Philosophische Zombies: Menschen ohne Bewusstsein

Ein Zombie ist ein zum Leben erweckter Toter, der seiner Seele und seines Willens beraubt ist. In gängigen Horrorfilmen gelüstet es ihn nur nach einem: Menschenfleisch. Es gibt die verschiedensten Zombies. Mal hirnlose Wesen, die sich langsam wankend fortbewegen und halbzerfallene Körperteile nachschleifen, dann tanzende oder rennende Zombies. Fantasy- und Horrorfans, Models und Fotografen sind fasziniert von den Untoten.  Schaut man sich um 8 Uhr am Montagmorgen auf dem Campus um, sieht man selbst dort jede Menge Zombies.

Der philosophische Zombie sieht nicht so aus, sondern wie ein normaler Mensch. Foto: ???

Der philosophische Zombie sieht nicht so aus wie auf diesem Foto, sondern wie ein normaler Mensch. Foto: Georg Götz

Philosophen nutzen Zombies für Gedankenspiele

Der Begriff Zombie leitet sich von nzùmbe aus der zentralafrikanischen Sprache Kimbundu ab und bedeutet so viel wie Totengeist. Mit Zombie befassen sich aber nicht nur Anhänger der Gothic-Szene. In der Philosophie existiert der Begriff ebenfalls, hat aber nicht viel mit Gruselfilm-Zombies zu tun.

Philosophen benutzen ihn für fiktive Wesen, die sich zwar wie Menschen verhalten, aber kein Bewusstsein haben. Es geht also nicht um halbzerfallene Untote, sondern um Wesen, die Ereignisse nicht subjektiv, also aus ihrer ureigenen Perspektive, wahrnehmen können.

Philosophen glauben dabei nicht unbedingt, dass solche Wesen existieren. Sie nutzen den philosophischen Zombie allerdings für Gedanken-Experimente. Diese Denkspiele drehen sich meistens um den Begriff Qualia (Einzahl: Quale, von lat. qualis „wie beschaffen“). Dabei geht es um das subjektive Erleben von geistigen Zuständen, also zum Beispiel Gefühle, Schmerzen oder Sinneseindrücke wie Geschmack und Geruch.

Erlebst du das Ereignis genauso wie ich?

Das Gedanken-Experiment der Philosophen haben sich die meisten Menschen schon einmal gestellt. Ein einfaches Beispiel: Nimmt mein Gegenüber eine Farbe eigentlich genauso wahr wie ich? Solange die andere Person nicht farbenblind ist, werden wir beide sagen, der Kreis sei rot, wenn uns ein solcher gezeigt wird. Aber wer sagt mir, dass der andere dieselbe Farbempfindung hatte wie ich? Vielleicht sieht für mein Gegenüber rot völlig anders aus als für mich. Trotzdem zeigt er dasselbe Verhalten. Denn wir haben beide gelernt, dass unserem individuellen Farbempfinden der Begriff „rot“ zuzuordnen ist.

So sexy wie dieses Zombie-Model sind Untote in den meisten Horrofilmen nicht. Die Philosophie verfolgt ein ganz anderes Interesse, wenn sie Zombies thematisiert. Foto: Michael Hein

Philosophische Zombies sind Wesen ohne Bewusstsein, müssen aber nicht so eindrucksvoll blutverschmiert sein. Foto: Michael Hein

Dieses Beispiel nennt sich in der Philosophie vertauschte Qualia. Bei einem philosophischen Zombie wird die Idee auf die Spitze getrieben. Ihm fehlt die Qualia völlig, in unserem Beispiel wäre das eine eigene Vorstellung von rot. Man unterstellt also, dass der Zombie überhaupt keine Qualia hat, aber trotzdem dasselbe Verhalten zeigt. Ein philosophischer Zombie würde also ebenfalls sagen, dass der Kreis rot ist. Er hätte aber überhaupt kein Rot-Gefühl gehabt, sondern nur auf den visuellen Reiz passend reagiert – wie ein Computer. Der Philosoph stellt sich die Frage, ob man vom Verhalten auf Bewusstsein schließen kann.

Hirnaktivität ohne Bewusstsein

Heutzutage nutzen Forscher zwar bildgebende Verfahren, um Prozesse im Gehirn sichtbar zu machen. Philosophen nehmen bei ihren Gedanken-Experimenten mit dem philosophischen Zombie aber an: Jene Veränderungen, welche die medizinischen Geräte im Hirn anzeigen, sind auch ohne Bewusstsein möglich. Kein Arzt könnte demnach irgendwo im Kopf das Bewusstsein seines Patienten sichtbar machen.

Ein Philosoph, der in seinen Theorien den philosophischen Zombie verwendet, ist der Australier David Chalmers. Für ihn haben Menschen ein dualistisches Bewusstsein. Erlebniszustände wie Schmerzen oder Farbwahrnehmungen lassen sich demnach nicht in den Bereich des Materiellen oder Physischen einordnen.

Philosophieprofessor Beckermann bezweifelt die Existenz von philosphischen Zombies. Foto: privat

Philosophieprofessor Beckermann bezweifelt die Existenz von philosphischen Zombies. Foto: privat

Sind wir alle Zombies?

Prof. Dr. Ansgar Beckermann ist Professor für Philosophie an der Universität Bielefeld. Er steht der Idee, dass es wirklich philosophische Zombies geben könnte, skeptisch gegenüber.   Er führt an, dass ein außenstehender Betrachter nicht beurteilen könnte, ob es sich bei dem anderen um einen philosophische Zombie handelt. Auch das Wesen selbst hätte keine Chance, dies zu beurteilen. Der Philosoph ergänzt: „Die Zustände, die in den Zombies die Rolle von Empfindungen spielen, bringen sie dazu, von sich selbst zu glauben, sie hätten echte Empfindungen. Ist es sinnvoll, anzunehmen, dass es Wesen gibt, die nicht über wirkliche, sondern nur über ‚Ersatzempfindungen‘ verfügen? Und dass diese mit keinerlei qualitativen Eindrücken verbunden sind, von denen aber niemand – nicht einmal sie selbst – herausfinden kann, dass das so ist?“

Sind wir also vielleicht alle Zombies? Professor Beckermann, ist sich zwar sicher, dass es philosophische Zombies nicht gibt. Er mahnt aber diejenigen, die das Gegenteil glauben: „Wer meint, dies sei trotz aller Probleme möglich, sollte sich klar machen, dass er dann möglicherweise selbst nur ein Zombie ist. Einer, der von sich nur glaubt, er hätte wirkliche Empfindungen.“

Vielleicht sitzen auf dem nächsten Gruselfilmabend mit den  Kommilitonen also echte Zombies neben euch – vielleicht aber auch nicht. Ihr werdet es nie herausfinden, selbst wenn ihr sie an medizinische Gerätschaften anschließt.

In Bottrop treffen sich Zombies und Fotografen: Weiterlesen auf der nächsten Seite.

2 Comments

  • tristram_shandy sagt:

    @pascal sibum

    Es handelt sich bei der Annahme von (philosophischen) Zombies um ein Gedankenexperiment. Ihr formulierter „Bewußtseins-Selbsttest“ geht gänzlich an der Definition eines „Zombies“ vorbei, denn wenn er auch nur einen Augenblick irgendwelche Bewußtseinsinhalte hätte, wäre er per definitionem kein Zombie, sondern ein Mensch mit Bewußtsein. Zombies haben eben nie irgendwelche mentalen Zustände. Zudem würde sich bei Ihrer Auffassung das Problem der (personalen) Identität stellen: Wenn ein vermeintlicher Zombie zum Zeitpunkt t1 keine mentalen Zustände hätte, zu einem Zeitpunkt t2 aber plötzlich das Schokoladeneis in seiner rechten Hand schmeckte, ließe sich fragen, ob er nach „Ende“ seiner Empfindungszeit der gleiche Zombie/ oder dann der gleiche (menschliche) Bewußthaber ist, der er zu Zeitpunkt t1 war?
    Sie handeln sich also arge Probleme ein.

  • pascal sibum sagt:

    ich weiß, wie ein zombie / mensch wissen könnte, daß er kein bewußtsein hat. nämlich dann, wenn er irgendwann im leben eines, wenn auch nur für eine sekunde, haben würde. es verschwindet also wieder und der rest seines traurigen lebens taucht es auch nicht wieder auf. wenn er es nun schaffen könnte, diese sekunde richtig zu beurteilen, vielleicht, weil er sehr intelligent ist, dann wüßte er, daß er kein bewußtsein hat. ich kenne einen solchen menschen, der schon seit über ein jahrzehnt nach antworten sucht, und sie nirgends finden kann. er vermutete lange zeit, der einzige zu sein, doch ist die annahme bei 7 milliarden menschen unwarscheinlich, also gibt es mehrere, wieviele auch immer, davon. nur, wie sie schon schreiben, sie würden es nie erfahren; einzig und allein, in den oben genannten erfahrungsbericht.

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