TU: Professor nennt Studenten „hirnlose Hinterbänkler“

Ein Beitrag von Tobias Fülbeck

Die Reihen sind dicht gedrängt, als am Mittwoch Henkel-Manager Hans-Willi Schroiff im Wirtschaftswissenschaften-Modul „Markt und Absatz“ einen Gastvortrag hält. Doch viele Studenten scheinen sich nicht für den Vortrag zu interessieren, sind vermutlich mit den Gedanken und Gesprächen bei den Weihnachtsferien. Das alleine ist nichts Neues in diesen Tagen und wäre wohl kaum einen Bericht wert. Doch der Inhaber des Lehrstuhls für Marketing an der TU Dortmund, Hartmut Holzmüller, war nach der Vorlesung bedient. Der Gast-Vortrag geriet offenbar zur Farce.

Foto: Jürgen Huhn

Hartmut Holzmüller. Foto: Jürgen Huhn

In einer E-Mail, die der pflichtlektüre vorliegt, hat er sich am Donnerstagmorgen an seine Studenten gewandt – und sprach von einem Verhalten, das „völlig unakzeptabel“ sei. Er vermisse „jede Form einfacher Höflichkeit“, kritisierte „laute und fortwährende Gespräche“, die den Auftritt des Marketing-Managers Schroiff (offizieller Titel bei Henkel: Vice President Market Research/Business) gestört hätten. „Alle Studierenden, die den Vortrag durch für mich unerklärliche Disziplinlosigkeit gestört haben, haben dem Standort Dortmund sehr geschadet“, erklärt Holzmüller. Viele hätten „offensichtlich nicht begriffen, dass Herr Schroiff ein Meinungsführer in der Branche ist“. Er werde mit einem „sehr negativen Eindruck“ zu Henkel zurückkehren und „kein gutes Bild unserer Fakultät zeichnen“. Damit, so Holzmüller weiter, „werden Versuche vereitelt, das Image unserer Fakultät in der Fachöffentlichkeit zu verbessern“. Und Holzmüller legt nach: „Eine Gruppe von hirnlosen Hinterbänklern schadet damit dem gesamten Standort und verschlechtert für alle Absolventen die Aussicht auf Anstellung bei renommierten Unternehmen.“ Nicht unerwähnt möchte er lassen, „dass Sie meine Motivation, in dieser Lehrveranstaltung gute Lehre anzubieten, gegen Null gefahren haben“.

Auch in anderen Veranstaltungen der Wirtschaftswissenschaften waren Professoren mit respektlosen Studenten konfrontiert. In der Einführungsveranstaltung „Markt und Absatz“ werden Papierflieger gebaut, mit denen Professoren abgeworfen werden. Ebenfalls beliebt bei einigen Studenten: Sobald die Sonne scheint, werden die auf das Ziffernblatt von Uhren fallenden Strahlen in das Gesicht des Lehrenden reflektiert. Auch in den Sekretariaten des Lehrstuhls ist die Stimmung angespannt. Die Mitarbeiterinnen vermissen Respekt, Umgangsformen sowie Anreden und Klarnamen in E-Mails.

Holzmüller war am Donnerstagvormittag auf Nachfrage der pflichtlektüre nicht erreichbar. Gastredner Schroiff ist bereits im Weihnachtsurlaub. Den derzeit wohl alle Beteiligten, Studenten wie Lehrende, gut gebrauchen können.

3 Comments

  • Christian Alexander Tietgen sagt:

    Die Studenten werden schon ihre Gründe haben.

  • u.m.c. sagt:

    Recht hat er!!! Als Ersti darf man sich noch wie’n Fünftklässler vor den Sommerferien aufführen. Aber solche Veranstaltungen sollten doch für die höheren Semester sein. Und wer dann noch nicht die richtige Karrierementalität, gerade in solch einem Fach, entwickelt hat, der sollte vielleicht doch besser Landschaftsgärtner werden.

    Wenn man darauf keinen Bock hat, dann bleibt man fern – wenn’s ’ne Pflichtveranstaltung ist, dann nimmt man was zu lesen mit oder surft leise im Netz – aber selbst für solche Strategien scheinen die Dortmunder Studis zu dumm zu sein.

    Nadelstreifen bekommen sie noch – Nieten sind sie schon.

  • Lisa sagt:

    Ehrlich gesagt kann ich den Professor sehr gut verstehen. Ich finde es einfach respektlos denjenigen gegenüber, die etwas lernen möchten. Niemand wird dazu gezwungen, in die Universität zu gehen, ein bestimmtes Fach zu studieren oder sich in eine Vorlesung zu setzen. Wenn man sich nicht interessiert, soll man einfach zu Hause bleiben.
    Ich muss mir leider auch eine Vorlesung antun, in der ich gemeinsam mit Wirschaftswissenschaftsstudenten sitzen muss, und kann auch nur bestätigen, dass viele (natürlich nicht alle) der Studenten sich extrem respektlos und kindisch benehmen.
    Das Verhalten und die E-Mail des Professors sind meiner Meinung nach sehr gut nachvollziehbar und auch nicht überzogen. Schließlich lassen die Studierenden in einer normalen Veranstaltung nicht mit sich reden. Es ist wirklich peinlich zu wissen, dass ich an der gleichen Uni wie ssolche Leute studiere.

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