Brain Drain: Spaniens verlorene Generation

Ein Beitrag von Alberto Sisí Sánchez und Sandra Calvo Pastor

Sie alle haben sich auf den Weg nach Deutschland gemacht, um hier einen Job und ihr Glück zu suchen – so wie Tausende andere Spanier. Denn ihre Heimat steckt tief in der Eurokrise und befindet sich in der schwierigsten Situation seit Jahrzehnten. Bei den spanischen Banken klaffen Kreditlöcher in Milliardenhöhe, die Arbeitslosigkeit steigt, die Jugend geht auf die Straße. Jeden Tag sind die Zeitungen voll mit schlechten Nachrichten. Das Nationale Institut für Statistik zählt fast sechs Millionen Arbeitslose – fast 25 Prozent, Tendenz steigend. Es gibt eine Menge Gründe, Angst zu haben, vor allem für die jungen Menschen.

Beatriz ist seit neun Monaten in Deutschland, sie studiert an der TU Dortmund. Foto: A. Sánchez

Beatriz ist seit neun Monaten in Deutschland, sie studiert Maschinenbau an der TU Dortmund. Foto: Alberto Sisì Sánchez

Beatriz ist 29 Jahre alt, sie stammt aus Las Palmas de Gran Canaria. In Spanien hat sie Bauningenieurwesen studiert, sie hat auch schon gearbeitet – bevor die Krise kam. Dann war sie zwei Jahre arbeitslos. Sie hat die Verzweiflung erlebt, die bei den jungen Menschen in Spanien jeden Tag weiter um sich greift. Vor einem Jahr kam sie nach Deutschland, heute wohnt sie in einem Studentenwohnheim in der Nähe der TU Dortmund. Jetzt spezialisiert sie sich auf Maschinenbauingenieurwesen. Sie spricht Englisch und Französisch – Deutsch sogar schon fast 15 Jahre lang. In Dortmund will sie ihr Studium beenden: „Es ist ein guter Weg, mein Deutsch zu verbessern und die deutsche Kultur besser kennenzulernen“, sagt sie.

Beatriz ist nach Dortmund gekommen, weil es ein günstiger und gemütlicher Ort für Studenten ist. „Man muss bereit sein, diese neue Kultur zu akzeptieren“, sagt Beatriz, „man darf nicht erwarten, dass hier alles wird wie in Spanien.“ Vor allem die Sprache sei ihr wichtig – ohne sie könne man keinen Job finden, nicht hier leben. Sie hat sich entschieden, nach Deutschland zu kommen, weil Ingenieure gefragt sind und es gute Chancen gibt, einen Job zu finden.

Ohne Job, ohne Perspektive

Auch der Wirtschaftsprofessor Indalecio Corugedo de las Cuevas beobachtet den spanischen Brain Drain. Foto: Miriam Grün

Auch der Wirtschaftsprofessor Indalecio Corugedo de las Cuevas beobachtet den spanischen Brain Drain. Foto: Miriam Grün

In Spanien sieht die Situation anders aus: Es ist schwierig, fast unmöglich einen Job zu finden. Es gibt fast zwei Millionen Menschen unter 26, die keinen Job finden. Die Hälfte der Absolventen findet keine Arbeit in ihrem Bereich, oft gibt es nur unbezahlte Praktika. Dabei sind die Jungen so gut ausgebildet, wie keine Generation vor ihnen. Viele sprechen mehr als zwei Sprachen, haben ein abgeschlossenes Master-Studium und sind bereit, in jede beliebige Stadt zu ziehen – so wie Beatriz.

Experten sprechen darum von der „verlorenen Generation“, Spaniens verlorener Generation. Indalecio Corugedo de las Cuevas ist Professor für Mikroökonomie in Madrid, auch er beobachtet den spanischen Brain Drain und erklärt: „Momentan gibt es einen starken Exodus von spanischen Studenten. Man kann sie auch als wirtschaftliche Flüchtlinge bezeichnen.“ Vor allem Deutschland locke viele Studenten und Absolventen an. Im Jahr 2011 hätten mehr Menschen beschlossen, das Land zu verlassen, als in den Jahren zuvor. Dadurch schrumpfe die spanische Bevölkerung, 2011 um 50.000 Menschen.

Deutschland bietet Chancen – vor allem für Ingenieure

Wegen der Sprache hatte Sergio am Anfang Probleme, Kontakte zu finden - heute hat er viele Freunde. Foto: Sandra Calvo Pastor

Wegen der Sprache hatte Sergio am Anfang Probleme, Kontakte zu finden - heute hat er viele Freunde. Foto: Sandra Calvo Pastor

Für Sergio Lucía ist das Verhältnis zwischen Lebensqualität und Arbeit in Deutschland am besten. Der 28-Jährige kam vor drei Jahren mit einem Erasmus-Stipendium nach Berlin. Er hat in Spanien Ingenieurwesen studiert. Jetzt promoviert er im Fach Maschinenbau an der TU Dortmund. Hier arbeitet er auch als Dozent. „Für Ingenieure ist Deutschland der beste und größte Arbeitsmarkt Europas. Außerdem fand ich die deutsche Kultur schon immer interessant“, sagt Sergio. In Zaragoza lernte er drei Jahre lang Deutsch, dann kam er, um die Sprache weiter zu verbessern. Heute spricht er nahezu fließend. Die größte Schwierigkeit war für ihn, niemanden in einer neuen Stadt zu kennen – ein Problem, das sich schnell löste. Sergio fand über die Arbeit schnell neue Freunde.

Viele Spanier zieht es gerade nach Deutschland – dabei sind die Unterschiede zwischen Deutschland und Spanien groß. Kulturell wie wirtschaftlich. Spanien müsse produktiver werden, findet Wirtschaftsprofessor de las Cuevas. So wie Deutschland, beide Länder könnten so voneinander profitieren: „Am besten wäre ein kultureller Austausch, wie er auch unter Studenten stattfindet: Die Spanier lernen von den Deutschen wie man effektiver arbeitet. Die Deutschen lernen von uns, sich zu entspannen. Damit würde es beiden Wirtschaftssystemen sehr viel besser gehen.“

Auch die deutsche Bundesregierung hat das Problem erkannt: Zu Beginn des Jahres 2011 verkündete Kanzlerin Angela Merkel, dass es für spanische junge Berufstätige einfacher werden soll, einen Job in Deutschland zu finden. Einer der Gründe, warum so viele Spanier nach Deutschland kommen. Sie versuchen zu lernen, wie das Land funktioniert, die schwierige Sprache.

1 Comment

  • Jacob Olson sagt:

    Ich Heisse Jacob Olson, und komm ursprunglich aus Minnesota, USA. Ich studiere jetzt an der HAWK Fachhochschule in Hildesheim. In dem nächsten Jahr, mach ich mein Bachelor Thesis Projekt in Graphic Design.

    Für diese Projekt, ich gestalte ein Magazin in drei Sprachen parallel zueinander (Englisch, Spanisch, und Deutsch)

    Deswegen suche ich Inhalt für das Magazin im Internet, und hab schon ein paar blogposts und Kurzgeschichten gesammelt, die ich übersetzen lassen kann. Konnte ich so was wie diese Artikel auch benutzen für mein Projekt? vielleicht neue blog posts, ich wollte ein abteil über die Krise in Europa auch machen.

    Ich profitiere halt nicht es nur ein Projekt, was sagen Sie dazu?

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