Mythos kreative Bewerbung: Achtung, Gefahr!

Kommentar: Bewerber, geht vom Gas!

von Maike Knorre

Wir wollen es immer schneller, wilder, bunter. Nur das Beste und Neuste. In der Bildung, beim Konsum, im Job. Außergewöhnlich ist Standard, sich mit allen Mitteln von der Masse abzuheben das neue Streben nach Glück – und auch schon wieder Mainstream. Individualist ist dann ja schließlich jeder.

So auch im Ringen um die Wunschanstellung: Hier gilt es, mit einer möglichst einzigartigen, ja bahnbrechenden Bewerbung herauszustechen. Kreativ muss sie sein, stylisch, und – natürlich – ganz individuell. Ist das so?

Die Antwort lautet: nein!

Worauf es ankommt, ist phrasenhaft aber wahr: das Gelbe vom Ei, den Kern des Ganzen, die inneren Werte. Und nicht zuletzt das abgedroschene Gesamtpaket. Was nützt ein aufwändig dreidimensional programmierter Lebenslauf, wenn derjenige, den er zeigt, zwar die gängige Software beherrscht, nicht aber die geforderten Soft Skills?

Fehlendes Können lässt sich nicht hinter bunten Bildern verstecken

Die Einstellungskriterien, die in der hippen Kreativbranche vorherrschen, sind erstaunlich bodenständig. Fachwissen ist gefragt, Kompetenz, Persönlichkeit. Dass eine individuell zugeschnittene Bewerbung den Marktwert unterstreicht, ist nicht von der Hand zu weisen. Nur tut sie dies auch ohne Schleifchen und Tamtam. Befähigung existiert oder existiert nicht. Bunte Bilder beschönigen, gleichen aber keine Defizite aus.

Auch ersetzt ein Videoportrait nicht das Bewerbungsgespräch. Auf analoger Ebene überzeugt allein das Auftreten, hier lassen sich Schwächen nicht hinter Erfolgskurven und graphischen Balken verstecken. Schreit die Bewerbung zu laut „sieh her, wie toll ich bin“, schreit sie es dem potenziellen Arbeitgeber plakativ ins Gesicht. Kein Arbeitgeber wird gerne angeschrien. Generell niemand. Zu viel „Ich, Ich, Ich“ passt in kein Team.

Erwartungen erfüllen, nicht übertreffen

100 Prozent. Ein volles Maß. Ausreichend, um den Maximalwert, das oberste Ziel zu erreichen. 100 Prozent, nicht 140. Oder 250. Erreicht ein Sprinter die Ziellinie als erster, hat er gewonnen. Auch wenn er noch weitere Meter rennen würde, immer noch schneller als seine Mitläufer, würde dies nichts an der Tatsache ändern. Mehr als gewinnen kann er nicht, jeder weitere Schritt ist somit unnötig.

Ihr lieben Bewerber, geht vom Gas! Die Personaler warten mit der schwarz-weiß karierten Fahne, geben euch die Vorlage. Nehmt sie an! Entschleunigung ist das Zauberwort. Wer seine Konkurrenz im Rückspiegel beobachtet, verliert den Blick für die Zielgerade.

2 Comments

  • Paul sagt:

    Wenn man genauer drüber nachdenkt, ist das sogar ziemlich schlüssig. Ein Auto mit einem schönen Design ist auch „nice to have“, aber wenn der Motor nichts taugt dann kann es noch so gut aussehen, fahren will damit keiner. Optimal ist da natürlich eine kreative Bewerbung die gleichzeitig die Stärken des Bewerbers darstellt. Allerdings ist sowas sehr aufwändig und kommt auch nicht überall gut an. Ich bin trotzdem ziemlich froh, dass die meisten ihre Stimme der klassischen Bewerbung geben. Die meisten Bewerber stehen da schon vor einer Hürde, wenn derartige kreativ Bewerbungen zum Standard werden würden, hätte das keinen nutzen, weder für Unternehmen noch für Bewerber. Somit gilt weiterhin: Die perfekte Bewerbung transportiert einen relevanten und gut formulierten Inhalt und glänzt dabei durch orthografische Richtigkeit (http://www.deinebewerbung.de/unser_blog/perfektes-bewerbungsschreiben.page.htm). Sobald man diese Grundvorraussetzungen geschaffen hat, hat man immernoch die Möglichkeit ein kreatives extra zu setzen.

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