Die Rattenfänger von Dresden

Pegida-Demonstranten in DresdenMit einem wilden Ideologie-Mix zieht Pegida Anhänger aus allen Teilen der Gesellschaft an. Links am Banner Pegida-Initiator Lutz Bachmann. Foto und Teaserfoto: flickr.com/Caruso Pinguin

Die Pegida-Kundgebung am Montag ist wegen einer konkreten Anschlagsgefahr abgesagt worden. Für die mit Polizei und Staatsschutz abgesprochene Absage können die Pegida-Organisatoren nichts. Doch die Morddrohung an Pegida-Initiator Lutz Bachmann werden sie zu nutzen wissen, um immer mehr Anhänger zu mobilisieren. Pegida beherrscht das Spiel mit der Angst, das wie eine Wunderflöte Bürger aus allen sozialen Schichten anlockt. Rechtsextremismus erreicht die Mitte der Gesellschaft, und daraus entsteht ein gefährliches Gemisch. Ein Kommentar.

Wenn Zehntausende in Dresden und ganz Deutschland als Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes demonstrieren, dann demonstrieren sie – natürlich – gegen die Islamisierung des Abendlandes, und wogegen noch? Unter anderem gegen die sogenannte „Lügenpresse“. Dieses Wort, gerade zum „Unwort des Jahres“ gekürt, passt auf den ersten Blick nicht so recht hinein in die Pegida-Ideologie, hat es doch mit Islamismus rein gar nichts zu tun.

Es wirkt wie eine schützende Wand, die Pegida vor den Medien aufbaut. Gleichzeitig gibt es den Demonstranten eine vermeintliche Rechtfertigung, nicht mit Journalisten vor Ort zu sprechen. Vielleicht aus Angst, vor laufender Kamera etwas Dummes zu sagen. Keine unbegründete Angst, könnten Zyniker jetzt einwerfen. Doch den Pegida-Anhängern zu voreilig mangelnde Intelligenz vorzuwerfen, würde die Gefahr verharmlosen, die von ihnen ausgeht.

Flexible Lockmittel

Pegida-Gegendemonstrant

Gegendemonstranten zeigen sich oft ironisch. Foto: flickr.com/strassenstriche.net

Denn Pegida legt durchaus geschickt Lockmittel aus, um mit ihren Themen in der bürgerlich-konservativen Gesellschaft zu punkten. Die „Lügenpresse“ gehört dazu. Aus Pauschalvorwürfen und schlichten Unwahrheiten wurde ein Gegner zusammengebastelt, auf den es sich herrlich schimpfen lässt. Ein Gegner, der nicht Ausdruck einer sachlichen Medienkritik, sondern dubioser Verschwörungstheorien ist. Und ein Gegner, mit dem sich Pegida bei Bedarf auch mal verbrüdert. Nach dem islamistischen Anschlag auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“ in Paris solidarisierten sich die Pegida-Anhänger mit der „Je suis Charlie“-Initiative. So wurden die Todesopfer von verachteten Mitgliedern der „Lügenpresse“ zu Märtyrern im Kampf gegen den Islamismus. Damit fischte Pegida in beide Richtungen nach neuen Sympathisanten.

 Ohnehin verschwimmen bei Pegida die Grenzen zum rechten Rand sehr stark. Weil neben Neonazis, Islamhassern und Ausländerfeinden auch Menschen mitmachen, die doch eigentlich gar nicht dazu gehören. Die im Grunde nicht gegen den Islam sind, sondern gegen die GEZ, den Mindestlohn oder andere Dinge, die ihnen nicht passen. Einige kommen auch zur Demonstration, „um mal zu gucken, wie es hier so ist“ oder „damit endlich mal etwas passiert“. Und so bläht sich Pegida auf zu einer unübersichtlichen Ansammlung von Menschen aus allen Schichten der Gesellschaft. Angelockt von einer Mischung aus Angst, Hass und Hoffnung.

Gnadenlose Rattenfänger

Die Idee, die traditionelle Montagsdemo für die Verbreitung fremdenfeindlicher Parolen zu missbrauchen und 25 Jahre nach dem Mauerfall mit dem Schlachtruf „Wir sind das Volk!“ durch Dresden zu ziehen, zeigt die Organisatoren-Riege um Werbeagentur-Inhaber Lutz Bachmann als gnadenlose Rattenfänger. Bei all dem hanebüchenen Weltanschauungs-Mischmasch wünscht man sich schon fast, an den Vorwurf der „Lügenpresse“ glauben zu können. Um nicht wahrhaben zu müssen, dass Pegida Realität ist.

Teaser- und Bannerfoto:  flickr.com/Caruso Pinguin

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