Banker – noch immer ein Traumjob?

Handeln Banker moralisch? Wie könnte unser Finanzsystem ethisch werden? Mit solchen Fragen beschäftigt sich Prof. Dr. Klaus Steigleder. Er ist Philosophie-Professor an der Ruhr-Universität Bochum und forscht unter anderem über Wirtschaftsethik.

„Für die Wirtschaft sind Finanzmärkte unverzichtbar“, sagt Prof. Dr. Klaus Steigleder ganz zu Anfang. „Daher haben sie auch eine moralische Relevanz.“ „Verklären“, sagt er, dürfe man die Finanzmärkte, diese undurchschaubaren Geflechte von finanziellen Transaktionen und Orten, an denen täglich Milliarden Euro, Dollar und Yen gehandelt, gewonnen oder verloren werden, aber nicht. Vielmehr sei es wichtig zu fragen: Inwiefern bringen die Finanzmärkte einen Nutzen für die Realwirtschaft, die Wirtschaft, die jeden von uns betrifft? Und: Wie nachhaltig und effizient sind sie?

"Es muss Spielregeln geben": Dr. Klaus Steigleder ist Professor für Wirtschaftsethik

"Banker handeln so, wie es von ihnen erwartet wird": Dr. Klaus Steigleder. Fotos: Marie Denecke

Letztere Frage kann Steigleder selbst beantworten: „Der Finanzmarkt ist instabiler geworden.“ Risiken hätten zugenommen, und das sei „moralisch bedenklich“, denn: „Diese Risiken bedrohen Unbeteiligte.“ Unbeteiligte, das sind die „kleinen Leute“, diejenigen zum Beispiel, die ihr Geld in die Obhut von Banken gegeben haben.

Banken werden gerettet – und handeln so

Steigleder sieht das Risiko klar bei den Finanzinstitutionen, also zum Beispiel Banken. Solche, die „too big to fail“ seien, also zu groß und zu (vermeintlich?) systemrelevant, als dass ein Staat sie pleite gehen lassen würde, handelten auch in diesem Bewusstsein, dass sie nicht Pleite gehen können. Doch die Gewinne, die diese Banken einfahren, sagt Steigleder, die seien privatisiert, sie werden also nicht mit der Öffentlichkeit, die schließlich für die Rettung der Banken aufkommt, geteilt.

Wie kann man solchen sogenannten Systemrisiken begegnen? „Das geht nur auf makroethischer Ebene“, so Steigleder. Will heißen: nur im großen Rahmen, etwa über die Politik oder über Staaten, nicht aber, indem man versucht, bei Banken oder etwa einzelnen Bankern Einfluss zu nehmen. „Es ist nicht die Aufgabe der Wirtschaftsethik, individuelle Appelle auszusprechen“, sagt Steigleder. Dass einzelne Menschen im Finanzsystem, zum Beispiel Banker, kriminell handelten, daran glaubt er nicht: „Sie handeln so, wie es von ihnen erwartet wird.“

„Es muss Spielregeln geben“

Nein, es müssten Rahmenbedingungen geschaffen werden, „die den Schaden abwenden, wenn Einzelne nicht moralisch handeln“, so Steigleder. Und wie sollen diese veränderten Rahmenbedingungen aussehen? Steigleder zählt verschiedene Möglichkeiten auf: Finanzinstitutionen (also: Banken) verkleinern, bestimmte Finanzinstrumente (zum Beispiel Risikogeschäfte) verbieten, eine Art TÜV für Finanzinstrumente einführen oder die Vergütung von Bankern ändern. Und: „Die Risiken müssen von denen getragen werden, die sie eingehen“, sagt Steigleder.

In den Finanzmärkten steckt das Geld - und Geld bedeutet Macht.

Ist die Krise vorbei? "Wir befinden uns noch mittendrin", sagt Steigleder.

Es müsse „Spielregeln“ geben, die für alle gelten. Doch die müssten erst erarbeitet werden. „Es wäre wichtig, dass es Kooperationen gibt“, dass sich zum Beispiel Ethik-Forscher mit Wirtschafts- und Politikwissenschaftlern an einen Tisch setzten, Forschergruppen bildeten. „Vielleicht ist das ein bisschen optimistisch“, sagt Steigleder, „aber ich glaube, dass wir weiterkommen könnten, wenn man die drängendsten Fragen in so unterschiedlicher Weise diskutieren würde.“

Doch auch wenn er seine Ideen als optimistisch einstuft, seine Bewertung unserer aktuellen Lage ist es nicht. Denn dass die Krise ein sogenannter „perfect storm“ gewesen sei, also ein einmaliges, katastrophales Ereignis, glaubt er nicht: „Wir befinden uns noch mittendrin.“

Und bei allen Wünschen für ein besseres, regulierteres, moralischeres Finanzsystem gibt Steigleder zu bedenken: „Ich glaube, es hat sich gar nichts geändert durch die Finanzkrise. Das muss man deutlich sagen.“

4 Comments

  • Philipp sagt:

    Da muss ich dir widersprechen, Saskia.
    Den „Preis“ macht immernoch das Unternehmen. Und ich als Kunde habe nicht die Aufgabe zu überprüfen, ob dieser Preis angemessen ist oder nicht. Ich entscheide lediglich, ob ich zu diesen Konditionen bereit bin, Banken Geld zu überlassen. Wie mein Geld von den Banken verwendet wird, darauf habe ich weder mit einer 1% Anlage, noch mit einer 5% Anlage Einfluss.

    Vor einem halben Jahr standen sogenannte „nachhaltige Finanzanlagen“ in der Kritik; da wurde beispielsweise in Unternehmen investiert, die Photovoltaikanlagen errichten – nebenbei aber auch Panzer herstellten. Davon stand natürlich nichts in der Broschüre der Finanzanlage. Als Kunde verzichtet man also gutgläubig auf einen Teil der maximalen Rendite und unterstützt dabei auch noch die Rüstungsindustrie. Generell ist für den typischen Bankkunden kaum zu durchschauen, wo sein Geld hinfließt. Aber das ist ja auch nicht die Aufgabe des Bankkunden, sondern er möchte doch einfach eine faire Beratung durch seinen Banker des Vertrauens.

    Ich vergleiche es mal damit: Wenn ich mir Äpfel kaufen will, kann ich mir billige, mit Pestiziden verseuchte Äpfel kaufen für sehr wenig Geld. Alternativ kann ich aus dem gleichen Regal Äpfel kaufen mit dem Aufdruck „Aus dieser Region“. Ich könnte auch nach einem Bio-Siegel Ausschau halten. Oder ich besuche den Bauern vor Ort, schau mir an wie er seine Äpfel anbaut, wie er seine Mitarbeiter behandelt, befrage sie ob sie zufrieden sind mit ihrem Arbeitgeber, etc. etc.
    Ich kann meinen persönlichen Aufwand ins Unermessliche treiben, um ganz sicher zu gehen, nachhaltige, glückliche Äpfel zu kaufen. Wenn mir der Aufwand zu groß ist mir beim Bauern alles anzuschauen, greife ich guten Gewissens zu den Bio-Äpfeln. Eine 100 prozentige Garantie, dass ich damit faire Äpfel bekomme, habe ich nicht.

    Und genau so sieht es bei Bankprodukten aus: Den persönlichen Aufwand wie beim Apfelkauf – also ausdauernde Recherche über die Finanzanlagen, die zur Wahl stehen – kann kaum einer durchführen, also bin ich auf die Beratung der Bänker angewiesen. Und wie die Vergangenheit zeigte, kann ich mir dabei nie sicher sein, ob ein nachhaltiger Fond wirklich nachhaltig ist. Wenn ich also nicht in der Lage bin, die Finanzanlagen auf ihre Inhalte zu überprüfen, brauche ich andere Vergleichsmaßstäbe. Und da bleibt letztlich nur die Rendite.

    Als Kunde ist es nicht meine Aufgabe zu überprüfen, ob der Preis für das Produkt angemessen ist. Im Apfelbeispiel ist es nicht meine Aufgabe, zu überprüfen, ob die Bio-Äpfel das Bio-Logo auch wirklich verdienen. Bei meinem Kauf lege ich ein Mischungsverhältnis aus Qualität und Vertrauen zugrunde. Und aus diesem Verhältnis resultiert ein Preis, den ich bereit bin, für einen Apfel zu zahlen.
    Genau so sieht es bei einer Finanzanlage aus: Ich habe nur die Informationen über die Rendite und fadenscheinige Erläuterungen zum Produkt. So lange dort keine echte Transparenz geschaffen wird, kann ich effektiv nur die Rendite vergleichen. Und dann wäre es dumm von mir, eine Anlage mit 2% vorzuziehen, wenn es woanders 4% gibt.

  • Saskia N. sagt:

    Die Aussage von Matthias finde ich genau richtig. Letzendlich sind wir es doch selbst, die immer das maximal Mögliche rausholen wollen. Bevor das Denken der Menschen nach dieser Gier umschwenkt, dürfte die Erde nicht mehr von Menschen bewohnt sein.

    Gruß
    Saskia N.

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