„Das Theater soll der Spiegel der Gesellschaft sein“

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Theater ist ein Medium zum Reflektieren. Foto: Gabi Schoenemann, Quelle: pixelio

Theaterwissenschaft – ja was ist das eigentlich? Trockene Text-Analysen?  Mareike Möller erzählt, dass es genau das eben nicht ist. Die 27-Jährige aus Witten hat in Bochum an der RUB Theaterwissenschaften und Komparatistik auf Bachelor und Master studiert, und nun steht sogar die Promotion an. Im Gespräch mit pflichtlektuere-Reporterin Sandra Finster erzählt sie darüber und warum ihr Charakter doch nicht an Schauspielschulen gebrochen wurde.

pflichtlektüre online: Mareike, was genau macht die Theaterwissenschaft?

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Mareike Müller liebt das Theater. Foto: Sandra Finster

Mareike Möller: Theaterwissenschaft ist die Theorie, Geschichte und Analyse des Theaters. Doch geht es dabei um das, was auf der Bühne passiert. Im Vordergrund steht die Inszenierung und nicht der Text des Stückes. Theaterwissenschaft ist also nicht mit Schauspielerei gleichzusetzen.

pflichtlektüre online: Wofür wird die Theaterwissenschaft  denn überhaupt gebraucht?
Mareike Möller: Ich denke, dass Theater ein Spiegel für die Gesellschaft sein soll. Es gibt den Zuschauern Anregungen zur Reflexion über sich und die Welt, in der sie leben. Theater sollte nicht nur unterhalten,  obwohl dieser Punkt auch nicht zu kurz kommen darf. Daneben soll das Theater die Köpfe und Herzen der Zuschauer erreichen und Fragen stellen. Und die Wissenschaft hierüber macht diese Prozesse sichtbar.

pflichtlektüre online: Was ist der Unterschied zum Film?
Mareike Möller: Theater zeichnet sich im Gegensatz zum Film durch seine Flüchtigkeit aus. Einen Film kann man wiederholen, jede Vorführung ist anders. Die Flüchtigkeit und Unmittelbarkeit machen das Theater aus. Früher versuchte es dabei die Wirklichkeit abzubilden. In dem Moment jedoch, als der Film kam, war es damit vorbei. Der Film bildete nun die Realität ab. Theater ist heute Reflexion über die Welt.

pflichtlektüre online: Welche Rolle spielen dann denn Film, Fernsehen und andere Medien auf der Bühne?
Mareike Möller: Intermedialität beschäftigt sich mit den Beziehungen zwischen den verschiedenen Medien und deren Verflechtung. Das spielt im Theater eine große Rolle. Wir können heute aus allem schöpfen: In vielen Stücken werden zum Beispiel Videofilme genutzt. Der Regisseur René Pollesch macht das beispielsweise super. In einem seiner Stücke sitzen Zuschauer auf drehbaren Bürostühlen in der Saalmitte und werden von allen vier Seiten umspielt.

Möller: „Eigentlich wollte ich Schauspielerin werden.“

pflichtlektüre online: Du machst gerade deinen Doktor in Theaterwissenschaft, wie kam es dazu?
Mareike Möller: Mein Traum war es eigentlich immer Schauspielerin zu werden. Doch Bewerbungen in diese Richtung scheiterten und ich merkte mit der Zeit, dass ich eine gewisse Ordnung und Struktur im meinem Leben brauche, die mir als Schauspielerin fehlen würden. Zudem war ich als Kind eher schüchtern und baute mir mit der Zeit erst mein Selbstbewusstsein auf. Viele Schauspielausbildungen sind aber so ausgelegt, dass sie erst einmal den Charakter eines Menschen brechen, um ihn dann wieder aufzubauen. Ich wollte meinen Charakter aber nicht brechen und gelangte so zur Theaterwissenschaft. Nachdem ich erfolgreich meinen Master hatte, schlug mir mein Professor die Promotion vor.

pflichtlektüre online: Was wirst du nach deiner Promotion machen?
Mareike Möller: Ich möchte mich gerne der Lehre widmen, denn allein in einer Kammer zu forschen gefällt mir nicht. Ich brauche die Kommunikation und mir ist der soziale Aspekt bei meiner Arbeit sehr wichtig. Ich habe bereits ein Seminar gehalten und hatte zuerst Angst, dass ich nicht alle Fragen der Teilnehmer beantworten könnte. Doch es zeigte sich, dass die Angst unbegründet war und alle sehr engagiert mitarbeiteten.  Forschen ist spannend, aber mein Fokus liegt auf der Lehre.

pflichtlektüre online: Was machst du, wenn du nicht an deiner Promotion arbeitest?
Mareike Möller: Ich spiele in Theaterprojekten und spreche Rollen in Hörspielen. Hörspiele sind neben dem Theater meine andere große Leidenschaft.

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