Vor der Abschlussprüfung hat Carolin sich für einen Intensivkursus in den Semesterferien angemeldet. Das waren dann acht Stunden pro Tag von montags bis samstags. „In der ersten Stunde hat dort jeder eine andere Horrorgeschichte über seine Latein-Vorgeschichte erzählt.“ Carolin musste die Abschlussprüfung einmal wiederholen. „Damals war ich eine echte Vokabel-Grammatik-Maschine.“ Viel weiß sie heute nicht mehr von ihren hart erkämpften Lateinkenntnissen. „Wenn man sich nicht permanent damit beschäftigt, vergisst man es schnell.“ Und das ist auch das Einzige, was Carolin jetzt noch will: vergessen. Erst heute habe sie wieder ein Paket mit Büchern für den Verkauf übers Internet fertig gemacht. „Jetzt muss der ganze Schrott weg.“
„Total viele geben deswegen auf“
Nur Germanistik-Studenten müssen sich seit 2003 nicht mehr mit dem Latinum beschäftigen. Die Aufhebung erfolgte laut Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW „aus Gründen der Angleichung der Vorgaben zwischen den Bundesländern“. Trotzdem sei Latein die Grundlage der europäischen Kultur und Sprache und deshalb auch heute noch sinnvoll zu lernen.

Katharina Barth möchte lieber Deutsch und Englisch unterrichten, anstatt Lateinlehrerin zu werden. Foto: privat
Von diesem Aufwand bekam auch Katharina Barth Einiges zu spüren. Für sie ist das Latinum ein reines Auswahlverfahren unter der großen Zahl an Studenten. „Total viele geben deswegen auf.“ Sie sieht sich aber gut gerüstet für sämtliche Quizshows im TV, bei denen ab und zu eine Wort-Ableitung aus dem Lateinischen nötig sei. Für den Beruf sieht Katharina keine Vorteile. „Ich kenne niemanden, der das in drei Semestern geschafft hat“, sagt die 21-Jährige. Nachdem sie das Latinum bestanden hat, kann sie sich nun wieder auf ihre eigentlichen Fächer Deutsch und Englisch an der Uni Bochum konzentrieren. Wie Lars hat auch Katharina überlegt, Latein zu unterrichten. Doch die beiden sind sich einig: Der Beruf müsse schließlich Spaß machen. Außerdem gibt es für Lateinlehrer eine weitere Hürde: Das Graecum.
Text und Fotos: Sarah Müller
Infokasten Lateinkurse
Da Bildung Ländersache ist, sind auch die Anforderungen in den Bundesländern unterschiedlich. Sogar an den einzelnen Unis in NRW gibt es Unterschiede bei den Anforderungen. Informationen darüber sind am besten über die jeweiligen Studienberatungen der Unis einzuholen. In Bochum sieht es so aus:
Für folgende Fächer ist das Latinum Pflicht: Englisch, Französisch, Italienisch, Niederländisch, Spanisch, Philosophie, Geschichte, evangelische und katholische Religionslehre.
Semesterwochenstunden
Kursus 1 und 2: 5 SWS; Dreistündige Abschulussklausur als Teilnahmevoraussetzung für Kursus 2 beziehungsweise Kursus 3
Kursus 3: 5 SWS; Abschlussprüfung bestehend aus einem mündlichen und einem schriftlichen Teil. Im schriftlichen Teil muss ein Text von 180 Wörtern übersetzt werden, dazu sind drei Zeitstunden angedacht. In der mündlichen Prüfung muss, nach einer halben Stunde Vorbereitungszeit, ein Text von 50 Wörtern übersetzt werden. Außerdem werden im Anschluss Fragen zum Verständnis gestellt. Die Latinumsprüfung darf einmal wiederholt werden.
Intensivkurse zu Kurs 2 und 3 jeweils für vier bis fünf Wochen: Es werden sechs bis acht Stunden am Tag in der vorlesungsfreien Zeit eingeplant.
Herzlichen Glückwunsch.mein Sohn