Gemeinsam gegen das leere Blatt

Schluss mit Schreibfäule und Schreibblockaden: Bei der zweiten Schreibwoche der Ruhr-Universiät Bochum kämpfen rund 90 Studenten, Forscher und Mitarbeiter gemeinsam gegen ihre leeren Blätter an. Noch bis Freitag wird von 10 bis 16 Uhr systematisch geschrieben, diskutiert, strukturiert und korrigiert. Mit viel Kaffee, etwas Frust, aber auch jeder Menge Spaß.

Im Schreibfieber: Eva (links) und Isabell kommen bei der Schreibwoche gut voran. Foto: Laura Zacharias

Im Schreibfieber: Eva (links) und Isabell kommen bei der Schreibwoche gut voran. Foto: Laura Zacharias

Still und konzentriert starren Eva (26) und Isabell (23) auf ihre Laptops. Abgesehen von leisen Tippgeräuschen herrscht absolute Stille im Seminarraum der Ruhr Uni Bochum, in dem die beiden sich mit anderen Studenten ausgebreitet haben. Wasserflaschen, Bücherberge und auch ein Schild mit gleichlautender Aufschrift an der Tür machen deutlich: In diesem Raum wird nicht geredet, dafür fleißig gearbeitet. Und das bereits seit 10 Uhr morgens. Trotz Semesterferien und Sonnenschein. Das ist die 2. Schreibwoche der RUB, zu der sich rund 90 Studenten, Doktoranden und Mitarbeiter angemeldet haben.

„Wenn ich allein zu Hause sitze kann ich einfach nicht gut schreiben“, sagt Eva, als sie sich draußen auf dem Flur eine kurze Pause gönnt, um einen Apfel zu essen. „Hier bei der Schreibwoche“, erklärt sie, „gibt es einen festen Anfangs- und Schlusszeitpunkt, das hilft mir unheimlich.“ Die Masterstudentin mit den Fächern Germanistik und Französisch möchte in dieser Woche ihre „böse Linguistik-Hausarbeit“ fertig machen. „So dass ich am Wochenende nur noch Korrektur zu lesen brauche“. Einen kleinen Fortschritt kann Eva schon stolz verkünden: „Sechs von 20 Seiten sind es schon. Immerhin.“

Oberstes Gebot: Eigenständigkeit

Auf der Zielgeraden: Jeder Teilnehmer hat seine persönlichen Erwartungen an sich selbst vorab festgelegt. Foto: Laura Zacharias

Auf der Zielgeraden: Jeder Teilnehmer hat seine persönlichen Erwartungen an sich selbst vorab festgelegt. Foto: Laura Zacharias

Zu viel Ablenkung am eigenen Schreibtisch, zu viele Komilitonen in der Bibliothek, Schwierigkeiten, sich allein zu strukturieren: Probleme, die wohl fast jeder Student in Verbindung mit größeren schriftlichen Projekten kennt. Maike Wiethoff und ihre Kollegen vom Schreibzentrum der Bochumer Uni wollen mit dem Projekt „Schreibwoche“, das seit Montag läuft, Abhilfe schaffen. „Wir fangen morgens erst einmal mit einer kurzen Auftaktübung an“, erklärt sie. „Dann geht es – abgesehen von einer Mittagspause und freiwilligen Workshopangeboten – ans selbstständige Arbeiten.“

Das passiert nicht nur in den drei Räumen, in denen absolute Ruhe herrscht: In einem weiteren Raum stehen jede Menge Flipcharts, die nach Brainstorming, Mindmap und ähnlichen Strukturierungsübungen aussehen. „Hier wird konzipiert, und die Teilnehmer können sich gegenseitig Feedback geben“, erklärt Wiethoff. „In erster Linie wollen wir, dass die Teilnehmer eigenständig arbeiten und sich untereinander helfen.“ Es gebe allerdings neben den Mitarbeitern des Schreibzentrums zusätzlich noch drei Tutoren, die jederzeit bei Problemen ansprechbar seien.

Tutoren helfen weiter

Berater auf Augenhöhe: Tutor Benny studiert Geschichte und hat selbst noch einiges an Schreibarbeit zu tun. Foto: Laura Zacharias

Berater auf Augenhöhe: Tutor Benny studiert Geschichte und hat selbst noch einiges an Schreibarbeit zu tun. Foto: Laura Zacharias

Benny (25) ist einer von ihnen. Der Geschichtsstudent arbeitet im Tutorienzentrum der RUB und gibt dort regelmäßig Feedback zu wissenschaftlichen Arbeiten. „Ich bin zwar Ansprechpartner, aber ich will hier auch selbst ein paar kleinere Projekte fertig bekommen“, erzählt er, während er sich im sogenannten Kommunikationsraum einen frischen Kaffee eingießt. „Eine Bibliographie zum Beispiel oder ein dreiseitiges Essay. Bisher bin ich da noch nicht so voran gekommen.“ Er schaut zu zwei Studentinnen hinüber, denen es scheinbar gerade ähnlich ergeht. Sie sitzen an einem Tisch, auf dem neben einer Schale Gummibärchen ein Schild mit der Aufschrift „Ich möchte jammern“ steht. „Ich suche Literatur, es gibt aber keine“, sagt die eine. „Ich habe seit heute morgen um zehn meinen toten Punkt“, scherzt die andere und beide müssen lachen.

Zwar lässt die Schreibwoche jedem seinen eigenen Arbeitsrhythmus, eine gesunde Mischung aus Druck und Lob darf natürlich nicht fehlen. Im Kommunikationsraum gibt es auf der einen Seite eine „Wall of Fame“, an der jeder seine täglichen Erfolge mit Post-Its verkünden kann. Gegenüber hat jeder sein persönliches Wochenziel auf einen Pfeil geschrieben und an den Rand einer großen Zielscheibe an der Wand geklebt. „Dieser Pfeil wird jeden Tag je nach Fortschritt verschoben“, sagt Maike Wiethoff. „Wir hoffen natürlich, dass alle der Mitte möglichst nahe kommen!“

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