Ein Lkw ist am Montag, 19. Dezember, in den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche gerast. Zwölf Menschen sind dabei ums Leben gekommen, über 40 weitere sind teilweise schwer verletzt worden. Auf den Vorfall folgten nicht nur großer Schrecken, angestrengte Ermittlungen und Spekulationen, sondern auch zahlreiche Beileidsbekundungen und Solidaritätserklärungen in den sozialen Netzwerken.
Unmittelbar, nachdem sich die Nachricht von dem Vorfall verbreitete, riefen die Behörden zur Ruhe auf. Die Einsatzkräfte sollten nicht unnötig von ihrer Arbeit abgehalten werden. Spekulationen über einen möglichen Anschlag seien verfrüht und sinnlos. Die Polizei Berlin nutzte einen speziellen Twitteraccount, um zu den Vorfällen zu informieren und ergänzte ihr übliches Profilbild mit einer schwarzen Trauerschleife.
Bitte helfen Sie uns. Bleiben Sie zu Hause & verbreiten Sie keine Gerüchte. Folgen Sie uns hier für wichtige Infosl. #Breitscheidplatz
— PolizeiBerlinEinsatz (@PolizeiBerlin_E) December 19, 2016
Das beste wäre , Polizei und Ärzte ihre Arbeit machen zu lassen und ansonsten abzuwarten bis Morgen, wenn vielleicht mehr Klarheit herrscht
— Uwe Hauck (@bicyclist) December 19, 2016
Dennoch gingen viele, auch aufgrund der Ähnlichkeit zu der Tat in Nizza im vergangenen Juli, unmittelbar von einem Anschlag aus. Fehlmeldungen wie diese konnten aber schnell als solche enttarnt werden:
These Photos From The Christmas Market Crash In Berlin Are Totally Fakehttps://t.co/iLuHnKJIc6 pic.twitter.com/c89nq08urv
— BuzzFeed News (@BuzzFeedNews) December 19, 2016
Schuldzuweisungen ließen ebenfalls nicht lange auf sich warten. Bereits eine gute Stunde nach dem Unglück twitterte AfD-Politiker Marcus Pretzell, wer seiner Meinung nach für das Unglück verantwortlich sei. Dafür erntete er viel Kritik von etablierten Politikern wie Volker Beck (Bündnis ’90/Die Grünen).
Wann schlägt der deutsche Rechtsstaat zurück? Wann hört diese verfluchte Heuchelei endlich auf? Es sind Merkels Tote!#Nizza#Berlin
— Marcus Pretzell (@MarcusPretzell) December 19, 2016
Wer versucht aus einer solchen Tragödie politisches Kapital zu schlagen, dem fehlt es an Mitgefühl für die Opfer und an Anstand. https://t.co/FmBkEcPsxl
— Volker Beck (@Volker_Beck) December 19, 2016
Dabei gab die Polizei erst am frühen Dienstagmorgen, 20. Dezember, bekannt, dass sie tatsächlich von einer Tatabsicht ausging – und selbst das war noch keine Bestätigung für einen terroristischen Anschlag.
Unsere Ermittler gehen davon aus, dass der LKW vorsätzlich in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt am #Breitscheidplatz gesteuert wurde
— PolizeiBerlinEinsatz (@PolizeiBerlin_E) December 20, 2016
Schnell reagierte auch die Berliner Kirche St. Matthias, die Trauernden einen Ort zur Einkehr und zum Gebet bieten wollte, ohne dabei die Empfehlungen der Polizei zu umgehen.
Die Kirche Sankt Matthias auf dem Winterfeldtplatz ist noch kurz offen zum Gebet. Wir haben die Totenglocke geläutet…
Posted by St. Matthias (Berlin) on Montag, 19. Dezember 2016
Facebook richtete für den Vorfall wie bereits bei den Anschlägen in Paris und Brüssel einen „Safety Check“ ein. So konnten sich Berliner und Besucher mit einem Klick als „sicher“ markieren und Freunde und Verwandte beruhigen. Auch Facebook sprach zunächst schnell von einem „Anschlag“, ruderte dann aber zurück.
#Facebook spricht jetzt von "Gewalttat" und nicht mehr von "Anschlag". #Breitscheidplatz pic.twitter.com/jJ3tStJh2q
— Matthias Meisner (@MatthiasMeisner) December 19, 2016
Ähnlich wie nach den vergangenen Anschlägen in Paris und Brüssel sammelten sich Beileidsbekundungen unter dem Hashtag #PrayForBerlin. Andere erinnerten sich an das berühmte J.F. Kennedy Zitat „Ich bin ein Berliner“, um mit Opfern und Angehörigen zu solidarisieren. Das Symbol der schwarzen Trauerschleife sowie die Farben der Deutschlandflagge waren ebenfalls in zahlreichen Postings zu sehen. Viele deutsche Prominente und Medien drückten ihre Betroffenheit über Twitter und Instagram aus.
https://www.instagram.com/p/BONocWFBMtr/?tagged=prayforberlin
#IchBinEinBerliner. pic.twitter.com/EhSs1M7Fpq
— BILD (@BILD) December 19, 2016
Das Ereignis wird als umso tragischer wahrgenommen, weil es so kurz vor den besinnlichen Tagen passierte, auf die sich die Besucher auf dem Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche einstimmen wollten.
Der deutsche Moderator Jan Böhmermann und sein Kollege Olli Schulz brachen das Zirkusspezial zu ihrer Podcast-Sendung „Fest und Flauschig“ im Tempodrom sofort ab, als sie von den Vorkommnissen hörten.
Keine Angst.
Kein Hass.
Keine Angst.
Kein Hass.Lasst uns zusammen halten.
Habt einen sicheren, guten Abend. #tempodrom #janolli— Jam Bhörmenann (@janboehm) December 19, 2016
Auch international reagierten viele Prominente und Politiker auf den Anschlag.
Our thoughts go out to all the families of the victims at the Christmas Market in Berlin. We were at that market last night. So so sad
— OneRepublic (@OneRepublic) December 19, 2016
https://twitter.com/R9Soldado/status/810962811572649984?ref_src=twsrc%5Etfw
J'exprime ma solidarité et ma compassion à la Chancelière Merkel, au peuple allemand et aux familles des victimes de Berlin.
— François Hollande (@fhollande) December 19, 2016
Der zukünftige US-Präsident Donald Trump setzte den Vorfall in Berlin mit dem Anschlag auf den russischen Botschafter in der türkischen Hauptstadt Ankara und dem Amoklauf in einer Züricher Moschee in Verbindung. Beides passierte ebenfalls am Montag. Das Attentat in der Türkei soll außerdem islamistisch motiviert gewesen sein. Trump sehe die Geschehnisse als Zeichen, dass die westliche Welt umdenken müsse.
Today there were terror attacks in Turkey, Switzerland and Germany – and it is only getting worse. The civilized world must change thinking!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) December 19, 2016
Auch der ehemalige deutsche Fußballnationalspieler Michael Ballack forderte zum Umdenken auf. Die Menschlichkeit müsse endlich wieder im Vordergrund stehen.
https://twitter.com/Ballack/status/810958201529241600?ref_src=twsrc%5Etfw
Der zunächst festgenommene Tatverdächtige stellte sich als unschuldig heraus, wie die Polizei Berlin am Dienstagnachmittag bekannt gab.
Der festgenommene Tatverdächtige streitet derzeit die Tat am #Breitscheidplatz ab. Wir sind daher besonders wachsam. Seien Sie es bitte auch
— PolizeiBerlinEinsatz (@PolizeiBerlin_E) December 20, 2016
Der Tathergang dagegen konnte mittlerweile genauer rekonstruiert werden.
Ausführlichere Informationen über den Tathergang vom Anschlag in #Berlin – nach derzeitigem Stand. #Breitscheidplatz pic.twitter.com/zjzUiN7k0n
— ZDF heute journal (@heutejournal) December 20, 2016
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Dienstagmorgen dann auch offiziell erklärt, wovon viele ohnehin schon ausgingen. So müsse man bei den Vorfällen nach aktuellem Stand von einem Anschlag ausgehen.
Erklärung Kanzlerin #Merkel:Die Kraft finden für das Leben,wie wir es in Deutschland leben wollen:frei, miteinander,offen #Breitscheidplatz pic.twitter.com/44Btve2em9
— Steffen Seibert (@RegSprecher) December 20, 2016
Wie bereits von vielen erwartet, beanspruchte die Terrormiliz IS den vermeintlichen Anschlag in Berlin für sich.
BREAKING: #ISIS claims responsibility for #BerlinAttack https://t.co/PRyvH33oxa pic.twitter.com/0siXkRRG0L
— RT (@RT_com) December 20, 2016
Das heißt jedoch nicht, dass die Miliz die Tat auch wirklich in Auftrag gegeben hat. Beweise gibt es dafür bislang nämlich noch nicht.
#ZDF-Terrorismusexperte Theveßen: IS-Bekenntnis "mit ganz großer Vorsicht genießen" pic.twitter.com/68M6mMnZCH
— ZDF heute (@ZDFheute) December 21, 2016
Neben dem allgegenwärtigen Mitgefühl dominieren nach dem Anschlag in Berlin Angst und Ungewissheit die sozialen Medien. Eine Möglichkeit, mit dieser Panikmache umzugehen, schlägt das Youtuber-Gespann von „Jung & Naiv“ vor.
Posted by Jung & Naiv on Dienstag, 20. Dezember 2016
Beitragsbild: flickr.com/Antoon Kuper unter Verwendung der CreativeCommons-Lizenz