Poetry Slam: Dichter im Krieg

Sie treten an zum literarischen Wettstreit: Sechs „Poetry-Slammer“ werden am Donnerstag, 21. April, beim dritten Dortmunder Hörsaal Slam die Auswüchse ihres kreativen Daseins vortragen – ob Prosa oder Lyrik. Den Poetry Slam hat allerdings nicht die AStA der TU Dortmund erfunden, die den Hörsaal Slam auch in diesem Jahr wieder austrägt. Die Ursprünge des „Dichterwettstreits“ reichen zurück bis in Antike. 

„Eines Tages, Baby, werden wir alt sein. Oh Baby, werden wir alt sein – und an all die Geschichten denken, die wir hätten erzählen können.“ Diese Worte stammen von Julia Engelmann, Studentin und Poetry-Slammerin aus Bremen. Mit ihrer Interpretation des Songs „One Day / Reckoning Song“ von Asaf Avidan wurde der Poetry Slam auch bei denjenigen populär, die bisher noch nichts mit dem Phänomen des Dichterwettstreits anfangen konnten. Das Video ihres Auftritts beim Bielefelder Hörsaal Slam im Jahr 2013 zählt mehr als neun Millionen Klicks. 

Wortwörtlich bedeutet „Poetry Slam“ zu Deutsch „Dichterschlacht“. Der Begriff geht zurück auf Marc Kelly Smith. Er ist Gründer des weltweit ersten Poetry Slams im „Green Mill Jazz Club“ in Chicago, bezeichnet sich selbst als „Slampapi“. 1987 brachte er dort Dichter auf die Bühne, die ihre Werke im Wettbewerb präsentieren konnten. Dieser erste Poetry Slam ist auch als „Original Chicago Uptown Poetry Slam“ bekannt.“

„Marc Kelly Smith wollte mit dem ‚Poetry-Slam‘ Literatur auch abseits klassischer Lesungen etablieren – für jedermann und an Orten, wo sich Menschen aufhalten, auch ohne sich mit Prosa oder Lyrik auseinanderzusetzen“, sagt Chris Wawrzyliak. Er ist Geschäftsführer von „Wortlaut Ruhr“, die am Donnerstag bereits zum zweiten Mal mit der AStA der TU Dortmund den Hörsaal Slam im Audimax austragen. „Er wusste wohl selbst nicht, was er damit auslösen würde“, sagt Wawrzyliak. 

Von der Wartburg in den Hörsaal

Von Chicago aus verbreitete sich der Poetry Slam in den späten 80ern und 90ern überall in den USA und auch in Europa. In den Jahren 1993 und 1994 gab es die ersten Poetry Slams auch in europäischen Hauptstädten wie London, Stockholm, Amsterdam und Berlin. Seit 1996 veranstaltet die „Münchener Substanz“ einen der größten Poetry Slams in ganz Europa. 

„Der Poetry Slam ist in Deutschland ein besonderes Phänomen“, sagt Wawrzyliak. „In anderen Ländern ist der Wettstreit zwar auch bekannt, aber hier ist die Szene sehr viel stärker ausgeprägt.“ Eigentlich logisch, sollte man meinen. Nicht umsonst ist Deutschland das Land der Dichter und Denker.

Tatsächlich reichen die Ursprünge des Dichterwettstreits in Deutschland zurück bis ins Mittelalter, im Süden Europas sogar bis in die Antike, als die alten Römer im Amphitheater Prosa und Lyrik auf die Bühne brachten. In Deutschland wird dieser Wettbewerb auf den „Sängerkrieg“ zurückgeführt, der im 13. Jahrhundert auf der Wartburg ausgetragen wurde. Auch hier traten Dichter im Wettstreit gegeneinander an, um ihre Sangspruchgedichte vorzutragen. Somit ist der „Poetry Slam“ Lyrik in seiner ursprünglichsten Form. 

Slam ist Performance!

Was von Marc Kelly Smith außerdem geblieben ist, sind die Regeln des Poetry Slams. Die Kandidaten – normalerweise treten zwischen acht und zehn Künstler zum Wettbewerb an – müssen ihre Texte erstens selbst geschrieben haben. Ob Prosa oder Lyrik, ob lustig oder ernst: Das müssen die Vortragenden selbst entscheiden. Zweitens dürfen sie keine Requisiten mit sich führen. Alles, was sie zeigen, ist ausschließlich ihre Performance. Drittens darf der Vortrag nicht länger als fünf Minuten dauern. 

Wer zuerst vorträgt, entscheidet das Los. Die Darstellungen werden dann vom Publikum direkt oder von einer Jury aus dem Publikum bewertet. Wer bei einer Publikumsabstimmung den lautesten Applaus bekommt, hat gewonnen, die Jury hingegen verteilt Noten von 1 bis 10. Auch deshalb ist ein Poetry Slam nicht bloß eine Lesung, er ist Performance. Die Künstler müssen nicht nur inhaltlich, sondern auch als Person überzeugen. „Der Slam ist deshalb so erfolgreich, weil die Texte und Menschen, die sie vortragen, so unterschiedlich sind“, sagt Wawrzyliak. 

Der dritte Dortmunder Hörsaal Slam startet am Donnerstag um 19 Uhr im Audimax der TU Dortmund, Vogelpothsweg 87. Einlass ist ab 18.30 Uhr. Der Eintritt kostet 5 Euro. Wer möchte, kann die Karten im Vorverkauf täglich im AStA zwischen 10 Uhr und 15 Uhr kaufen. Die Veranstalter weisen darauf hin, dass die Tickets in diesem Jahr auf vier Karten pro Person begrenzt sind. 

Hier findet Ihr die Veranstaltung auf Facebook. 

 

Teaser-/Beitragsbild: Marcus Metropolis/flickr.com

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