Ehrenamt und Uni: Lohnt sich das?

Ein Ehrenamt übernimmt man freiwillig und unentgeltlich. Doch neben Geld interessieren den Studierenden auch Arbeitstage oder Credit Points. Kann ehrenamtliches Engagement sich im Studium tatsächlich auszahlen? Die Antwort fällt alles andere als eindeutig aus. Von einem einheitlichen System sind die Unis nämlich weit entfernt.

Die Liste der Kritikpunkte am Bachelor-/Mastersystem ist lang. Einer dieser Punkte fiel bei der Diskussion um die Bologna-Reform bislang häufig unter den Tisch: Die geringen Erfolgschancen, ehrenamtliches Engagement im Studium einzubringen. Die Lehramtsstudiengänge sind dafür nur ein Beispiel: Waren zu Magisterzeiten Ausflüge in die Berufswelt fest vorgesehen, ist dies heute nicht mehr zwangsläufig so.

Ehrenamt im Studium

Es ist nicht immer einfach, sich ehrenamtliches Engagement im Studium anrechnen zu lassen. Foto: Helene Souza / pixelio.de

Das wirkt sich direkt auf die Anrechenbarkeit von Ehrenämtern aus. So verweist das Studienbüro Germanistik der Ruhr-Universität Bochum darauf, dass keine Praxiselemente im germanistischen Fachstudium vorgeschrieben sind. Entsprechend gebe es auch keine passende Anrechnungsmöglichkeit. Nur im Optionalbereich, der im 2-Fach-Bachelor an der RUB Pflicht ist, könne je nach gewähltem Studienfach eine Anrechnung eventuell möglich sein.

Tutor im Mentoringprogramm

Trotzdem gibt es Ausnahmen, etwa an der Universität Duisburg-Essen (UDE). Dort gibt es laut Dietmar Osthus, Professor für Germanistik und Vorsitzender des gemeinsamen Prüfungsausschuss der geisteswissenschaftlichen Fakultät, im 2-Fach-BA die Möglichkeit, als Tutor im Mentoringprogramm Credits zu erwerben. Angerechnet werden die Punkte aber nur in einem bestimmten Bereich.

Da anders als in Bochum Pflichtpraktika („Berufsfeldpraktikum“) vorgesehen sind, können Studierende zum Teil auch hier ihr ehrenamtliches Engagement anrechnen lassen. So nennt Dietmar Osthus den Förderunterricht im „Deutsch als Zweitsprache“-Programm der UDE als Möglichkeit, sich externe Praktika zu ersparen.

Ehrenamtliche Naturwissenschaftler

Je nach Universität und Fakultät sind die Möglichkeiten also unterschiedlich. Doch wie sieht es im Vergleich von Geistes- und Naturwissenschaften aus? Auf den ersten Blick scheinen die Geisteswissenschaftler im Vorteil, wirkt ein Ehrenamt im Kindergarten oder Sportverein für das Pädagogik- doch sinnvoller als für das Maschinenbaustudium. Umgekehrt gibt es wohl nur wenige Studenten, die in ihrer Freizeit unentgeltlich im Chemielabor arbeiten.

Wie das Beispiel Duisburg-Essen zeigt, ist es in Lehramtsstudiengängen wahrscheinlicher, dass die „Inhalte“ des ausgeübten Ehrenamts den Kriterien der Prüfungsämter entsprechen. Eine Anrechenbarkeit ist somit weniger kompliziert. Der zukünftige Ingenieur hingegen wird Probleme haben, die Prüfer zu überzeugen, dass sein Engagement mit dem Inhalt eines Pflichtpraktikums vergleichbar ist. Immerhin: An der Chemie-Fakultät der RUB gab es laut Prüfungsamt einige Genehmigungen, Prüfungstermine zu verlegen, wenn diese mit dem eigenen Engagement kollidierten. Insgesamt halten sich die Unterschiede zwischen Geistes- und Naturwissenschaften aber in Grenzen, da der Umfang der Anrechenbarkeit durch alle Fakultäten hindurch stark begrenzt ist.

Ratlos bei Nachfragen

Die Studierenden überrascht dies nicht. Viele von ihnen scheinen die Prämisse „freiwillig und unentgeltlich“ wörtlich zu nehmen. Nur so scheint erklärbar, dass viele Fakultäten eher ratlos auf Nachfragen zum Thema Ehrenamt reagierten. So erklärt eine Mitarbeiterin des Prüfungsamts Chemie in Bochum, sich an Einzelfälle nicht mehr erinnern zu können, weil die letzte Anfrage schon ziemlich lange zurückliege.

Und auch Professor Gehrhard Haberhauer, Professor und Vorsitzender des Prüfungsausschuss Chemie an der UDE, bestätigt, dass ihm bewusst noch kein Studierender untergekommen sei, „der sich danach erkundigt hat, ob er für Ehrenamt Credits oder angerechnet bekommt“. Ähnliches lässt sich auch über die anderen Fakultäten sagen, auch hier hört man häufig das Wort „Einzelfall“. Manche Prüfungsämter konnten aus diesem Grund sogar überhaupt keine Auskunft geben: „Damit mussten wir uns noch nie befassen.“

Drohender Bürokratiemarathon

Ganz offensichtlich spielt die Ehrenamtlichkeit an den Unis nur eine stark untergeordnete Rolle. Nur wenige bis gar keine Studierende kommen auf die Idee, aus ihrer Tätigkeit in Form von Credit Points oder weniger Praxisanteil Profit zu schlagen. Umgekehrt sind die Fakultäten häufig überfragt, wenn es im Einzelfall zu einer Anfrage kommt.

Insgesamt werden Studierende somit Schwierigkeiten haben, im Studium von ihrem Ehrenamt zu profitieren. Wie an der UDE stehen die Chancen noch am besten, wenn es sich um Tätigkeiten innerhalb der Uni handelt. Geht es um ein externes Ehrenamt, wartet mindestens ein „Bürokratiemarathon“, da in jedem Einzelfall geprüft werden muss, wie gut Ehrenamt und Prüfungsordnung inhaltlich zusammenpassen. Immer häufiger ist es diese Mühe aber nicht mehr wert. Einerseits ist es meist weniger aufwendig, das geforderte Praktikum einfach zu absolvieren, andererseits fallen die Praxisanteile im Studium immer öfter weg.

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