Jetzt twittert die Kiefer

TwitterBaum_TanjaSanders:Thünen-Institut

 „Today I have shrunk 0.036 mm, transported 10 L of water at a maximum speed of 0.9 L/h.“ In Brandenburg twittert neuerdings eine Kiefer. 17 Meter ist sie hoch und mit hochwertigen Sensoren und Messgeräten verkabelt. Diese erfassen permanent Daten und stellen sie online: Wachstum, Ausdehnung, Wasserfluss, Temperatur von Baum und Wurzeln. Ein Algorithmus analysiert die Messwerte und fasst sie zusammen. Zwei- bis dreimal am Tag werden die wichtigsten Werte automatisch getwittert. Die Idee dafür kommt aus Belgien: Die Universität Gent hat das Projekt mit dem Namen „Treewatch“ ins Leben gerufen.

In Kooperation mit dem Thünen-Institut, dem Bundesforschungsinstitut für ländliche Räume, Wald und Fischerei, wird nun auf der Forschungsfläche Britz im brandenburgischen Eberswalde eine Kiefer überwacht. „Wir können erkennen, wie der Baum auf bestimmte Naturereignisse wie Trockenheit oder Larvenbefall reagiert“, erklärt Tanja Sanders, die am Institut für das Projekt mitverantwortlich ist. Diese Kiefer steht hierbei symbolisch für alle Kiefern im Nordosten Deutschlands.

Bäume können schlafen

Die Daten bilden die Grundlage für Forschungen zum Klimawandel. Es wird überprüft, wie die Bäume auf Extrembedingungen reagieren, um frühzeitig Probleme zu erkennen und Baumsterben zu verhindern. Für die Überwachung ist die Kiefer mit einer Art Fitnessarmband ausgestattet. So wird beispielsweise gemessen, wie sich Trockenheit auf einen Baum auswirkt. Die bisherigen Messungen zeigen: Im Extremfall zieht sich der Stamm bei Wassermangel um bis zu fünf Zentimeter zusammen.

Wassermangel führt bei Bäumen noch zu einer weiteren Veränderung: Biolog*innen haben herausgefunden, dass Bäume einen Tag-Nacht-Rhythmus haben. Sobald es dunkel wird, sinken die Äste leicht nach unten. Dieses Phänomen wurde insbesondere bei großen Bäumen festgestellt. Hier sanken die Äste teilweise über zehn Zentimeter ab. Grund dafür sind sogenannte Spaltöffnungen an den Wurzeln, die für die Wasseraufnahme aus dem Boden zuständig sind. Wenn es dunkel wird, werden sie geschlossen. Der Baum nimmt über die Wurzeln dann kein Wasser mehr auf und betreibt keine Photosynthese. „In der Nacht fahren Bäume genau wie Menschen die Arbeit zurück. Das ist bei anderen Pflanzen ganz genauso, der Effekt ist optisch nur nicht so sichtbar“, sagt Tanja Sanders.

Plan für europaweite Überwachung

Die Kiefer reagiert auf Trockenheit sehr unempfindlich und kommt gut mit wenig Wasser aus, wie erste Forschungsergebnisse zeigen. Überwacht wird meist nur ein Exemplar vom „herrschenden Bestand“. Die Baumart also, die in der klimatischen Region am häufigsten vorkommt. Das sind in Brandenburg Kiefern. Eine Birke, die auf einer anderen Fläche in Brandenburg überwacht wird, ist dagegen deutlich empfindlicher. Von einzelnen Bäumen können aber Rückschlüsse auf die Baumarten und deren Verhalten in der Region gezogen werden.

Dass die Bäume ihre Werte twittern, ist als Spielerei gedacht und dient dazu, Aufmerksamkeit auf das Projekt zu lenken. Immerhin hat @TreeWatchBritz bereits fast 1000 Follower. Bisher gibt es circa ein Dutzend twitternde Bäume in Europa. Auf lange Sicht soll ein europaweites Überwachungssystem entstehen, mit registrierten Bäumen in allen klimatischen Regionen des Kontinents. Doch bisher fehlt das Geld für eine flächendeckende Umsetzung.

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