Rote Pferde zurück in Essen

Cézanne, Chagall, Gauguin, Marc, Kadinsky und Kirchner kehren aus allen Teilen der Welt für vier Monate ins Museum Folkwang zurück. In der ersten Sonderaustellung „Das schönste Museum der Welt “ wird die Sammlung erstmals  in ihrem Bestand vor 1933 rekonstruiert.

Ein Klassiker der Moderne: Paul Gauguins "Barbarische Erzählungen", 1902.

Ein Klassiker der Moderne: Paul Gauguins "Barbarische Erzählungen", 1902.

Der amerikanische Kunsthistoriker und MoMa-Mitbegründer Paul J. Sachs nannte das Museum bei seinem Besuch im Dezember 1932 „das schönste Museum der Welt“. Kaum zwei Monate später kamen die Nationalsozialisten an die Macht und ließen 1937 über 1450 Werke des Museums als „entartet“ beschlagnahmen und zum Großteil später veräußern. Darunter auch bedeutende Teile der Gemäldesammlung.

Diese Werke und keine anderen
Die große Sonderausstellung bringt die wichtigsten Werke zurück nach Essen und vereint sie mit den Hauptwerken, die im Museum verblieben sind. „Es mussten diese Werke und keine anderen sein“, betont der Museumsdirektor Dr. Hartwig Fischer auf der Pressekonferenz. Unter den Leihgaben befindet sich auch das einstige Aushängeschild des Museum Folkwangs, Franz Marcs „weidende Pferde IV“. Das Museum befindet sich mitten in der Verwandlung, eingeleitet durch den im Januar eröffneten Neubau. „In diesem Moment des Neubeginns schauen wir auf die Geschichte des ersten Museums für moderne und zeitgenössische Kunst zurück, um uns der eigenen Herkunft zu vergewissern, und um Kriterien für die künftige Arbeit zu schaffen“,  erklärt der Museumsdirektor.   Der Zeitpunkt, nach dem Neubau im Kulturhauptstadtjahr, hätte kaum besser sein können, um die Geschichte und die Arbeit des Museums zu würdigen und gleichzeitig eine Richtung für die weitere Entwicklung des aufzuzeigen.

Einheit von Ort und Geschichte

Kógó, eine japanische Dose für Räucherwerk aus der Momoyama-Zeit um 1600.

Kógó, eine japanische Dose für Räucherwerk aus der Momoyama-Zeit um 1600.

Kurator Prof. Uwe M. Schneede war direkt begeistert von der Idee „die von den Nationalsozialisten beschlagnahmten Essener Meisterwerke noch einmal zu versammeln und mit den verbliebenen sowie der zurück erworbenen zu vereinen“. Den Besuchern soll der Eindruck der ursprünglichen Bedeutung des Museum Folkwangs vermittelt werden und gleichzeitig die Möglichkeit gegeben werden, die bislang weitgehend in den Depots ruhenden Objekte außereuropäischer Kulturen zu entdecken. „Die vorübergehende Rekonstruktion der ursprünglichen Sammlung will aber auch an die Untaten der Nazis erinnern“, erzählt der Kurator auf der Pressekonferenz, „Deshalb endet die Ausstellung mit den Namen aller Künstler, deren Werke 1937 aus dem Museum entfernt wurden.“ Bei der Vereinigung von europäischer Moderne mit außereuropäischer Tradition sollte eine Vermengung der Werke vermieden werden, indem die Kulturen in ihrem Eigensinn ernst genommen werden. Für Prof. Schneede bedeutet das für die Ausstellung „nicht Konfrontation, Zu- oder Unterordnung der Kulturen, sondern separate, den jeweiligen Objektgruppen gerecht werdende Präsentationen.“

Nach Jahren im Depot wird diese Schattenfigur von den Javainseln im außereuropäischen Teil der Ausstellung gezeigt.

Nach Jahren im Depot wird diese Schattenfigur von den Javainseln im außereuropäischen Teil der Ausstellung gezeigt.

Klassische Moderne als Zentrum der Ausstellung
Im Zentrum der Ausstellung steht die Klassische Moderne. Die alten außereuropäischen Werke, wie Schattenspiele von den Javainseln und Malagan-Figuren aus Ozeanien, werden daneben als faszinierende Fremde wahrgenommen. Eine einheitliche Ausstellungsform zu finden, welche die Werke in ihrer Eigenart optimal zur Wirkung bringt und den Besuchern dennoch ein geschlossenes Ganzes präsentiert, war nicht leicht. Durch die Präsentation in „White Cubes“ verbunden mit verschiedenen Lichtmomenten schafft es die Ausstellung, die unterschiedlichen Werke in passender Umgebung zu präsentieren ohne Grenzen zwischen den Sammlungskomplexen entstehen zu lassen.
Kurator Prof. Schneede betont, dass der Titel der Ausstellung bewusst in Anführungsstriche gesetzt ist, denn „Es ist eine Aufforderung an jeden diesen (Titel) bei einem Besuch zu überprüfen“. Die Vielfältigkeit der Sammlung, mit weltbekannten Klassikern und exotischen Kunstwerken außereuropäischen Kulturen, überzeugt. Die Architektur des Neubaus, in dem sich auch die Sonderausstellung befindet, lässt durch clevere Lichtverhältnisse und klare Strukturen jedes Werk zur Geltung kommen. In Verbindung mit der im Januar eröffneten permanenten Ausstellung spielt das Museum Folkwang in der europäischen Museumslandschaft wieder ganz oben mit.

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