Generation Maybe: ein Plädoyer gegen das „Vielleicht“

Brautmaulfrosch-Laura

Ob Glitzerbärte, grüne Smoothies oder hippe Fummel aus der Mottenkiste – über Kunst, Lifestyle, Mode und Kultur lässt es sich gut das Maul zerreißen. Besonders gut kann das der Breitmaulfrosch, der in dieser Kolumne über merkwürdige Trends wütet – dabei nimmt er kein Seerosenblatt vor den Mund. Heute plädiert er für Verbindlichkeit.

Mindestens zweieinhalb Monate im Vorfeld hatte ich meine Geburtstagsparty in diesem Jahr angekündigt. Das Motto: „Es wird krass“. Einige Wochen vor der Fete erhielten meine Freunde die obligatorische (!) Einladung bei Facebook. Die ersten Zusagen kamen rein, ein paar Absagen und ein paar „Vielleichts“. Ich störe mich schon beim Formulieren dieses Wortes: „Ich komme vielleicht“, „ein Vielleicht-Klick“, „Jein, ich komme (nicht)“. Überhaupt, wie kann man bei diesem Motto nur vielleicht kommen wollen? I don’t get it. Das dürfte wirklich kein Status sein. Und doch ist es Status unserer Generation. Generation Maybe. 

Wenn unsere Eltern eingeladen werden, werfen sie einen Blick in ihren Kalender und sagen entweder zu oder ab. Da gibt es kein „Ich melde mich nochmal“ oder „Da hab ich schon was anderes vor, aber vielleicht komme ich doch“. Wir sagen nicht zu oder ab. Wir sagen vielleicht. Partys sind dafür ein gutes Beispiel. Denn: Dieses Facebooksche Vielleicht-Phänomen hat sich in unserer Gesellschaft breit gemacht. Behutsam haben die Sozialen Medien diese Pflanze gesät, wir haben sie wachsen lassen. Heute leben wir alle nach dem Vielleicht-Prinzip. Das finde ich mega scheiße.

7576989106_c939fd6d52_zEs ist aber so schwer, diesen Gedanken zu verdrängen: „Was ist, wenn noch was Besseres kommt?“ Übertragen auf andere Lebensbereiche kann das stundenlanges Umherwandern auf dem Foodmarkt folgern, bei dem man auf einen noch leckereren Stand wartet. Am Ende ist alles Essen ausverkauft und man selbst noch hungrig. Oder auf der Beziehungsebene: Sich nicht entscheiden können, nicht verbindlich sein, ein „Vielleicht“ kann jahrelange Beziehungen kaputt machen. Genug des Dramas. Ich will nur sagen, dass wir uns mit der Vielleicht-Denke meist selbst schaden.

Um zur Party zurückzukommen, die für mich Anlass war, darüber nachzudenken: Es gibt ganz simple Kriterien, die einzuhalten sind, wenn man von mehreren Leuten an einem Abend eingeladen wurde.

  1. Wer hat zuerst eingeladen?
  2. Mit wem bin ich besser befreundet?

Einfach, zu beantworten, oder? Obwohl Nummer Zwei auf den ersten Blick egoistisch wirken dürfte. Ich meine es hinsichtlich der freundschaftlichen Verbindlichkeit. Wenn meine beste Freundin ihren Geburtstag feiert, sollte ich dort sein. Und umgekehrt. Zuverlässigkeit ist die Basis von Freundschaft, genauso wie Loyalität, Vertrauen und eben Verbindlichkeit. Dazu passt ein „Vielleicht“ für mich selten.

Natürlich sollte jeder Mensch regelmäßig seine Grundrechte in Anspruch nehmen und frei wählen können, wo er sich aufhält. Es gibt auch wichtigere Situationen, bei denen die eben aufgezählten Attribute erforderlich sind als bei einer Party. Trotzdem gilt: Think Big, do Little. Wenn sich also ein Freund die Mühe macht, für meinen Geburtstag aus dem anderen Ende von NRW „anzureisen“, dann schätze ich das wert – und gebe das gerne zurück. Den Leuten, die auf „Maybe“ geklickt oder sich überhaupt nicht zurückgemeldet haben, schenk ich bei der nächsten Einladung ein sehr müdes Lächeln.

Sich immer das Beste offen halten zu wollen, ist egoistisch. Es langweilt mich, dass Menschen so handeln. Erst recht, weil ich ein Frosch bin. Als Gastgeber muss man sich am Ende noch freuen, dass der Vielleicht-Klicker ihm die Ehre gibt und von allen, coolen Partys des Tages seine wählt. Dabei ist der „Ich guck mal, ob ich es schaffe“-Typ der größte Verlierer: Weil er sich nicht entscheiden konnte, konnte er sich auf keine Party freuen. Obwohl das der Sinn eines fröhlichen Zusammenkommens ist: Freude, Spaß und Begeisterung. Nicht vielleicht, ganz sicher.

Bild: Flickr/ Stephan Kiessling

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