Weihnachten modern: Auch für Andersgläubige?

„Kling-Glöckchen“, „Oh Tannenbaum“ und „In der Weihnachtsbäckerei“ – die Kinder singen diese Lieder in der Adventszeit rauf und runter, voller Vorfreude auf das große Fest. Diese Lieder kennen alle: unabhängig davon, woran man glaubt und woher man kommt. Denn laut Statistiken ist nur etwa die Hälfte der Deutschen christlich. Aber wird in andersgläubigen Familien an Heiligabend auch gesungen?

Elif Coskun; Foto: Laura Millmann

Elif Coskun freut sich auf ihre Familie. Foto: Laura Millmann

Elif Coskun ist Muslima. Sie studiert Religionswissenschaften an der Bochumer Ruhr-Universität und arbeitet nebenbei im Kindergarten. Elif sorgt dafür, dass alle Kinder in ihrer KiTa- Gruppe die typischen Weihnachtslieder kennen lernen. „Ich finde, das gehört dazu. Ich lese den Kindern auch Weihnachtsgeschichten vor, auch den muslimischen Kindern. Ich finde, sie sollten das schon kennen.“

Muslima Elif: „Man macht halt mit“

Elif selbst liebt die weihnachtliche Atmosphäre, den Duft von gebrannten Mandeln und Plätzchen, die vielen Lichter, die die Stadt verzaubern und die zufriedenen Menschen, die über den Weihnachtsmarkt schlendern. Religiös bedeutet ihr das Fest aber rein gar nichts. Als sie noch ein kleines Kind war, gab es in der Familie Weihnachtsgeschenke. Auch wenn nicht immer pünktlich zum 24. Dezember. „Heiligabend ist ein ganz normaler Tag für uns. Wir sind praktizierende Muslime und christliche Feiertage feiern wir nicht“, meint Elif. Sie hat eine sehr passende Formulierung für ihr Verhalten gefunden: „Man macht halt so mit.“

Heute nutzen sie und ihre Familie die Gelegenheit, einfach Zeit miteinander zu verbringen und öfter Plätzchen zu backen. Weihnachtslieder wie „O Tannenbaum“, „Jingle Bells“ oder ähnliche zeitgemäße Lieder werden allerdings nicht angestimmt.

REMID-Studie: Religionen in Deutschland

REMID-Studie: Religionen in Deutschland

Und so geht es vielen Menschen in Deutschland. Denn eine REMID-Studie aus dem Jahr 2008 zeigt, dass nur knapp über die Hälfte aller Deutschen Christen sind, nämlich 50,8 Prozent. Zuden  Muslimen zählen sich ungefähr 3,3 Prozent der deutschen Bevölkerung, zum Buddhismus 0,25 Prozent. Knapp ein Viertelprozent in Deutschland sind gläubige Juden, an Hinduismus glaubt etwa jeder Tausendste. Einen großen Teil machen die Konfessionslosen aus, nämlich 23,8 Prozent.

Die atheistische Seite

Alexander Fall; Foto: Laura Millmann

Alexander Fall hat mit Weihnachten religiös nichts am Hut , Foto: Laura Millmann

Zu der letzten Gruppe zählt sich auch Alexander Fall: „Ich bin Atheist und von daher bewegt die Weihnachtszeit religiös gesprochen rein gar nichts in mir“, sagt er selbst über sich. Auch er studiert Religionswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum. Obwohl er ebenfalls die Atmosphäre zu Weihnachten schätzt, bemängelt er den übermäßigen Konsum. Mit einem religiösen Fest hat das seiner Meinung nach nicht mehr viel zu tun. Obwohl er, anders als Elif, Weihnachten insgesamt kritisiert, kommt er zu einem ähnlichen Ergebnis: „Man macht schon irgendwie mit, aber ganz oberflächlich.“ Doch auch er nutzt die Gelegenheit, mal wieder Zeit mit seiner Familie zu verbringen. Weihnachten wird bei ihm also vom christlichen zum kulturellen Fest.

Weihnachten oder Hanukkah?

Dies trifft auch bei Nadja Bobrova und ihrer Familie zu. Ihre Familie ist jüdisch und auch sie verbindet mit Heiligabend einen reich gedeckten Tisch und die Möglichkeit, sich nah zu sein: „Es ist kein großer Feiertag, aber ein schöner Anlass um zusammenzukommen“, meint Nadja. Ihre kleinen Geschwister bekommen auch Geschenke, damit sie nach den Ferien in der Schule etwas erzählen können.

Nadja Bobrova; Foto: Laura Millmann

Nadja Bobrova zieht Hanukkah Weihnachten vor. Foto: Laura Millmann

„Meine Geschwister können sich freuen, sie bekommen zweimal etwas geschenkt“, sagt Nadja dazu. Denn sie feiert vor allem Hanukkah, das dieses Jahr vom ersten bis zum neunten Januar stattgefunden hat. Nächstes Jahr überschneidet sich Hanukkah sogar mit Weihnachten, wenn es vom 20. bis zum 28. Dezember gefeiert wird. Zum Hanukkah-Fest kommen die jüdischen Familien zusammen, um jeden Tag eine Kerze anzuzünden und traditionelle Hanukkah-Lieder zu singen. Obwohl es sich recht ähnlich anhört, sind Weihnachten und Hanukkah aus Nadjas Sicht dennoch sehr unterschiedlich: „Es ist schwierig, sie zu vergleichen. Es ist zwar beides im Winter, aber die Ursprünge sind einfach ganz unterschiedlich.“

Elif versucht in ihrer Kindergruppe den Ursprung von Weihnachten zu vermitteln, indem sie die Weihnachtsgeschichte vorliest. Außerdem hat sie mit den Kindern auch eine Kirche besucht.

Aber wie viele Christen kennen noch die eigentliche Bedeutung von Weihnachten? Weihnachten scheint in Deutschland auch für immer mehr Christen vor allem aus Weihnachtsmarkt, vielen Lichtern, leckerem Essen und vor allem aus Geschenken zu bestehen. Vor allem der Konsum steigert sich von Jahr zu Jahr. Konsumforscher rechnen dieses Jahr laut „Spiegel“ mit einem Umsatz von 14 Milliarden Euro.

Aber Weihnachten ist auch ein Fest an dem Familien zusammenkommen. Vielleicht hat sich Weihnachten also längst von einem rein religiösen zu einem kulturellen Fest gewandelt.

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