Kommentar: Hallo Massenüberwachung!

 

Europe's air traffic network

Journalisten haben die Aufgabe das aufzudecken, was andere verdecken: Kindesmissbrauch, Steueroasen, Menschenrechtsverletzungen. Und wenn jemand etwas Brisantes weiß und dies einem Journalisten verrät, wird er geschützt. Das Zeugnisverweigerungsrecht erlaubt es Journalisten, ihre Informanten geheim zu halten – außer, wenn Leben oder die Staatssicherheit in Gefahr sind. Das neue BND-Gesetz gefährdet den Informantenschutz – und damit die gesamte journalistische Arbeit.

Heute ist das neue Bundesnachrichtendienst-Gesetz verabschiedet worden, das es dem BND erlaubt, massenhaft Daten abzufangen. Doch Stop! Was ist mit den Journalisten und ihren Informanten? Offenbar nichts! Kein Schutz, keine Klausel. Der BND darf nun alle Personen weltweit abhören. Außer sie sind Deutsche, dann sind sie angeblich mehr geschützt. Denn für uns Deutsche gelten die Kommunikationsfreiheitsrechte, die grundgesetzlich verankert sind. Doch, ob es wirklich möglich ist, einen „Deutschen“ von einem ausländischen Journalisten anhand seiner Daten zu unterscheiden, ist fraglich. Die Nutzung von Google-Mail und Facebook auf Englisch ist schließlich schon lange kein Indiz mehr dafür, dass man aus Amerika kommt.

Von unabhängiger Prüfung keine Spur

Dem BND wird ein Schlupfloch gewährt – denn es dürfen ab sofort nicht nur massenhaft Daten im Internet abgegriffen werden, sondern Journalisten auch gezielt abgehört werden – „aber“ nur, wenn dies im Sinne der Gefahrenabwehr geschieht oder, um „sonstige Erkenntnisse von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung über Vorgänge zu gewinnen“. Doch was bedeutet das konkret? Im Klartext heißt das: Wenn der BND jemanden ausspionieren will, dann kann er das tun. Er müsste ja nur Wind von brisanten Recherchen und streng geheimen Informanten bekommen. Aber wer schaut dem BND auf die Finger? Es gab zwar vorher schon ein Kontrollgremium, dieses wird aber durch die Gesetzesreform noch weiter ausgebaut: Und zwar durch Mitarbeiter der Bundesregierung. Somit kontrolliert die Regierung den Nachrichtendienst der Regierung. Von einem unabhängigen Kontrollorgan kann hier also keine Rede sein.

Behinderung journalistischer Arbeit

Die Möglichkeit, ausspioniert und enttarnt zu werden, mag für manch einen potentiellen Informanten ein Grund sein, seine Informationen für sich zu behalten. Und das behindert die journalistische Arbeit. Durch die schwammigen Formulierungen im neuen Gesetz ist eigentlich alles möglich. Denn was genau von „sicherheitspolitischer Bedeutung“ sein kann, lässt sich breit interpretieren. Zudem werden wir vermutlich kaum etwas von der Datenüberwachung mitbekommen. Aber vielleicht ist es bald von „sicherheitspolitischer Bedeutung“, was in den E-Mails meiner Nachbarn steht, die seit Kurzem eine Flüchtlingsfamilie betreuen. Und wo landen verschlüsselte Firmendaten, wo die Dating-Anfragen von Parship? Alles im großen Topf des BND.

Beitragsbild: NATS Press Office 

 

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