… in der Wissenschaft

„Ein schwarzes Loch wäre eine Sensation“

Schwarze Löcher existieren in der Realität – aber können sie tatsächlich in einem Teilchenbeschleuniger entstehen? Der größte Teilchenbeschleuniger der Welt, der Large Hadron Collider am Forschungszentrum CERN, ruft einige Kritiker auf den Plan. Aber was ist dran an der Angst, von solch einem Loch verschluckt zu werden? Der Physik-Professor Metin Tolan von der TU Dortmund erklärt im Interview, was hinter den Befürchtungen steckt und warum so eine Entdeckung viel eher ein Grund zum Feiern wäre.

Professor Metin Tolan unterstützt den Plan des AStA. Foto: Jürgen Huhn

Professor Metin Tolan hält die Entstehung von schwarzen Löchern am LHC für spekulativ. Foto: Jürgen Huhn

pflichtlektüre: Herr Tolan, was ist das besondere am Large Hadron Collider? Was erwartet man von diesem Teilchenbeschleuniger?
Metin Tolan: Sie müssen sich vorstellen, was passiert, wenn zwei Autos frontal aufeinander prallen: Je höher die Geschwindigkeit vor dem Aufprall ist, umso extremer werden die Fahrzeuge in ihre Einzelteile zerlegt. Ebenso funktioniert ein Teilchenbeschleuniger – die Teilchen werden zur Kollision gebracht, weil man das Innere, die Bausteine, erforschen will. Der LHC am CERN arbeitet mit weitaus größeren Energien als  andere Teilchenbeschleuniger, er ermöglicht also, das Innere der Teilchen sehr viel genauer zu untersuchen.

Arbeitet der Teilchenbeschleuniger DELTA an der TU Dortmund genauso?
Die Arbeiten am DELTA verfolgen ein ganz anderes Ziel. Hier wird die Strahlung untersucht, die die Teilchen bei der Beschleunigung freisetzen. Sie werden demnach gar nicht zur Kollision gebracht.

Kommen wir zu den angeblichen Gefahren des LHCs. Kritiker behaupten bei den Kollisionen könnten schwarze Löcher entstehen. Ist das möglich?
Diese Kritiker behaupten solche Dinge häufig in völliger Unkenntnis der Physik. Sie würfeln einfach irgendwelche Formeln zusammen. Der LHC arbeitet zwar mit großen Energien, erreicht aber bei Weitem nur einen Bruchteil der Energie, die nötig wäre, um ein schwarzes Loch entstehen zu lassen. Auf unsere Erdatmosphäre trifft ständig kosmische Strahlung und Teilchen kollidieren miteinander. Allerdings mit um ein Vielfaches größeren Energien als am LHC. Und dort ist in Millionen von Jahren noch kein gefährliches schwarzes Loch entstanden, das unsere Erde verschluckt hat.

Wenn es also vollkommen ausgeschlossen ist, dass überhaupt schwarze Löcher am LHC entstehen könnten, warum sind sich manche dann so sicher, dass diese Gefahr besteht? Immerhin ist dieser Fall schon vor mehreren Gerichten gelandet.
Sollte unser Universum aus mehr als drei Raumdimensionen bestehen, würde die für die Entstehung eines schwarzen Lochs nötige Energie schrumpfen. Darauf basieren diese Befürchtungen, denn so könnte auch der LHC eines hervorbringen. Das wäre demnach allerdings eine positive Sensation! Im Umkehrschluss hätte man so nämlich einen Hinweis darauf gefunden, dass es tatsächlich mehr Dimensionen gibt als wir wahrnehmen können.

Wäre das nicht sehr gefährlich?
Nein, denn gemäß der Hawking-Strahlung zerfällt ein mikroskopisch kleines schwarzes Loch nämlich nahezu sofort. Der Zeitraum, in dem es da wäre, ist unvorstellbar gering. Das liegt daran, dass schwarze Löcher durch eben diese Strahlung an Masse verlieren, besonders wenn sie so winzig klein sind.

Die Hawking-Strahlung konnte doch aber noch nie experimentell beobachtet werden. Warum ist sich trotzdem der Großteil der Physiker sicher, dass sie existiert?
Die Hawking-Strahlung leitet sich aus der Quantentheorie ab, einem Grundpfeiler der Theoretischen Physik. Sie ist wohl begründet und hat die Vorhersage verschiedener Experimente ermöglicht. Ihre Existenz ist um ein Vielfaches wahrscheinlicher und weniger spekulativ als die Entstehung von schwarzen Löchern am LHC.

Es bleibt aber theoretisch das Restrisiko, dass ein mikroskopisch kleines schwarzes Loch entstehen könnte, das auch stabil bleibt, oder?
Könnte… Das trifft wohl auf alles zu, denn mit dem Wörtchen „könnte“ können Sie nun wirklich jede Sicherheit erschlagen! Aber selbst wenn ein kurzfristig stabiles schwarzes Loch jemals entstehen würde, wäre es vermutlich an sein mikroskopisch kleines Dasein gebunden, bevor es dann zerstrahlt.

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