Es wird politisch: Neues am Dortmunder Schauspiel

Premiere von "Die Show"

Die kulturelle Durststrecke am Dortmunder Stadttheater hat ein Ende: Vor einem Monat startete die neue Eigenproduktion „DIE SHOW“ mit einem Knall, am Samstag sorgte eine Inszenierung des Berliner Künstlerkollektiv Zentrum für Politische Schönheit mit dem Stück „2099“ deutschlandweit für Aufregung. Was in dieser Spielzeit noch zu erwarten ist und welche Bilanz das Schauspiel nach dem ersten Jahr Theaterflatrate für Studierende zieht.

Jaguarbaby Raja hat Glück gehabt. Im Vorfeld der Premiere von „2099“ am Dortmunder Schauspiel hatte das Zentrum für Politische Schönheit angekündigt, das Tier aus dem Dortmunder Zoo im Anschluss an ihre „Entlarvung der verlogenen Doppelmoral einer bürgerlichen Gesellschaft“ zu erschießen. Noch bevor sich die Aktion als künstlerische Provokation heraus stellte, hatte sich Intendant Kay Voges davon sicherheitshalber distanziert. Mit diesem Paukenschlag war dem Schauspiel schon vor Start der Spielzeit überregionale Presse garantiert.

Doch auch ohne die prominenten Gäste aus der Hauptstadt testet das Schauspiel in der gerade angelaufenen Saison seine Grenzen aus: mit „Besessen“ kommt ein Horrorstück ab 18 auf die Bühne, „Die Möglichkeit einer Insel“ wird komplett animiert. Generell gilt wie schon in den letzten Jahren: Video ist ein Muss!

Nicht verpassen! - Die Highlights der neuen Spielzeit

DIE SHOW: Die medienkritische Satire „Das Millionenspiel“ aus den 70ern wird auf die Spitze getrieben: Ein Mensch rennt in Dortmund um sein Leben, bedroht von einem Killerteam, angelockt von einem Geldkoffer mit einer Million Euro. Wer bekommt das bessere Leben, wer den Tod? Online kann das Publikum mitdiskutieren. Unter #dieshowdo fallen die ersten Reaktionen positiv aus: 

Das Maschinengewehr Gottes: Wenzel Storchs „Kriminal-Burleske aus dem Messdienermilieu“ verspricht den Zuschauerinnen und Zuschauern gelangweilte Ministranten, die sich versehentlich einen Priester-Automaten aus dem Katalog bestellen. Bei der Explosion des geistlichen Gewehrs finden die Jugendlichen schließlich Anzeichen auf einen schlesischen Geheimorden. Innovativ und offensichtlich so gut, dass die taz passenderweise schreibt: „Geheiligt sei Wenzel, sein Reich komme.“

DIE POPULISTEN: Kein Theaterstück, sondern eine Gründungsparty: Die Berliner Aktionskünstler des Peng!Collective lädt am 6. November zur feierlichen Einweihung der neuen PR-Agentur „DIE POPULISTEN“, frei nach dem Motto: „Jedes Unternehmen hat seine eigene Abteilung für Public Relations – und wir? Die Zivilgesellschaft?“ Das Peng!Collective ist sich nicht zu schade, hochrangige Vertreter aus Film und Fernsehen anzuwerben, um für die „gute Sache“ dieser Gesellschaft zu kämpfen. Welche Ziele das sind und wer das überhaupt ist, diese Zivilgesellschaft? „Die kann man gar nicht ankündigen“, sagt Djamak Houmayon, Pressesprecherin des Schauspiels, „die sind einfach cool.“

Die Borderline Prozession: Zum Bäcker gehen oder zum IS? Heiraten oder übers Mittelmeer flüchten? Egal, worauf die Entscheidung fällt, sie wird publik gemacht. Im Stück schwanken die Darsteller zwischen den Extremen, zwischen Alltag und Unaussprechlichem. Boderline eben. Hier zeigt sich die leichte Kursänderung des Schauspiels: noch politischer, lauter, deutlicher. 

Dank der Theater-Flatrate, die vor einem Jahr eingeführt wurde, können Dortmunder Studierende all diese Stücke gratis sehen. Die Bilanz nach dem ersten Jahr ist positiv: Über 5000 TU-Tickets wurden herausgegeben, davon entfiel rund die Hälfte auf das Schauspiel. Stark vertreten waren auch die Oper und das Ballett mit jeweils circa 20 Prozent. „Die Nachfrage hat unsere Erwartungen übertroffen“, sagt Alexander Kalouti, Leiter der Pressestelle. Noch eine gute Nachricht: Zumindest diese Spielzeit bleibt Kultur für Studis kostenlos, über eine Fortsetzung der Kooperation wird schon diskutiert. Auch Studierende der TU stehen der Theaterflatrate positiv gegenüber, obwohl nicht jeder sie nutzt.

 

Umzug in den Megastore

Die größte Änderung am Theater ist sicherlich der Wechsel der Spielstätte mitten in der Saison. Während das Schauspielhaus im Theaterkarree renoviert wird, zieht das Schauspiel in unübliche Räumlichkeiten: in den Megastore des BVB nach Hörde. „Darauf sind wir selbst gespannt“, sagt Pressesprecherin Djamak Houmayon. Der Store sei ein „neu entdeckter Theaterort mit Werksatmosphäre“, den das Publikum Anfang 2016 besichtigen kann. Ein neuer Raum für Ideen, für den das Schauspiel noch einige Überraschungen bereit hält. Schon im Oktober kommt ein extra Programm mit Stücken speziell für die neue Location heraus.

Beitragsbild: Birgit Hupfeld/Pressefoto Theater Dortmund

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