Der Autor David Nicholls braucht kein Vorbild

Der englische Autor David Nicholls hat schon vor Jahren zwei Romane geschrieben, die so gut sind, dass ein Verlag sie jetzt neu aufgelegt hat. Die Bücher machen klar, warum Nicholls nicht zu erfolgreichen Kollegen aufschauen muss.

David Nicholls' Roman "Keine weiteren Fragen" über den Studenten Brian ist ein Muss. Foto: Heyne Verlag

David Nicholls' Roman "Keine weiteren Fragen" über den Studenten Brian ist ein Muss. Foto: Heyne Verlag

David Nicholls Romane sind Wiedergutmachungen für alle miserablen Bücher, die wir gelesen haben, ob aus Versehen oder weil wir mussten. In seinem ersten Roman „Keine weiteren Fragen“ macht uns Nicholls mit dem wundervollen Brian Jackson bekannt. Wundervoll deshalb, weil Brian so unempfindlich ehrlich, ironisch, intelligent und charmant ist. Das registrieren nur nicht viele Leute um ihn herum. Mitte der 80er Jahre fängt Brian an, englische Literatur zu studieren. Für ihn ist die Uni eine große Sache. Sie soll ihn verändern.

Er will endlich begreifen, was die Leute an Bob Dylan finden, er möchte an runden Holztischen sitzen und leidenschaftlich, aber sachlich diskutieren und Sachen sagen wie „definier erst mal Ausbeutung“ und „das ist ein Scheinargument“, er möchte Wörter wie „utilitaristisch“ ganz selbstverständlich verwenden, er möchte viele Sprachen fließend sprechen, Jazz kapieren, fette, ledergebundene Bücher lesen, mit weltgewandten, einschüchternden Frauen schlafen und geliebt werden.

Priorität hat allerdings sein Ziel, an Englands Fernsehquiz „University Challenge“ mitzumachen, bei dem Studententeams gegeneinander antreten. Brian verliebt sich in seine Teamkollegin Alice. Und obwohl er hartnäckig versucht, total mysteriös und anziehend auf sie zu wirken, lässt Alice ihn genauso hartnäckig zappeln. Deshalb will Brian unbedingt das Quiz gewinnen.

Erzählstil so smart wie Brian

Nicholls Erzählstil ist angenehm, genauso smart und witzig wie Brian, aus dessen Sicht wir den Roman lesen. Wir sind Mitwisser, wenn Brian in peinliche Situationen gerät und panisch den Notausgang sucht. Brian ist so echt und herrlich normal. Wir erkennen uns oft in ihm wieder. Es ist schwer vorstellbar, dass ein Charakter wie er auf einem Collegeblock entstanden sein soll und nicht real ist. Und auch die anderen Figuren in dem Roman sind kein bisschen oberflächlich oder klischeehaft dargestellt. Die einzige Schwachstelle in Nicholls Roman ist tatsächlich, dass nach 437 Seiten Schluss ist.

Schauspieler mit zwei Lebensläufen

In dem Buch "Ewig Zweiter" macht uns der Autor mit dem erfolglosen Stephen bekannt. Foto: Heyne Verlag

In dem Buch "Ewig Zweiter" macht uns der Autor mit dem erfolglosen Stephen bekannt. Foto: Heyne Verlag

In seinem Roman „Ewig Zweiter“ macht uns David Nicholls mit dem ewig Zweiten Stephen bekannt. Stephen ist ein erfolgloser Schauspieler und hat zwei Lebensläufe. Neben der wahren Auflistung der Dinge, die er wirklich erreicht hat, gibt es den Beinahe-Lebenslauf, also die verbesserte Version seines Lebens, in der es kein „knapp daneben ist auch vorbei“ gibt. Stephen ist im wahren Leben immer die Zweitbesetzung, diesmal für Josh, Englands neuen Shootingstar. Stephen ist klar, dass er das Los einer Rettungsweste im Flugzeug teilt: Alle sind froh, dass sie da ist, aber benutzen will sie bitte niemand. Während Stephen auf einen Notfall hofft, damit er für Josh auf die Theaterbühne darf, verguckt er sich in Joshs Frau Nora.

Frank Goosen: „Selten so gelacht“

„Ewig Zweiter“ ist ein erstaunlicher Roman, weil Nicholls auch darin wieder sein Schreibtalent zeigt. Sein Schreibstil und seine komplexe Figurenzeichnung sind Nicholls erfolgreichem Kollegen Nick Hornby sehr ähnlich. Man ist nicht größenwahnsinnig, wenn man behauptet, Nicholls würde noch etwas besser schreiben als der „About a boy“- und „Fever Pitch“-Autor Hornby.

Der britische Humor kommt bei Nicholls von ganz allein durch, niemals gezwungen. Einer, der sich mit Humor auskennt, der Bochumer Comedian Frank Goosen, sagt über „Ewig Zweiter“, dass er selten so gelacht habe. Es stimmt. Mit diesem Buch kann es passieren, dass man im Zug, oder wo man es sonst in der Öffentlichkeit liest, loslacht und schräg angeguckt wird. Wem so etwas unangenehm ist, der liest es besser im Bett. Aber Hauptsache man es liest es irgendwo und irgendwann.

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