcher ist geboren Jesus, der da heißt Christus.“

Der Stammbaum Jesu soll aber gar nicht von genauer Buchführung zeugen, sondern von der Funktion Jesu als Messias. Jesus wird als Nachkommen aus dem Judentum und dem Heidentum vorgestellt und als Messias legitimiert. Der Messias sollte nämlich aus dem Haus Davids hervorgehen. Abraham wurde als Stammvater vom jüdischen Gott Jahwe aus den Heiden berufen.

Dass von Abraham bis Jesus drei Mal 14 Generationen erwähnt werden, ist natürlich ebenfalls kein Zufall. Die Zahl 14 ergibt sich aus der Summe der Zahlenwerte des Wortes David. Im hebräischen Alphabet ist zum Beispiel D der vierte und W der sechste Buchstabe.

 

Teaser-/Beitragsbild: Eusebius@Commons/flickr.com

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