Theater in 24 Stunden – Proben im Schnelldurchlauf

Er spielte schon Helden, Machos, Bösewichte - Thorsten Kai Botenbender hofft auf neue Herausforderungen im 24 Stunden Projekt.

Er spielte schon Helden, Machos, Bösewichte - Thorsten Kai Botenbender. Foto: Brüning

Innerhalb von 24 Stunden sollen die Schauspieler bei dem „K15“-Projekt ein Stück auf die Beine stellen. Auch die Darsteller erfahren erst kurz vorher, welche Rolle sie in dieser Schnell-Produktion bekommen. Einer von ihnen ist der freiberufliche Schauspieler Thorsten-Kai Botenbender (41). Der Kölner sprach mit pflichtlektüre online über wildfremde Kollegen, die Situation, nackt auf der Bühne zu hängen und das 24-Stunden-Stück, von dem er bisher nur weiß, dass er bei der ersten Aufführung dabei sein wird. 

pflichtlektüre online: Was ist das besondere am 24-Stunden-Stück?

Botenbender: Was mich daran fasziniert ist: Es sind nur 24 Stunden, also ein extrem kleines Zeitfenster, in dem man eine Produktion auf die Beine stellt. In der kurzen Zeit künstlerisch etwas umzusetzen, mit wildfremden Menschen, die man vorher überhaupt nicht kennt, das ist schon sehr interessant. Ich bin gespannt, wie weit man sich in den 24 Stunden öffnen kann, wie man wahrnimmt, welche Grenzen man überschreitet – und ob man überhaupt Grenzen hat.

pflichtlektüre online: Was weißt du über das Projekt?

Botenbender: Gar nichts, absolut gar nichts. Nur, dass da eine Produktion in 24 Stunden erstellt wird. Aber was da auf mich zu kommt und welche Rolle ich da spielen soll, kann ich nicht sagen. Ich habe eine E-Mail bekommen, in der stand, dass mir die Details kurz vorher zugesandt werden. Da bin ich mal gespannt! (lacht)

pflichtlektüre online: Wie wirst du an diese Schnell-Produktion rangehen?

Botenbender: Wie immer! (lacht) Wenn ich jetzt den Text bekommen sollte, dann lese ich mir das Stück durch, die Dramaturgie und meine Rolle und versuche, mir dann ein gewisses Bild von dieser Rolle zu machen. Wenn es eine historisch belegbare Figur ist, recherchiere ich natürlich, wer das war. Wenn es eine fiktive Person ist, versuche ich aus den Dialogen und der Dramaturgie zu erlesen: wie ihr Charakter ist, aus welchem Milieu sie kommt und mit wem sie sich abgibt. Es ist eine individuelle Darstellung, und es ist gut, wenn du mit deinen Vorstellungen und natürlich auch mit denen des Regisseurs konform gehst.

pflichtlektüre online: Muss man für das 24-Stunden-Stück besondere Talente haben, zum Beispiel gut improvisieren können?

Botenbender: Klar, aber Improvisation gehört immer dazu. Ich habe Ideen, die sich in der Probe dann manifestieren. Aber es kann bei der Vorstellung natürlich immer passieren, dass ein Requisit fehlt oder ein Kollege was Verkehrtes sagt. Dann musst du wirklich so präsent sein und es durch Improvisation wieder auf den Weg bringen, damit es nicht aus dem Ruder läuft. Das ist der Unterschied bei Film und Theater: Theater ist die Kür und Film die Pflicht, sage ich immer. Beim Film kann man ja wiederholen und der Zuschauer sieht es nicht – das ist beim Theater natürlich anders.

pflichtlektüre online: Du bist ja jetzt schon seit zwölf Jahren Schauspieler, bist du noch nervös? Und ist dieses Projekt jetzt ein besonderer Kick?

Botenbender: Nervös bin ich eigentlich immer. Ich habe eine Achtung vor dem Beruf und ich möchte nicht, dass das irgendwie abrutscht in die Normalität, ins Alltägliche. Dann, glaube ich, wird es langweilig für mich. Jede Rolle ist eine Herausforderung: Die Welt mit deren Augen zu sehen, mit deren Ohren zu hören und mit deren Gehirn zu denken. Jede Figur hat ja eine andere Empfindungswelt. Dann ist es für mich sehr interessant, sich mit diesen Charakteren anfüllen zu lassen: Du bis ein Glas und leer. Und dann gibt’s einmal Fanta, einmal Cola – und alles schmeckt anders.

pflichtlektüre online: Was versprichst du dir von dem Projekt?

Botenbender: Ich verspreche mir gar nichts davon, denn wenn ich mir irgendwas verspreche, nehme ich mir selbst meine künstlerische Freiheit. Wenn ich mir irgendein Ziel vor Augen halte, dann setze ich natürlich alles daran, um dieses Versprechen einhalten zu können, und diesen Druck möchte ich mir gar nicht machen. Ich wünsche mir nur, dass ich diesen ganzen Dingen offen begegnen kann. Und dass ich mit den Kollegen eine künstlerisch wertvolle Arbeit abliefere.

pflichtlektüre online: Gibt es irgendwas, von dem du hoffst, dass es nicht dran kommt? Beim Theater muss man sich ja auch schon mal ausziehen…

Botenbender: Damit habe ich keine Probleme. Ich habe schon ein Stück gespielt, „Der gefesselte Prometheus“ in Köln, da hab ich bestimmt eine Stunde nackt und gefesselt auf der Bühne gehangen. Die Bühne ist für mich ein Freiraum, da haben Konventionen oder solche Dinge nichts zu suchen, denn dann kann nichts entstehen. Wenn dann irgendwelche Maßregeln getroffen werden, wird man eingeengt und dann wird es langweilig. Wenn der Regisseur dies oder jenes möchte, ist das eben so. Ich habe den Beruf ergriffen und das gehört eben dazu.

Text und Fotos: Stefanie Brüning

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